Vier junge Burschen finden sich in einer Schule am Karlsplatz, vereinen ihre Liebe zu Metal (früher), Funk (jetzt) und Hip-Hop (sowieso) und werden damit zu einer der spannendsten Bands des Landes. Mit ihrer „Mixtape“-EP treten die Hidden Gemz nun beim Linzer Lido Sounds auf. Grund genug, um der Band genauer auf den Zahn zu fühlen.
Erst unlängst hat der renommierte Kultursender ARTE in seiner „Tracks“-Serie ein hochverdientes Auge auf die Wiener Musikszene geworfen und einige interessante Acts in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt. In so einer viertelstündigen Subsumierung ist es freilich unmöglich, sich den vielen Perlen der Stadt zu widmen, denn es werden gefühlt von Tag zu Tag mehr. Zu den heißesten und spannendsten Newcomern der lokalen Hip-Hop-Szene zählen derzeit Hidden Gemz, die mit ihrer im April veröffentlichten „Mixtape“-EP für Aufsehen sorgten und gerade die Herzen der Menschen quer durchs ganze Land erobern. Der Knackpunkt für den Durchbruch war die erste Single „Miss Monroe“, die im Oktober 2023 das Licht der Welt erblickte und der Band auch schon einige Liveauftritte einbrachte.
Weniger Metal, mehr Funk
„Die Gürtellokale haben wir mittlerweile alle drei- bis viermal runtergespielt und konnten dabei ziemlich coole Erfahrungen sammeln“, erzählt Drummer Jonas Strondl mit juveniler Gelassenheit im „Krone“-Interview. In einer veränderten Konstellation hat sich das Quartett schon 2018 zusammengefunden, damals noch unter dem klingenden Namen Livercheese und mit etwas mehr Härte im Sound. Doch über die Jahre haben sich die Geschmäcker Richtung Hip-Hop und Funk verändert, was den Hidden Gemz eine angenehm amerikanische Old-School-Note verleiht, ohne die Helden der alten Tage zu kopieren. Von biederen Gedankenspielen wie Genres lässt man sich gar nicht erst aufhalten, wie Frontmann Didier Kurazikubone betont. „Musik ist Musik ist Kunst – da sind wir uns alle einig. Fühlt es sich gut an, dann passt es auch. Wir schreiben die Songs gemeinsam und nicht solo oder in Zweierteams. Ich bin für die Texte zuständig, aber alles andere funktioniert durch den gemeinsamen Vibe.“
Die Gemeinschaft untereinander ist ein elementarer Punkt in Sein und Wesen der Hidden Gemz. Die vier Musiker im Alter von 19 bis 22 Jahren kennen sich alle aus der Unterstufe einer Mittelschule am Karlsplatz und schlossen sich 2020 in der Oberstufe zur Band zusammen. Man munkelt, dass die schulischen Erfolge ausbaufähig waren, dafür reüssiert das Quartett voll in der Musik, auf die man sich nach den holprigen Abschlüssen vollauf konzentriert. Vom Raketenstart mit „Miss Monroe“ ließen sich die vier Burschen nicht beeindrucken. „Wir haben überhaupt keine Erfahrungswerte mit dem Musikgeschäft. Wir haben den Song gemacht, ihn veröffentlicht und uns über das Feedback von außen gefreut. Wann etwas funktioniert und wann nicht, das wissen wir aber nicht. Außerdem könnten wir es nicht forcieren, denn aus uns kommt raus, was in dem Moment gerade hinaus will.“
Immer weitergehen
Der Bandname Hidden Gemz steckt prinzipiell für „versteckte Juwelen“, als solche wollen sie sich selbst nicht definiert wissen, wohl aber ihre Songs. „Der Name ist für uns wie ein kleiner Notizzettel, der im Zimmer hängt und einen dazu animiert, weiter nach etwas zu streben. Beim Musikmachen kommt man schnell an den Punkt, wo man sich auf etwas ausruht, was funktioniert hat. Wir haben aber Lust, immer einen Schritt weiterzugehen.“ „Miss Monroe“ und „Bright Lights“ hat die Band einst am selben Tag aufgenommen, dennoch erschien der Song erst unlängst auf der EP. „Er passt konzeptionell viel besser auf das Mixtape, deshalb ist er dort gelandet.“ Das Produkt hält die bisherige gemeinsame Zeit der Band fest. Es soll dem Hörer die Hidden Gemz der Gegenwart und Vergangenheit näherbringen, aber auch schon einen ersten Blick auf die Zukunft gestatten.
