Polizist verunglimpft

OGH stärkt Rechte von Shitstorm-Opfern

Österreich
11.06.2024 20:49

Eine bemerkenswerte Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof hinsichtlich eines Polizeibeamten getroffen, der nach einer Corona-Demo im Jahr 2022 im Internet Opfer eines Shitstorms wurde. Ein Mann hatte ein Bild von dem Beamten auf Facebook veröffentlicht und diesem Amtsmissbrauch vorgeworfen. Nun muss der User 3000 Euro Schadenersatz zahlen.

Der Polizist war im Februar 2021 bei einer Demonstration gegen die Covid-19-Maßnahmen in Tirol im Einsatz und wurde dabei fotografiert bzw. gefilmt. Ihm wurde unterstellt, er hätte einen 82-jährigen Mann zu Boden gerissen, verhaftet und stundenlang verhört. „Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. (...) Dieser Polizist ist schuldig“, hieß es in dem Facebook-Beitrag, der zumindest hundertfach geteilt wurde. 406 Personen konnte der Beamte den gerichtlichen Feststellungen zufolge ausfindig machen. 

Der Justizpalast in Wien, Sitz des Obersten Gerichtshofes (Bild: APA/Roland Schlager)
Der Justizpalast in Wien, Sitz des Obersten Gerichtshofes

Polizist nahm gar nicht an Amtshandlung teil
Tatsächlich war der abgebildete Polizist nur Glied einer polizeilichen Absperrkette gewesen und hatte gar nicht an der Amtshandlung gegenüber dem 82-Jährigen teilgenommen. Der Betroffene klagte mehrere Facebook-User, die unter ihren Klarnamen das Ursprungsposting nicht auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft, geteilt und mit abschätzigen Bemerkungen zu seiner Person versehen hatten. Den Vorwurf, er habe Polizeigewalt ausgeübt, empfand der Beamte als herabwürdigend und beschämend, musste er sich doch vor Freunden und sogar einem Vorgesetzten rechtfertigen.

Der in diesem Fall angeklagte User hatte das Posting sechs Tage lang auf seiner Facebookseite, woraufhin er vom Polizisten auf immateriellen Schaden geklagt wurde. Die Vorinstanzen sprachen dem Beamten vorerst nur 450 Euro zu, einer von ihm eingebrachten Revision gab der OGH aber teilweise Folge. Er bekam die gesamten geltend gemachten 3000 Euro zugesprochen.

Aufteilung der Kosten ist Sache der Schädiger
Die mit einem Shitstorm einhergehende Unaufklärbarkeit der Verursachung einzelner Folgen und die Unteilbarkeit des Schadens hätten die Schädiger „mit der Konsequenz zu tragen, dass das Opfer den Ersatz für den gesamten Schaden im Wege der Solidarhaftung berechtigt auch nur von einem von ihnen verlangen kann“, betont der OGH in seiner Urteilsbegründung.

Mit anderen Worten: Eine Beteiligung an einem Shitstorm kann in Zukunft teuer werden. Denn wer am Hass im Netz mitmacht, muss damit rechnen, dass er den vom Opfer geltend gemachten Gesamtschaden vorweg zur Gänze selbst berappen muss und sich in weiterer Folge selbst um die Aufteilung unter den anderen Schädigern zu kümmern hat.

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