Es ist nach den Auftaktniederlagen von „Kockasti“ und „Kuqezinjtë“ fast schon ein Spiel der letzten Chance in EM-Gruppe B gewesen – mit einem 2:2 im vor allem ganz spät hochdramatischen Duell zwischen Kroatien und Albanien hat sich die Ausgangslage punkto Aufstieg in die K.-o.-Phase für beide Teams nun nicht wirklich verbessert …
Übrigens: Das 2:2 gegen im Hamburger Volkspark-Stadion stellte nicht nur einfach das erste Unentschieden in direkten Aufeinandertreffen dar – es handelte sich auch um das erste Spiel überhaupt, das die Nationalteams der beiden Länder jemals gegeneinander zu bestreiten hatten. Angesichts der Tatsache, dass Kroatien inzwischen auch schon rund 32 Jahre als eigenständiger Staat existiert, lässt sich diese späte Premiere durchaus kurios an …
Nadelstiche gegen die Abwehr des WM-Dritten von 2022
Apropos „kurios“: Dass die Albaner nach dem Anpfiff der Partie durch Schiedsrichter François Letexier gleich einmal die aktivere und zielstrebiger nach vorne orientierte Mannschaft sein würden, war nicht unbedingt erwartbar – auch wenn sie in ihrem ersten EM-Spiel gegen Italien bereits nach 23 Sekunden in Führung gegangen waren. Den von ihrem brasilianischen Teamchef Sylvinho formal in einem 4-5-1 aufgebotenen „Kuqezinjtë“ gelang zwar heute kein Blitztor, aber sie setzten doch gleich zu Beginn zumindest Nadelstiche gegen die Abwehr des WM-Dritten von 2022. Nedim Bajrami (1.) und Rey Manaj (2.) konnten aber noch nicht für ernsthafte Gefahr sorgen.
Zumindest noch nicht – denn gerade als die „Kockasti“ sich anschickten, die Spielkontrolle zu übernehmen und sich dauerhaft am Strafraum der Albaner festzusetzen, schlug der Underdog zu. Jasir Asani, auf der rechten Außenbahn von den Kroaten u.a. in Person von Aushilfs-Außenverteidiger Ivan Perišić offensichtlich nicht als Gefahr gesehen, flankte unbedrängt mit links zur Mitte, wo der zwischen Mateo Brozović und Josko Gvardiol eingelaufene Qazim Laçi aus knapp sieben Metern einköpfelte (11.).
Kroatien ohne Gedankenschnelligkeit und Genialität
Wer nun mit einer ähnlich entschlossenen und energischen Reaktion Kroatiens auf den Rückstand gegen Albanien wie jener von Italien am ersten Gruppen-Spieltag rechnete, wurde böse enttäuscht. In der Ballbesitz-Statistik erspielte sich das Team von Zlatko Dalić zwar einen imposanten Vorsprung von rund 70:30, Gefahr erzeugten Altstar Luka Modrić und Co. praktisch gar keine. Behäbig in körperlicher Hinsicht, ohne einen Funken Gedankenschnelligkeit und ohne jeden Schuss Genialität – wie ein WM-Dritter agierte Kroatien keinesfalls.
Besser machte es dagegen Außenseiter Albanien: Abgesehen von Halbchancen Bajramis (15.) und Elseid Hysajs (29.) hätten zunächst Kristijan Asllani (31.) – nach Modrić-Fehler und blitzschnellem Umschalten – sowie kurz vor der Pause Manaj (45.) auf 2:0 erhöhen können, ja eigentlich müssen. Doch bei beiden von Asani eingeleiteten Aktionen zeigte Kroaten-Goalie Dominik Livaković seine Klasse – und hielt sein Team so im Spiel …
Zur Pause reagierte man aufseiten der „Kockasti“ mit einem Doppeltausch, es kamen Salzburg-Mittelfeldmann Luka Sučić und Mario Pašalić für Marcelo Brozović und Lovro Majer. Mehr noch als die neuen Kräfte auf dem Rasen sorgte allerdings wahrscheinlich Dalić mit seinen Worten in der Kabine für ein Erweckungserlebnis und den Umschwung.
