Die Signa-Pleite macht deutlich, dass Top-Jobs in Aufsichtsräten nicht immer an die besten und unabhängigen Kandidaten gehen. In der Politik zählen überhaupt persönliche Netzwerke mehr als Kompetenz für den Aufstieg in Spitzenpositionen, ergibt eine Umfrage von Marketagent.
Alfred Gusenbauer gilt als Musterbeispiel, wie es nicht sein soll, so der Personalberater Josef Fritz. „Er hat als Beirat bei Signa gleichzeitig Honorare über 22 Millionen Euro für Beratungsleistungen verrechnet und nicht unbedingt das Wohl des Unternehmens vorangestellt.“ Eine kritische Prüfung der Geschäfte von Signa-Gründer René Benko gab es aus dem gesamten, von Benko selbst mit namhaften Personen besetzten, Beirat offenbar über Jahre auch nicht.
Dabei ist die Unabhängigkeit gegenüber Firmenchefs und Eigentümern für 78 Prozent der vom Marktforscher Marketagent befragten Führungskräfte das wichtigste Kriterium für die Auswahl von Aufsichtsräten. Integrität und persönlicher Anstand folgen sogleich, während fachliche Kompetenz nur für 66 Prozent vorrangig ist. Überhaupt nur 4 Prozent der Befragten halten Promis im Aufsichtsrat für gut ...
Fehlentscheidungen der Aufseher sind in jedem Fall gravierend, für fast 90 Prozent der Befragten belasten diese den Unternehmenserfolg nachhaltig. Trotzdem klafft bei der Auswahl für diese Top-Jobs eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit: So ist für bis zu drei Viertel der Führungskräfte die regelmäßige Prüfung von Zusammensetzung und Kompetenz der Aufsichtsorgane wichtig, doch nur in weniger als jedem dritten Unternehmen findet dies auch statt.
Persönliche Seilschaften entscheidend
Noch schlechter aber schneidet das Polit-Personal ab. Laut Studie halten 91 Prozent der Manager Verantwortungsbewusstsein und Anstand für die entscheidenden Eigenschaften. Unter der Gesamtbevölkerung sind knapp 77 Prozent ebenfalls dieser Meinung. Für je ungefähr zwei Drittel folgen dann Persönlichkeit und soziale Kompetenz als Wunsch-Eigenschaften. Nur jeder Dritte findet es wichtig, dass Politikerinnen und Politiker gute Netzwerke aufgebaut haben, die ihnen beim Aufstieg und im Amt helfen.
Die Realität sieht jedoch ganz anders aus: Tatsächlich meinen 74 Prozent der Manager, dass diese Seilschaften in Wirklichkeit entscheidend für eine Polit-Karriere ist. Unter allen Österreichern sehen etwas weniger, aber immer noch fast 52 Prozent dies ebenso. Nicht was sie können, sondern wen sie kennen zählt. Soziale Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein, Anständigkeit und fachliche Erfahrung schreiben nicht einmal 20 Prozent der Bevölkerung den heimischen Politikerinnen und Politikern zu.
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