Tierschützer begrüßen die teilweise strengeren Gesetze, hätten sich von der Politik allerdings größere Würfe erwartet. Doch jeder auch noch so kleine Schritt nach vorne ist eine Verbesserung der Lebensbedingungen unserer Tiere. Die Chance, zum absoluten Musterland in Sachen Welpenhandel, Qualzucht und Co. zu werden, wurde allerdings nicht genutzt.
Baustellen im derzeitigen Tierschutzgesetz gibt es viele: absichtlich krank gezüchtete Hunde, als „Hobbyzüchter“ getarnte illegale Welpenhändler oder auch das eigentlich verbotene Scharfmachen von Hunden im privaten Bereich, das aber froh und munter vielerorts problemlos praktiziert werden kann.
Die „Krone“-Tierecke zeigt regelmäßig besonders krasse Fälle aus diesen Bereichen auf und sorgt so für gesellschaftliche Aufklärung. Es gibt aber Menschen, die unbelehrbar bleiben und ihre Augen und Ohren bei diesen Themen konsequent verschließen.
Die Politik ist gefordert
Hier ist es Aufgabe des Gesetzgebers, für klare Richtlinien zu sorgen und dem Tierwohl – es ist auch Staatsziel in unserer Verfassung – den nötigen Stellenwert zu geben. Seit der Entschließung des Nationalrats im Dezember 2021 ringt man um Verbesserungen im Tierschutzgesetz, mit einer aktuellen Regierungsbeteiligung der Grünen standen die Chancen besser als nie zu vor.
Verordnungen müssen erst finalisiert werden
Das nach langen Verhandlungen nun verhandelte Tierschutzpaket der Bundesregierung beinhaltet wichtige erste Schritte, die für ein besseres Leben für Heim- und Wildtiere sorgen können und für die sich Tierschützer lange und vehement eingesetzt haben. Die notwendigen Verordnungen mit allen Details zur Umsetzung stehen aber noch nicht fest und werden von der Regierung gerade finalisiert.
Doch wie es scheint, sind gerade die am einfachsten umsetzbaren Verbesserungen, wie beispielsweise das verpflichtende Chippen und Registrieren aller Katzen oder importierter Tiere aus dem Auslandstierschutz, derzeit trotz Versprechung noch nicht in den Verordnungen geregelt.
Auch ist es nicht gelungen, bei der Feststellung, ob eine Zucht bewilligungspflichtig ist oder nicht, die Anzahl der Zuchttiere mitzuberücksichtigen. Nun wird das ausschließlich anhand der verkauften Würfe eingestuft, und ist erst ab dem zweiten Wurf bei Hunden und dem dritten bei Katzen kein „Hobby“ mehr. Das gilt auch für Zuchtvereine!
Illegaler Handel wird kaum eingedämmt
Doch das erschwert den Amtstierärzten die Kontrolle, wie viele Welpen tatsächlich verkauft werden. Dadurch wird es illegalen Welpenhändlern, die häufig unter dem Deckmantel der sogenannten „Hobbyzucht“ agieren, erheblich erleichtert, ihre einträglichen Machenschaften fortzusetzen. Hier müsste aber dringend angesetzt werden!
Käufer macht sich strafbar
Wer einen Hund aus solch dubiosen Quellen kauft, muss in Zukunft mit einer Strafe rechnen. Doch das erhöht das Risiko, dass diese Tiere nicht mehr offiziell gemeldet werden, was wiederum mehr unbehandelte und erkrankte Vierbeiner zur Folge haben könnte.
Qualzucht-Kommission schaut genau
Für die Freunde von besonders exotisch aussehenden Tieren, die für ihr Aussehen allerdings an teils schweren Gesundheitsproblemen leiden müssen, ändert sich einiges. Eine eigens eingerichtete und unabhängige Kommission aus Tierärzten prüft in Zukunft, ob Mops, Bulldog und Co überhaupt die körperlichen Anforderungen erfüllen und für die Zucht zugelassen werden.
