Festwochen-Aufreger

Wenn auf der Bühne echtes Blut fließt

Bühne
14.06.2024 16:14

In der Musiktheater-Performance „Sancta“ der Wiener Choreografin Florentina Holzinger wird einer Akteurin eine reale Wunde geschnitten. Das ist brutal, aber nicht neu in der Kunst ...

(Bild: kmm)

„Ihre Grenzen sind die Grenzen ihrer Performerinnen“ beantwortet Wiens Festwochen-Intendant Milo Rau die Frage, wann für Florentina Holzingers Schluss wäre? In ihrer heute zum letzten Mal gezeigten Opernperformance „Sancta“ thematisiert die für ihr provokantes, starkes Theater gefeierte Choreografin das Frauenbild der Kirche. Sie hinterfragt die Mechanismen der Institution, ihre Heiligen und deren Wunder.

Der Wiener Festwochen Intendant Milo Rau (Bild: Karl Schöndorfer TOPPRESS)
Der Wiener Festwochen Intendant Milo Rau

So lässt sich eine Performerin Haut aus der Seite schneiden. Eine andere legt ihren Finger in diese Wunde. So wie der ungläubige Thomas dem auferstandenen Jesus. Die „Krone“ hat davon berichtet und zahllose Leser fragten sich ebenso ungläubig: Warum muss diese Verletzung real passieren?

„Weil es nur echt echt ist. Das ist eben Performance, nicht Theater – und zudem Florentinas Markenzeichen. Selbstverletzung ist bei Florentina Holzinger Empowerment der Performerinnen, nicht irgendeine Regie-Idee“, so Milo Rau.

Doch es ist nicht nur ihr Markenzeichen. Künstlerische Selbstverletzung hat sich seit den 1960ern als performative Ausdrucksform etabliert. Stark etwa bei den Wiener Aktionisten Rudolf Schwarzkogler und Günter Brus. Valie Export stach sich ein Messer unter die Fingernägel, Marina Abramović ließ sich von Galeriebesuchern verletzen, Orlan ihre Gesichtsoperation bei vollem Bewusstsein live übertragen.

Auch die Wienerin Elke Krystufek ritzte sich mit dem Stanleymesser, so wie sich Angélica Liddell die Schienbeine mit einer Klinge in „Liebestod“, ebenfalls bei den Festwochen. Es sind künstlerische Versuche über Freiheit und Selbstbestimmung, es geht um Tabubrüche, das Ausloten von Grenzen.

Szene aus „Sancta“ (Bild: Wiener festwochen / Nicole-Marianna-Wytyczak)
Szene aus „Sancta“

Ein letzter Ratschlag von Milo Rau: „Jesus wurde zu Tode gefoltert, das Bild dieser brutalen Folterung ist das zentrale Bild unserer westeuropäischen Kultur. Ist unsere Kultur sadomasochistisch? Eventuell ja. Wer sich damit, der Idee der Transzendenz und der Würde durch Katharsis - sprich der Opferung des Körpers – nicht auseinandersetzen will, sollte eventuell nicht in ein Stück zur katholischen Kirche gehen.“

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