Moskau ohne Gnade

Ukrainerin muss wegen Luftballons 12 Jahre in Haft

Ukraine-Krieg
19.06.2024 21:00

Nach dem Beginn des großen russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 flüchtete Kristina Ljubaschenko mit ihrer Familie aus Kiew in die Schweiz. Da sie zu wenig Geld zum Leben hatte, ließ sie sich zu einer verhängnisvollen Luftballon-Aktion in Moskau hinreißen …

Kristina Ljubaschenko ist heute 35 Jahre alt und lebte bis zum durch Russland entfesselten Krieg in der ukrainischen Hauptstadt. Sie hat zwei kleine Kinder und ist darüber hinaus für ihre krebskranke Mutter wie auch ihren an Demenz leidenden Großvater verantwortlich. 2022 flüchtete die Familie in die Schweiz und bekam dort Asyl, berichtet das unabhängige russische Nachrichtenportal Mediazona. Mit dem zuerkannten Geld seien die fünf jedoch kaum über die Runden gekommen.

Eines Tages lernte die Frau einen Nachbarn kennen, der sich den Angaben nach „als Flüchtling aus der Ukraine“ ausgab. Er habe Ljubaschenko zunächst Geld geliehen, sie aber daraufhin gebeten, nach Moskau zu fliegen und dort gegen Bezahlung eine „friedliche Aktion gegen den Krieg“ zu veranstalten. Sie müsse lediglich blau-gelbe Luftballons in den Himmel steigen lassen, so das Versprechen.

Überwacht und erpresst
Damals sei weder von einer weiß-blau-weißen Flagge noch von Lautsprechern, aus denen die ukrainische Hymne und ein Text ertönt, die Rede gewesen. Die Farbgebung Weiß-Blau-Weiß ist seit März 2022 ein Symbol der Proteste gegen den russischen Überfall auf die Ukraine. Der Nachbar habe der 35-Jährigen ein Flugticket nach Moskau besorgt und ihr eine Mietwohnung in der russischen Hauptstadt zur Verfügung gestellt. Dort sei die Frau überwacht und genötigt worden, Anweisungen zu befolgen.

Blick von den Sperlingsbergen auf Moskau (Bild: stock.adobe)
Blick von den Sperlingsbergen auf Moskau

Nach der Ankunft in der russischen Hauptstadt forderte der Nachbar die Ukrainerin demnach auf, sie müsse Lautsprecher, aus denen eine Anti-Kriegs-Rede ertönt, bei ihrem Fenster platzieren. Sie wollte dem zunächst nicht nachkommen, heißt es in ihrer Aussage. Danach wurde es allerdings richtig ungemütlich: Der Nachbar drohte ihr laut den Angaben, im Fall einer Weigerung die Behörden einzuschalten und ihr das Sorgerecht für ihre Kinder zu entziehen. Die Frau konnte sogar vor Gericht nachweisen, dass sie Opfer einer Erpressung war.

Da sie keinen Ausweg sah, stelle Ljubaschenko Lautsprecher vor ihr Fenster, die – neben der ukrainischen Hymne – eine Anti-Kriegs-Rede verbreiteten. Daraufhin fuhr sie zu den Sperlingsbergen im Zentrum der russischen Metropole und ließ dort Luftballons in den Himmel steigen. Jedoch seien es weiße Ballons gewesen, die mit einer kleinen weiß-blau-weißen Flagge versehen waren, so die Schilderungen.

Aktion endete weit schlimmer als gedacht
Die 35-Jährige wurde den Angaben zufolge noch an Ort und Stelle verhaftet. Die Umstände und Hintergründe dürften niemanden interessiert haben. Hingegen wertete die russische Justiz die Aktion mit den Lautsprechern als Verbreitung von „Fake News“ über die Armee. Für die Luftballons wurde die Frau wegen „Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung“ angeklagt.

Am Montag verurteilte das Gericht die Ukrainerin mit voller Härte. Zwölf Jahre muss sie nun in Russlands berüchtigten Straflagern zubringen. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft demnach sogar eine 15-jährige Haftstrafe gefordert – dass sie zwei kleine Kinder hat, sei als „mildernder Umstand“ berücksichtigt worden.

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