Tim Wafler wird für Österreich bei den Olympischen Spielen als Bahnradfahrer auf Medaillenjagd gehen. Der 22-Jährige hat sich damit seinen großen Traum erfüllt. Mit „Sportkrone.at“ hat Wafler über seine Erwartungen, die schwierigen Trainingsbedingungen und seine wertvollsten Momente gesprochen.
„Kronesport“: Du hast die Qualifikation zu den Olympischen Spielen geschafft. Wie viel bedeutet dir das?
Tim Wafler: Es ist schon mein großer Kindheitstraum gewesen. Dieses olympische Flair habe ich immer extrem cool gefunden. Deshalb habe ich die Spiele vor dem Fernseher gebannt verfolgt. Im Prinzip ist meine ganze Karriere darauf ausgelegt, mal bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Dass es bereits so früh klappt, freut mich extrem. Schon die Vorbereitung finde ich gerade extrem cool. Das ist es, wofür ein Sportler lebt: Diese intensive Vorbereitung gepaart mit Vorfreude. Es ist sicher das Coolste, was ich bis jetzt in meiner Karriere machen durfte.
Warum hat dich der Bahnradsport in den Bann gezogen?
Es ist einfach ein Sport mit extrem vielen Möglichkeiten und vor allem ist er extrem kurzweilig. Die längsten Rennen dauern etwa eine Stunde. Und dabei gibt es andauernd Action, es passiert immer was.
Wie schaut dein Programm bei Olympia aus?
Ich werde im Omnium an den Start gehen, einem kleinen Mehrkampf mit vier Disziplinen. Es beginnt mit einem Scratch. Dabei geht es darum, als Erster ins Ziel zu kommen und dafür am meisten Punkte zu sammeln. Anschließend gibt es das Temporennen. Dort gibt es insgesamt 36 Wertungssprints, also jede Runde einen. Wer am meisten Punkte hat, gewinnt die Disziplin. Das heißt, da muss man schauen, wann man seine Kräfte einsetzt, oder man sie lieber spart, weil man kann natürlich nicht alle 36 Sprints gewinnen. Anschließend folgt das Ausscheidungsrennen, wo alle 30 Sekunden einer der 22 Fahrer eliminiert wird. Für uns Fahrer ist das mit sehr viel Stress verbunden. In diesen drei Disziplinen sammelt man für jede Platzierung Punkte, mit denen man dann ins letzte Punkterennen startet. Das sind nochmal 25 Kilometer mit zehn Wertungssprints und da wird dann final um die Plätze gekämpft. Man kann durchaus den ein oder anderen Platz noch korrigieren, aber das Klassement wird nicht mehr extrem verändert. Denn, wenn man in den ersten Bewerben schlecht war, kann man durch ein gutes Punkterennen auch nicht mehr gewinnen. Es geht darum, dass man relativ konstant in allen Bewerben sein muss.
Und auch im Madison gehtst du an den Start ...
Ja, genau. Das ist ein 50-Kilometer-Rennen, wo man zu Zweit an den Start geht. Immer ist ein Fahrer im Rennen und man wechselt sich mit einem Schleudergriff ab. Man sammelt zusammen Punkte und wer am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt.
Mit welchen Erwartungen fährst du nach Paris?
In der Weltringliste bin ich gerade Fünfter. Eigentlich wollte ich ein bisschen Underdog-Status genießen, den hab ich jetzt leider nicht mehr so extrem. Aber Olympia ist nochmal eine andere Nummer. Ich bin auf keinen Fall der große Favorit. Dennoch möchte ich die Rennen aggressiv gestalten. Schließlich habe ich nicht viel zu verlieren, das sind meine ersten Spiele, der Sieg ist da nicht Pflicht. Der Bahnradsport ist oft aber auch eine Wundertüte. Es kann sehr viel passieren. Der letzte Weltmeister war ein Portugiese, den eigentlich niemand richtig auf der Rechnung hatte. Also wenn es ideal läuft, kann ich auch eine Medaille holen. Die Top-10 habe ich als Minimalziel ausgemacht. Unter die ersten acht zu kommen und ein Olympisches Diplom zu erhalten, wäre schon ein großer Traum. Was zusätzlich kommt, nehme ich natürlich gerne mit (lacht). Ich werde riskieren, es sind meine ersten Spiele und ich habe das Recht ein bisschen zu pokern.
Welche Erfahrungen hast du auf der Bahn von Paris schon gesammelt und wie liegt sie dir?
Vor zwei Jahren war dort auch die erste Weltmeisterschaft, an der ich teilgenommen habe. Es ist eine sehr schöne Bahn, die mich an das alte Dusika-Stadion erinnert. Das gibt es seit 2021 leider nicht mehr, aber ich habe es noch im Blut. 2022 war es in Paris extrem heiß, deshalb bereite ich mich jetzt auf solche Temperaturen vor. An der Bahn sollte es also nicht scheitern.
Es ist eine sehr schöne Bahn, die mich an das alte Dusika-Stadion erinnert. Das gibt es seit 2021 leider nicht mehr, aber ich habe es noch im Blut.
Tim Wafler
Wie schaut dein Programm bis zu den Olympischen Spielen aus?
Zuerst steht die Oberösterreich-Rundfahrt an, dann geht es zu einem großen Olympia-Test nach Belgien. Dann wäre geplant, dass ich auf die Straße zurückkehre und bei der Österreich-Rundfahrt an den Start gehe. Diese erste Tour wird das nächste Highlight für mich. Das wird sehr hart, da werde ich hoffentlich einfach für das Team gut arbeiten können. Anschließend geht es wahrscheinlich noch zur U23-EM im Bahnradfahren. Das wird das letzte Event vor den Spielen. Dann fliegen wir zwölf Tage nach Mallorca, aber nicht zum Party machen, sondern zum Trainieren, das ist der allerletzte Schliff. Etwa vier Tage vor dem Bewerb geht es dann erst nach Paris, weil es dort sicher hektisch sein wird.
Du hast vorhin das mittlerweile abgerissene Dusika-Stadion erwähnt. Wie sehr leiden darunter die Trainingsbedingungen?
Es verkompliziert alles extrem. Ich trainiere sehr viel auf der Straße, weil wir einfach nicht die Möglichkeit haben, bei uns auf einer Bahn zu fahren. Deshalb sind wir extrem viel auf Reisen angewiesen. Ich bin im Jahr sehr viele Tage nicht zu Hause. Also ich war zuletzt zum Beispiel spontan in Portugal, weil es dort eine Bahn gibt und es gerade jetzt zentral ist, jede Woche auf der Bahn zu trainieren. Für mich ist es jetzt okay, weil ich mir die Reisen finanzieren kann, mit den Sponsoren, mit dem Bundesheer, da bin ich dankbar. Schwer ist es aber für den Nachwuchs.
Viele freie Tage hast du ja derzeit nicht. Aber dennoch gibt es sie, diese Phasen der Erholung. Was machst du da, um den Kopf freizubekommen?
Da heißt es einfach mal gar nichts machen. An diesen Tagen schlafe ich aus und dann gehört die Zeit eigentlich meiner Freundin, der Familie und den Freunden. Durch das ganze Training und die Wettkämpfe bin ich so wenig zu Hause, da bleibt sehr wenig Zeit für irgendwelche sozialen Kontakte. Wenn das Wetter jetzt grad im Sommer gut ist, bin ich dann auch gerne mal ein bisschen im Garten mit meinen Schwestern. Auf diese Tage freue ich mich immer sehr.
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