Durch einen sadistischen Gewaltausbruch wurde ein Mädchen in Wien zum Opfer einer Straftat. Im Zimmer eines Krisenzentrums gehen eine 13-Jährige und eine 14-Jährige auf eine Jugendliche los – berauben, schlagen und demütigen sie. Weitere Anwesende schreiten lange nicht ein. Sie filmen lieber mit und spielen laute Musik ...
Die erst kürzlich strafmündig gewordene Täterin ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt: Vor ihrem vollendeten 14. Lebensjahr hatte sie 93 (!) Anzeigen kassiert.
Vor Strafmündigkeit schon 93 Anzeigen
Ratlosigkeit herrscht deshalb auch am Donnerstag in Saal 13 im Wiener Landesgericht. Wie soll zukünftig eine gewalttätige 14-Jährige betreut werden, die vor ihrer Strafmündigkeit unvorstellbare 93 Anzeigen (!) wegen verschiedensten Delikten am Konto hat und die letzten Monate in U-Haft saß, unter anderem wegen einer unfassbaren Tat am 12. Jänner 2024, wenige Tage nach ihrem 14. Geburtstag.
Seit zwei Jahren kein Schulbesuch
Seit ihrem zehnten Lebensjahr ist Julia (Name geändert) in Wien fremduntergebracht. Mit Zwölf kamen Drogen ins Spiel, weshalb sie in ein Spezialkrisenzentrum der Kinder- und Jugendhilfe gebracht wurde. Die dortigen Strukturen nahm sie nicht an, besuchte zwei Jahre lang keine Schule, war oft abgängig.
Meine Freundin hatte Stress, weil sie eifersüchtig war und hat angefangen sie zu schlagen. Dann hab ich sie geschlagen.
Die Angeklagte
Mit mehreren anderen, teils unmündigen Jugendlichen, traf sich Julia am 12. Jänner im WG-Zimmer: „zum Chillen“, wie sie in ihrem Prozess zur Richterin sagt. Wie es zum sadistischen Gewaltausbruch gegen eines der Mädchen kam, lässt sich auch in der Verhandlung nicht restlos rekonstruieren. „Meine Freundin hatte Stress, weil sie eifersüchtig war und hat angefangen sie zu schlagen“, beschreibt es die Angeklagte, „Dann hab ich sie geschlagen.“ – Zuerst mit einer Deospraydose, dann mit einem Stuhl und Tritten ins Gesicht. Die brutalen Freundinnen nahmen dem Mädchen Handy, AirPods und einen Pullover weg. Festgehalten ist dies auf einem Video, weil einer der anwesenden Burschen anstatt einzuschreiten, mit seinem Handy mitgefilmt hat. Es sind verstörende Szenen.
Misshandlungen auf Video festgehalten
„Ich hab zu ihr gesagt: Zieh dich aus und entschuldige dich“, so die großgewachsene 14-Jährige, die weit älter aussieht, als sie ist. Dann steigerte sich die Aggression, während im Hintergrund laute Musik läuft. „Meine Hand ist jetzt kaputt wegen deinem scheiß Gesicht“, hört man eine der Angreiferinnen brüllen. Ehe sie das wimmernde Mädchen zwangen, sich nackt auszuziehen und auf den Boden zu knien. Der sadistische Gewaltausbruch steigerte sich auf erniedrigende Art und Weise weiter, ehe die Burschen doch noch eingriffen.
Das Bild, das im Prozess entsteht, ist voller Hoffnungslosigkeit. Eine unmündige Zeugin berichtet, dass Bedrohungen mit dem Tod und physische Gewalt unter den fremdbetreuten Jugendlichen offenbar an der Tagesordnung stehen: „Wir haben jede Woche gerauft oder gestritten. Wegen Schminke, Gewand und so. Eigentlich täglich. Durchgehend.“
Viermal unbefugt Auto gefahren
Die Gewaltausbrüche sind das eine. Angeklagt ist Julia aber auch, weil sie am 18. Jänner ein unversperrtes Auto in Betrieb genommen hat. Und damit über den Gürtel fuhr, obwohl sie eigenen Angaben nach nicht einmal weiß, wie man bremst. „Stellen Sie sich vor, jemand läuft auf die Straße. Was hätten Sie getan?“, fragt Richterin Alexandra Skrdla die Jugendliche: „Ich würde abbiegen“, lautet die Antwort. Und wenn jemand dabei ums Leben käme? „Dann hätte ich Angst, dass ich ins Gefängnis komme.“ Insgesamt viermal soll sie gefahren sein, ehe sie festgenommen wurde.
In U-Haft saß Julia jetzt gut fünf Monate lang. Auch, weil sie anderen mit dem Tod bedroht hatte. Die Zeit in Haft habe sie verändert, versichert sie. Nur: Wo soll sie hin, wenn sie entlassen wird? „Wir haben keine Wohnmöglichkeit für sie gefunden“, berichtet ihr Verteidiger. Bliebe nur die Unterbringung in einer kostspieligen Einzel-WG, wo die 14-Jährige eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommt, in der sich mehrere Sozialarbeiter abwechseln zur Rund-um-die-Uhr-Betreuung des Mädchens – Finanzierung offen.
Das Video spricht wirklich Bände. Ich habe schon lange kein so grausiges Video mehr gesehen.
Richterin Alexandra Skrdla nach der Urteilsverkündung.
Ungünstige Gefährlichkeitsprognose
„Ich habe selten ein derartiges Gefährdungsgutachten gesehen“, weist Skrdla auf das Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen hin. Gutachterin Wachter berichtet im Prozess über Gewalterfahrung durch den Vater, die nicht akzeptierte Fremdunterbringung, vielfältigen Drogenkonsum und eine Mobbingerfahrung in Julias junger Biografie.
„Das Video spricht wirklich Bände. Ich habe schon lange kein so grausiges Video mehr gesehen“, sagt Frau Rat, nachdem sie das Urteil von einem Jahr Haft, davon vier Monate fest und die Unterbringung der 14-Jährigen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum ausspricht. Das Mädchen wird eingewiesen.
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