Maserati ist die Marke, an die mich die Front des Honda ZR-V erinnert. Über den dicken Kühlergrill-Stegen fehlt nur der Dreizack. Brustbehaarte Sportlichkeit ist aber nicht die Attitüde des Japaners, Charakter schon. Tradition und Selbstbewusstsein auch. Und eine Prise Koenigsegg fährt auch mit.
Das Design des 4,57 m langen ZR-V hat was angenehm Klassisches, nicht dieses Rundgelutschte, das zurzeit so en vogue ist. Unaufgeregt wirkt er, der Honda, dabei ist er blitzsauber gezeichnet, mit stark geprägten Sicken und Kanten (diese Wörter liest man immer seltener bei der Beschreibung normaler Autos). Vor allem die Front, die sich Richtung Kühlergrill pfeilt, wirkt kraftvoll.
Das Heck wäre fast ein wenig langweilig, wenn es nicht diese herrlichen Auspuffenden hätte. Ja! Mehr davon! Wahrscheinlich schütteln sie bei Honda genauso wie ich den Kopf über Auspuffattrappen, die der Konkurrenz teilweise nicht zu peinlich sind.
Der hat ja gar kein Schaltgetriebe!
Man darf die Auspuffblenden jetzt aber nicht als Hinweis auf einen sportlichen Verbrenner missverstehen, obwohl der Antrieb durchaus Gemeinsamkeiten mit dem von Hypersportlern hat: Er kommt ohne Schaltgetriebe aus, wie der Koenigsegg Regera.
Was Honda als e-CVT bezeichnet, ist kein CVT-Getriebe, sondern ein Direktantrieb, der aus dem Benziner (143 PS, 186 Nm) und zwei E-Motoren besteht. Der größere Elektromotor – 135 kW/184 PS stark – treibt die Vorderräder an. Das macht er in den meisten Fällen allein. Die kleinere E-Maschine sitzt am Verbrenner und dient ausschließlich als Generator. Dieses Pärchen produziert den Strom, mit dem der Haupt-E-Motor gefüttert wird. Der Rest wird in einer 1,05 kWh großen Batterie gespeichert.
Das Ganze wirkt während der Fahrt erstaunlich angenehm und natürlich, nicht zuletzt wegen einprogrammierter Schaltstufen. Die Paddles am Lenkrad wählen übrigens die Rekuperationsstufen an.
Weder Fahrleistungen noch Verbrauch haben etwas mit den Werten des genannten Koenigsegg zu tun. Der Honda wuchtet seine 1,6 Tonnen in 8,0 Sekunden von 0 auf 100 (in Ausstattung Advance; die anderen beiden sind ein bzw. zwei Zehntel schneller). Da fährt der Regera schon ca. 250 km/h. Bei 173 km/h wird abgeregelt. Mehr muss ja nicht.
Der Verbrauch ist definitiv geringer als beim Koenigsegg. 8,5 l/100 km waren es im Schnitt. In der Stadt durchaus mal zwei Liter weniger.
So fährt er sich
Der Tritt aufs Gaspedal sorgt sofort für Reaktion. Überhaupt ist alles angenehm direkt. Auch die Lenkung, die gute Rückmeldung gibt. Das Fahrwerk bedient gleichermaßen Komfortliebhaber wie aktive Fahrer. Dabei ist man gut ins Cockpit integriert.
Klassisches Cockpit
Beim Antrieb versucht Honda, ein Fahrgefühl „wie früher“ hinzubekommen, der Innenraum strahlt das durch und durch aus. Klassische Armaturen mit Rundinstrumenten. Allerdings kein Drehzahlmesser, obwohl man manchmal gerne wüsste, wie hoch der Motor im Leerlauf dreht, während der die Batterie lädt.
Es gibt echte Tasten/Walzen am Lenkrad, herrliche Drehregler fürs Klima. Auch für Fensterheber und Spiegelverstellung. Die Fahrwahl-Tasten auf der Mittelkonsole tragen vielleicht ein bisschen zu dick auf und sind außerdem unpraktisch. Und das kleine Zentraldisplay wirkt ein wenig von gestern. Seltsam deplatziert. Ein bisschen wie ein Baumarktteil mit seinem integrierten Lautstärkeregler und den Tasten. Auch das Menü ist altbacken und umständlich.
Allein das Abschalten des zwangsweise nach jedem Start aktiven Tempolimitwarners kann einen zur Weißglut treiben:
Den Spurhalteassistenten schaltet man per Lenkradtaste am Tachoscreen ab. Das ist auch, aber etwas weniger umständlich. Vor allem ist das auch während der Fahrt möglich. Der Menüpunkt, den man für den Limitassistenten braucht, ist nur in Parkposition erreichbar. Und wenn man die Warnung nicht will, muss man auf die Anzeige des Tempolimits komplett verzichten.
Innenraum angenehm solide
Der ganze Innenraum ist auf eine angenehme Art so, wie man das von früher kennt. Keine Plastikwüsten, sondern solide Materialien, die man gerne anfasst. Den Knopf zum Versperren der Tür braucht man nicht suchen, weil er da ist, wo es seit Jahrzehnten bei Japanern ist – am Türgriff. Alles wirkt solide, die Mittelkonsole zitiert das Design der Türverkleidung. In die passt leider bestenfalls ein kleines Flascherl hinein.
Weniger gut ist auch, dass die Mittelarmlehne zu weit hinten und nicht verschiebbar ist und dass aus dem Fach unter der Mittelkonsole leicht Dinge herausfallen können.
Darüber tröstet der fette Bose-Sound hinweg, der immer wieder mit einem mächtigen Tiefbass von unten heraus für aufgestellte Nackenhaare sorgt.
In den Kofferraum passen 370 bis 1291 Liter. Ab der Ausstattung Sport öffnet die Klappe elektrisch per Fußkick. Die Walk-away-Funktion schließt und verriegelt die Heckklappe automatisch, sobald der Nutzer sich entfernt.
Elektronik ist auch sonst viel erhältlich, bis hin zum Spurführungsassistenten – der allerdings im Testwagen nicht sehr zuverlässig war. Er kommt schon mit relativ leichten Kurven nicht zurecht und bei Gegenlicht gelang es ihm nicht, geradeaus die Spur zu halten. Er zog immer wieder nach links. Top ist das Head-up-Display.
Die Preise
Bei 43.300 Euro beginnt die Preisliste für das Basismodell Elegance, inklusive dem kompletten „Honda Sensing“-Elektronikpaket mit Adaptivtempomat und Spurführung, Parksensoren rundum, Rückfahrkamera, Zweizonenklima, Sitzheizung - eigentlich allem, was wesentlich ist. Der Testwagen in Ausstattung Advance mit „Still Night Pearl“-Lackierung kommt auf 51.340 Euro.
Fahrzit
Unaufdringlich, unauffällig, gutaussehend und angenehm zu fahren – der Honda ZR-V ist ein Auto, mit dem man gerne unterwegs ist. Wenn man erst einmal das Abschalten der Zwangsassistenten gemeistert hat.
Warum?
Unaufdringlich, unauffällig, gutaussehend
Für einen Vollhybrid sehr natürliches Fahrgefühl
Warum nicht?
Unzeitgemäßes Bediensystem
Oder vielleicht ...
... VW Tiguan, Ford Kuga, Kia Sportage, Mazda CX-5, Nissan Qashqai
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