Favorit Kroatien erarbeitet sich nun echte Chancen
Sprint-Wunder konnte der Erfolgscoach aus seinen teilweise doch sehr angejahrten Akteuren während der Halbzeit-Pause zwar keine mehr machen, aber ihre langen Ballbesitz-Phasen lockerten Modrić und Co. nun immer wieder mit schnellen und vertikalen Offensiv-Aktionen auf. Und es gab nun (endlich!) tatsächlich Chancen für den Favoriten: So durch Sučić, der mit einem Schuss aus elf Metern aber ebenso an Albanien-Goalie Thomas Strakosha (50.) scheiterte wie Kovacić mit einem Distanzschuss (53.). Josip Sutalo köpfelte zudem nach einer Ecke knapp daneben (58.).
Doppelschlag für die „Kockasti“
Albanien wankte nun, hielt dem Kroaten-Ansturm aber vorerst noch stand: Asllani (63.) und Bajrami (67.) vergaben bei im Ansatz aussichtsreichen Kontern sogar die Vorentscheidung. Doch die inzwischen im Beton-Abwehr-Modus agierenden Albaner wurden für ihre nun rapid um sich greifende Passivität doch noch bestraft: Per Doppelschlag in den Minuten 74 und 76 drehten die „Kockasti“ die Partie zu ihren Gunsten – zumindest vermeintlich.
Erst traf Andrej Kramarić nach Vorarbeit von Kovacić und Ante Budimir von knapp außerhalb des Strafraums zum auf den Rängen und auf dem Rasen vielumjubelten 1:1-Ausgleich. Und der Jubel war noch kaum verebbt, da stand es bereits 2:1 für die Kroaten: Wieder waren Kramarić und Budimir beteiligt und nach scharfem Zuspiel von Letzterem von der Grundlinie aus zur Mitte zog Sučić ab – der Schuss von Berat Djimsiti wurde zwar abgeblockt, der Ball traf aber den eingewechselten Klaus Gjasula und prallte von diesem ins Gehäuse der Albaner.
Gjasula erst Pechvogel, dann Match-Retter
Die Entscheidung? Mitnichten! Denn anstatt dem Außenseiter den „Todesstoß“ zu versetzen, die Partie mit einem dritten Tor zu entscheiden und die Tür zum Achtelfinale der EM 2024 weit aufzustoßen, kassierten die Kroaten noch den aus ihrer Sicht bitteren, aus Sicht der vor allem in der ersten Spielhälfte bärenstark aufgetretenen Albaner nicht unverdienten Ausgleichs-Treffer.
Zwar hatten sie zunächst noch Offensiv-Aktionen von Perišić (80./gefährliche Flanke), Modrić (88./Weitschuss) und Martin Baturina (89.) zu entschärfen, doch in Minute 95 war es dann so weit: Klaus Gjasula, der albanische Unglücksrabe vom 1:2, kam nach einer gelungenen Aktion über links und Zuspiel von Mitaj im Strafraum unbehelligt zum Ball und schob unhaltbar ins linke Eck ein.
Achtelfinal-Qualifikation liegt nicht mehr in den Händen der Teams
Was Tore anbelangt, sollte die Anzeigetafel im Hamburger Volkspark-Stadion nun keine Arbeit mehr bekommen, auch wenn die Kroaten noch einmal zwei, drei wütende Angriffsversuche lancierten. Allzu große Gefahr konnte allerdings nicht mehr heraufbeschworen werden – und so stehen sowohl Kroatien als auch Albanien nach zwei Spielen bei dieser EM mit lediglich einem Punkt da. Die Qualifikation für das Achtelfinale liegt nun nicht mehr in den Händen der Teams der Trainer Dalić und Sylvinho …
Das Ergebnis:
Kroatien – Albanien 2:2 (0:1)
Hamburg, Volkspark-Stadion, Schiedsrichter François Letexier (FRA)
Tore: 0:1 (11.) Laci, 1:1 (74.) Kramaric, 2:1 (76.) Gjasula (Eigentor), 2:2 (95.) Gjasula
Gelbe Karten: Daku, Gjasula
Kroatien: Livakovic – Juranovic, Sutalo, Gvardiol, Perisic (84. Sosa) – Modrić, Brozovic (46. Pasalic), Kovacic – Majer (46. Sucic), Petkovic (69. Budimir), Kramaric (84. Baturina)
Albanien: Strakosha – Hysaj, Djimsiti, Ajeti, Mitaj – Asllani, Ramadani (85. Hoxha), Laci (72. Gjasula) – Asani (64. Seferi), Manaj (85. Daku), Bajrami
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