Nach Spendenbetrug

Esoteriker-Kinder vor Gericht: „War wie Fluch“

Oberösterreich
19.06.2024 15:45

Der Fall sorgte vergangenen September für Aufsehen! Die Esoterikerin Gabriela M., die sich als „Engel“ mit heilenden Kräften ausgegeben hatte, wurde in Zell am Moos festgenommen. Am Mittwoch standen ihre beiden Kinder vor dem Landesgericht in Wels. Auch nach ihrem Freitod standen die beiden immer noch tief im Schatten ihrer Mutter.

Gabriela M. (56), die sich als Mediatorin zwischen Himmel und Erde mit heilenden Kräften ausgegeben hatte, war im September in Zell am Moos festgenommen worden. Neben gewerbsmäßigem schweren Betrug, der von der WkSta angeklagt wurde, wurden ihr auch Erpressung, Veruntreuung und Freiheitsentziehung vorgeworfen.

Die Esoterikerin und ihr Sohn (38) waren eigentlich bereits 2007 angezeigt worden, weil sie in ihrem damaligen Geschäft in Attnang-Puchheim Heilsteine und „Seelenbilder“ verkauft hatten. Doch viele Jahre lange passierte nichts.

Geschwister sehr schweigsam
Am Mittwoch mussten sich am Landesgericht Wels die Kinder der Esoterikerin vor Schöffen verantworten: Die Geschwister Stefan (38) und Corinna M. (31). Stefan M. soll als Beitragstäter an schwerem gewerbsmäßigen Spendenbetrug und an der Freiheitsentziehung maßgeblich mitgewirkt haben. Seine Schwester, Corinna M. soll hingegen nur beim Spenden eintreiben mitgeholfen haben.

Die beiden waren schweigsam, meldeten sich außer beim Geständnis nicht zu Wort, blickten stumm in den Raum. Fast so, als schwebe die Präsenz der Mutter immer noch drohend über ihnen. Einzig Corinna M. meinte abschließend mit leiser Stimme: „Es fühlt sich an, als ob wir bisher nie ein Leben gehabt hätten. Erst als dieser Fluch von außen gebrochen wurde, begannen wir zu leben.“

„Schwerst manipulative Frau“
Gabriela M. sah sich selbst als Medium, verkaufte erst Edelsteine, Bilder und dann Behandlungen, die durch die Kraft ihrer himmlischen Verbindung ihre Kunden heilen sollten. Laut den Ausführungen des Oberstaatsanwalts der WkSta war Gabriela M. jedoch alles andere als ein Engel: „Eine schwerst manipulative Frau mit massiver narzisstischer Persönlichkeitsstörung. Das, was man gemeinhin eine Psychopathin nennt“, wie der Jurist sagte.

Sechsstellig verschuldet
Durch Zufall sei diese Frau an einem verhängnisvollen Tag auf ihr exaktes Gegenstück getroffen: Frau M., damals eine junge Frau, frisch aus dem Medizinstudium, mit nicht nur Hang zur Esoterik, sondern auch mit stark ausgeprägten masochistischen Zügen und einem Hang zur Selbstherabwürdigung. Innerhalb kürzester Zeit sei sie vollkommen abhängig von der dominanten Mutter gewesen, habe Unsummen für deren „Dienstleistungen“ ausgegeben, sich auch dafür sechsstellig verschuldet.

Schließlich sei sie sogar im Haus der Familie eingezogen. Allerdings habe sie sich nur im Erdgeschoß aufhalten dürfen, die oberen Geschoße seien den „höheren Seelen“, der Mutter und ihren beiden Kindern, vorbehalten gewesen. Nachdem das Opfer mit Stefan M. ein Kind bekommen habe, sei ihr gesamtes Geld aufgebraucht, und sie für die Familie wertlos gewesen.

Opfer manipuliert
Daher sei ein Plan gefasst worden: Das Opfer sei dermaßen manipuliert worden, dass sie behandelnden Ärzten als suizidgefährdet erschien. Damit nicht genug: Die alles kontrollierende Gabriela M. habe der jungen Frau befohlen, gegen die Familie und das eigene Kind Drohungen zu richten. Zu guter Letzt hätte sie sogar das Personal der psychiatrischen Einrichtung angreifen sollen, was dazu führte, dass sie nach einer Verhandlung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, heute Forensisch-therapeutisches Zentrum, eingewiesen wurde.

Sechs Millionen Euro ergaunert
Diese „Drohungen“ gegen sich und ihre Familie wusste die Esoterikerin schließlich in dringend benötigtes Geld umzuwandeln: Erst habe sie mithilfe einer Opferschutzorganisation ein Spendenkonto für die „gefährdete“ Familie eingerichtet, dann weitere Spendenaufrufe gefälscht. Mit denen habe sie schwindelerregende Mengen erbeutet: Alleine von einer Industriellen-Erbin, die sie schon länger „behandelt“ hatte, kamen sechs Millionen Euro zusammen.

Viereinhalb Jahre eingesperrt
Besonders erschwerend hob der Oberstaatsanwalt hervor: „Die Justiz, Polizisten, Richter und Staatsanwälte als Waffe zu missbrauchen, ist katastrophal und muss dementsprechend bestraft werden!“ Das Opfer (40) war viereinhalb Jahre eingesperrt gewesen, an Gliedmaßen und Bauch ans Bett gekettet. Außerdem wurde die Frau mit starken Psychopharmaka behandelt, unter deren Nebenwirkungen und Schäden sie heute stark leidet.

Ihr Kind hat sie 2024 - als dieses schon elf Jahre alt war - zum ersten Mal in Begleitung sehen dürfen. Mittlerweile gibt es wöchentliche Treffen von Mutter und Sohn. Normalität wird aber vermutlich, falls überhaupt, noch lange nicht in ihr Leben zurückkehren.

Strafe fiel eher gering aus
Die Bitten um milde Urteile der Anwälte Michael Lanzinger für den Erstangeklagten und Andreas Meissner für die Zweitangeklagte wurden erhört: 24 Monate für den Erstangeklagten Stefan M., davon vier unbedingt. Seine Schwester fasste 14 Monate aus, die aber gänzlich auf Bewährung ausgesetzt wurden. Bei einem möglichen Strafrahmen von einem bis zehn Jahren eher milde Urteilssprüche, rechtskräftig. 

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