Lippenbekenntnisse
Das Verbot einer Teilnahme solcher Tiere an Ausstellungen ist - wie auch schon bisher - ebenfalls enthalten. Hunde-Dachverband-Chef (ÖKV) Philipp Ita lässt in einer eilig verfassen Aussendung wissen, dass diese Vorgabe bei ÖKV-Veranstaltungen bereits praktiziert wird. Dass es bei just diesen Veranstaltungen aber immer wieder zu einschlägigen Qualzucht-Anzeigen kommt (wir haben berichtet), wird unter den Teppich gekehrt.
Hundeschutz statt Schutzhunde
Auch das erneut und zurecht in die Kritik geratene „Schutzhundetraining“ wird strenger gehandhabt. Die Verordnung dazu soll in den nächsten Tagen vorliegen. Erst ab zwölf Monaten und nach einem positiven Wesens- und Eignungstest darf der Hund mit seinem Herrl aufs Trainingsgelände. Alle Beteiligten (Helfer, Richter, Hundehalter) brauchen eine Prüfung, der Besitzer muss darüber hinaus einen einwandfreien Leumund vorzeigen.
Aber auch das stellt einen Kompromiss dar, denn diese Trainingsform war genau genommenen eigentlich bereits verboten, doch Ausübung und Wettbewerbe blieben allerorts ungestraft. Hier sind die Kontrollen bisher zahnloser als die Protagonisten gewesen, wie das in Zukunft aussieht ist unklar.
Hundekunde als Pflichtübung
Generell sollen aber alle Hundehalter mehr in die Pflicht genommen werden und so das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier verbessern. Erstmals wird ein bundesweiter Sachkundennachweis (vier Stunden Theorie) eingeführt, der bereits vor der Anschaffung des vierbeinigen Lieblings absolviert werden muss. Im ersten Jahr dann auch noch zwei verpflichtende Stunden in der Hundeschule – das ist auch wohl das absolute Minimum.
Beschluss erst im Plenum
Doch so richtig in trockenen Tüchern ist das alles noch nicht. In vielen Bereichen der Novelle wird auf Verordnungen des zuständigen Bundesministers verwiesen, die noch nicht bekannt und noch in Vorbereitung sind. Das Tierschutzpaket enthält also einige „Absichtserklärungen“ mit noch nicht genau festgelegten Inhalten, sogenannte Verordnungsermächtigungen.
„Aus Tierschutzsicht ist das Gesetz ohne Kenntnis dieser Verordnungen also nicht abschließend zu beurteilen. Gerade in Bezug auf das Thema Qualzucht gibt es noch viele Unklarheiten über die Besetzung der neu zu schaffenden Kommission, geplante Evaluierungen und Fristen für die Entscheidung über eingebrachte Anträge.
So lässt die Formulierung, dass Entscheidungen über die Tauglichkeit von Zuchtprogrammen innerhalb einer ‘angemessenen Frist‘ erfolgen sollen, viel zeitlichen Spielraum, der aber angesichts des Leids der von Qualzucht betroffenen Tieren nicht angemessen ist“, so die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy vorerst abwartend.
Das Importverbot qualzuchtbetroffener Tiere soll auf lediglich ‘äußerlich erkennbare‘ Merkmale beschränkt werden. Herzfehler oder Epilepsie sind so aber nicht erkennbar.
Eva Rosenberg, Länderdirektorin von „Vier Pfoten“
Bild: VIER PFOTEN
Auch Eva Rosenberg, Länderdirektorin von „Vier Pfoten“, äußert sich verhalten optimistisch: „Wir begrüßen die beschlossenen Erfolge im Tierschutz, müssen aber ganz klar sagen, dass der ursprünglich starke Entschließungsantrag enorm verwässert oder teilweise gar nicht umgesetzt wurde. Die unsägliche Blockadehaltung seitens der ÖVP hat umfassende Fortschritte verhindert und wird unter anderem im Bereich der Qualzucht bei Heimtieren alarmierend deutlich:
Das Importverbot qualzuchtbetroffener Tiere etwa soll auf lediglich ‘äußerlich erkennbare‘ Merkmale beschränkt werden. Auch das ist eine Verschlechterung der aktuellen Gesetzeslage und besorgniserregend, da es vielfältige schwerwiegende Qualzuchtmerkmale gibt, die man nicht von außen sieht - wie Herzfehler oder Epilepsie!“
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