„Im Prinzip verarbeiten wir auf der EP unsere Teenager-Zeit. Der Song ,Outside‘ etwa handelt davon, dass wir gerne zusammen abhängen und draußen sind. Wir brauchen viel Sonne, eine Musikbox und gute Freunde – das ist uns wichtiger als alles andere“, so Didier, dem die Pandemie viele textliche Inspirationen lieferte. „Wir haben als Jugendliche gemerkt, wie wichtig es ist, nicht die ganze Zeit daheim bei der Familie abzuhängen. Uns hat die Technik gerettet. Wir hatten unzählige Video-Calls in großen und kleinen Runden. Corona war manchmal wie eine Hausparty, ich habe virtuell sogar neue Freunde kennengelernt. Es war irgendwie surreal, hat aber trotz allem einiges Positives bei uns bewirkt.“
Ein Song zur Zufriedenheit
Ein Song wie „Sunset To Sunrise“ weist aber auch tiefgründigere, nachdenklichere Themen auf. „Einmal stand ich in einer lauen Sommernacht auf einem Hügel und habe die Lichter der Großstadt gesehen. Das hat etwas mit mir gemacht. Ich machte mir Gedanken über die Zukunft und die Menschen in meinem Umkreis. Wird alles gutgehen? Bleiben alle gesund? Lebe ich mich mit manchen auseinander oder bleiben die Freundschaften erhalten? Dann habe ich mir vergegenwärtigt, dass ich selbst zufrieden sein werde und nicht so viele Ängste haben sollte. Wenn ich den Song singe und höre, dann glaube ich fest daran, dass es allen Menschen, die mir wichtig sind, in Zukunft einfach nur gutgeht.“ Die Hidden Gemz sehen sich wie Kinder im Supermarkt. Sie wollen alles anfassen, mitnehmen und ausprobieren – daraus ergibt sich schließlich der Sound der Band.
In bester US-Rap-Tradition erstrahlt die Band über die bloße Musik hinaus. „Videos, Filme, ein eigenes Magazin – wir können uns so einiges vorstellen. Uns freut es, dass schon jetzt so viele Leute kommen und je mehr Interesse da ist, umso motivierter sind wir.“ Die großen Bühnen kennen sie. Bei ihrem allerersten Gig im Wiener Chelsea waren schon 150 Leute da, in Deutschland eröffneten sie zweimal für Bilderbuch. „Ihre Fans waren extrem offen und nett zu uns. Da haben wir schon ganz andere Geschichten gehört. Außerdem war es ein lässiger ,Schul-Ausflug‘ für uns. Wir mit unserem Manager Jannis zu fünft in einem großen Zimmer, zusammen chillen. Einfach toll.“ Wie vielseitig die Geschmäcker innerhalb der Band sind, merkt man bei der Frage, vor wem sie unbedingt einmal auftreten möchten. Die Antworten reichen von Anderson .Paak über Little Simz und die Gorillaz bis hin zu Jacob Collier.
Live am Lido Sounds
Wer sich von der unbändigen Wucht der Wiener Jungspunde selbst überzeugen möchte, hat die nächste Chance beim Lido Sounds Festival am Linzer Urfahranermarkt. Dort sind sie am Samstag, dem 29. Juni, zu sehen, wo sie u.a. mit Bibiza, Montez und Nina Chuba die Bühne teilen. Unter www.oeticket.com gibt es noch Tages- und Festivaltickets. Schwere Empfehlung!
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