Österreichs wunderbare Artenvielfalt und Natur erleben. Mit dem E-Bike durch die beiden Nationalparks Kalkalpen und Gesäuse.
Trans Nationalpark heißt die wohl einzigartigste Mountainbike-Tour Österreichs, die eindrucksvoll zeigt, dass Natur bewahren und Natur erleben kein Gegensatz sein muss.
240 Kilometer, 7500 Höhenmeter und zwei Schutzgebiete verbinden die pulsierende oberösterreichische Stadt Steyr mit ihrer langen Geschichte der Eisenverarbeitung mit dem idyllischen und wildromantischen Bergsteigerdorf Johnsbach in der steirischen Gemeinde Admont.
Natürlich könnte man die Radtour sportlich im Rekordtempo meistern, doch dafür ist die Trans Nationalpark viel zu schade. Denn die Schönheit des Nationalparks Kalkalpen zeigt sich oftmals erst beim zweiten Blick, beim Anhalten, beim Beobachten, beim Staunen. Lieber sich mehr Zeit lassen und die Radtour gemütlich angehen, aber dafür mit Unglaublichem belohnt werden.
„Gerade im Frühjahr stehen unzählige Orchideen am Wegesrand in voller Blütenpracht“, schwärmt Franz „Siegi“ Sieghartsleitner vom Nationalpark Kalkalpen: „Im Mai kann man die Balz der stolzen Birkhähne direkt vom Fahrradsattel aus erleben, ebenso die Hirschbrunft im Herbst, und sogar Luchse tummeln sich in unseren Wäldern.“ Besonders schön soll die Trans Nationalpark im Herbst sein, wenn der Laubwald ein Farbenspektakel der Extraklasse bietet. Der unberührte Buchenwald im Nationalpark Kalkalpen trägt sogar die Auszeichnung UNESCO Weltnaturerbe.
Anders als in vielen Schutzgebieten und Wäldern in Österreich ist das Mountainbiken in den Kalkalpen nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Den Verantwortlichen hier ist klar, dass, nur wer Natur erleben darf, auch bereit ist, diese zu schützen.
Mountainbiken ist im Schutzgebiet erwünscht
“Dort, wo Bauer oder Hüttenwirt mit dem Auto unterwegs ist, sollen auch Radfahrer fahren dürfen“, ist Siegi überzeugt. Und so pedalieren wir von Reichraming teils entlang der ehemaligen Waldbahntrasse hinauf auf die Ebenforstalm. Der Ausblick übers Reichraminger Hintergebirge und das Sengsengebirge ist ein Traum. Während Sieglinde und Erich uns mit allerlei Köstlichkeiten versorgen, kann man auf der Ebenforstalm auch seinen E-Bike-Akku wieder aufladen.
Ein besonderer Flecken Nationalpark findet sich im Bodinggraben. Wo einst die Grafen Lamberg der Jagd frönten, tischt heute Wirtin Maria Hahn im Jagahäusl auf. Wildkäsekrainer, Beuschel oder Topfermäuse – bei solch kulinarischen Leckereien ruhen selbst die Büchsen der Jäger. Und wer genau hinsieht, der findet auch hier überall Spuren von Wildtieren. Etwa die Schalenabdrücke der Rothirsche, die nächtens bei Maria vorbeischauen, um wohl zu prüfen, welche Köstlichkeiten sie für die vielen Radfahrer im Nationalpark vorbereitet.
So nah und doch völlig anders ist der zehn mal zehn Kilometer große Nationalpark Gesäuse, durch den laut tosend die in diesem Abschnitt ungebändigte Enns als Wildfluss donnert und so der Region den Namen Gesäuse gab.
Wilde Felsberge und das Wildwasser der Enns
Mehr als 230 Insekten- und Pflanzenarten lassen sich nur hier in den nördlichen Kalkalpen finden, wie die Zierliche Federnelke, die man dank ihres süßen Duftes schon riechen kann, bevor man sie sieht, oder das Nördliche Riesenauge. Der Weberknecht ist ein Kletterkünstler und fühlt sich nur hier im zerklüfteten Fels der mächtigen Planspitze wohl. „Wir sind eine Wildwasser- und Kletterdestination“, sagt Andreas Hollinger vom Nationalpark Gesäuse. 1040 Klettertouren finden sich in den Wänden der Hochtor-, Buchstein- und Reichensteingruppe. Die Dachl-Nordwand mit tausend Meter senkrechtem Fels ist legendär.
Die Trans Nationalpark ist somit die einzige offizielle Radtour durch den Nationalpark Gesäuse. Darauf weisen auch die Verbotsschilder hin, die man entlang der Strecke von Hieflau über die Hochscheibenalm bis nach Gstatterboden und weiter nach Johnsbach überall sieht. Man muss auch nicht überall radeln, schon gar nicht in einer Bergsteigerregion, die für manche sogar den Namen „Universität des Bergsteigens“ trägt. „Die Kalkalpen haben einfach eine viel gemäßigtere Landschaftsform, wo nicht alles so schroff und abweisend ist wie bei uns, und sind somit besser geeignet zum Radfahren“, so Andreas.
Umso besonderer die Trans Nationalpark im Gesäuse, die etwa vorbei bei mächtigen Lawinenstrichen und toten Fichtenwäldern führt. „Nationalpark heißt Wildnis zulassen“, sagt Andreas. Und so ist der Borkenkäfer hier kein Schädling, sondern sorgt mit dem Absterben des Fichtenwaldes für neues Leben in Form von klimaresistenteren Laubwäldern. Jeder, der unsere heimische Natur zu schätzen weiß, der fühlt sich in den Nationalparks Kalkalpen und Gesäuse wie in einem Paradies. Und schöner und vor allem naturnaher als im Radsattel, kann man dieses prachtvolle Paradies nicht erleben.
Die Trans Nationalpark Mountainbike Tour ist auf sechs Genuss-Etappen mit Längen zwischen 22 und 52 Kilometern aufgeteilt, die keinesfalls überfordern. Viele Betriebe wie die Villa Sonnwend Nationalpark Lodge bei Windischgarsten oder der Gasthof Kölblwirt in Johnsbach haben sich auf Radfahrer spezialisiert und bieten teils Fahrradkeller mit Aufladefunktion.
Und wer einmal länger und uriger im Gesäuse urlauben will, der könnte sich hier auch eine der Almhütten der steirischen Landesforste mieten.
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