Straßenschlachten
Proteste gegen Armut in Tunesien: Hunderte Verletzte
Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Krankenhäusern erfuhr, wurden etwa 270 Menschen ärztlich behandelt. Die meisten von ihnen hätten Verletzungen durch Platzpatronen sowie Prellungen, Knochenbrüche und Schnittwunden erlitten. Rund 20 Demonstranten wurden an den Augen verletzt, einige von ihnen mussten in eine Augenklinik in der Hauptstadt Tunis gebracht werden.
Nationalgarde setzte Panzer ein
Bereits am Dienstag hatte es in der 120 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tunis gelegenen Stadt in einer wirtschaftlich schwachen Region am Rande der Sahara Ausschreitungen gegeben. Ein Politiker der Republikanischen Partei in Siliana sagte, die Nationalgarde habe Panzer eingesetzt, um die Ordnung wiederherzustellen. Demonstranten hätten die Zugangswege zur Stadt blockiert und Autoreifen angezündet, berichtete das staatliche Fernsehen. Zahlreiche Menschen verlangten auch den Rücktritt der örtlichen Regierung.
Am Mittwochmorgen versammelten sich Tausende Menschen vor dem Sitz des Gouverneurs. Wie bereits am Vortag errichteten sie Straßensperren aus brennenden Autoreifen. Demonstranten warfen Steine auf Beamte, die Polizei setzte Tränengas ein.
Am Abend zog sich die Polizei weitgehend zurück, es herrschte angespannte Ruhe in der Stadt. Die Geschäfte waren geschlossen, die Straßensperren der Demonstranten machten viele Straßen unpassierbar. Eine Gruppe Jugendlicher blockierte am Abend die größte Zufahrtsstraße zur Stadt, damit keine Verstärkung der Polizei anrücken konnte.
Premier Jebali wiegelt ab
Der Gewerkschaftsverband UGTT verurteilte die Polizeigewalt gegen die Demonstranten als maßlos und rief zu neuen Protesten am Donnerstag auf, um den Rücktritt des Provinzgouverneurs von Siliana, Ahmed Ezzine, zu fordern. In seiner einzigen Reaktion auf die Proteste sagte Ministerpräsident Hamadi Jebali am Abend im Fernsehen, dass der Gouverneur nicht zurücktreten werde. Zuvor hatte die Regierung ein Gerücht dementiert, wonach Ezzine mit Jebali verwandt ist.
Der Sprecher des Innenministeriums, Khaled Tarrouche, versicherte, wenn die Proteste am Donnerstag friedlich blieben, werde die Polizei nicht einschreiten. Im Falle eines Eingreifens gelte stets das Prinzip, keine Todesopfer herauszufordern.
Hohe Arbeitslosigkeit in Tunesien
Die Proteste richten sich gegen schlechte Lebensbedingungen in Siliana. Die Demonstranten verlangen Wirtschafts- und Sozialhilfe sowie die Freilassung von Gefangenen, die seit April 2011 in Haft sind. Tunesien leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen. Besonders dramatisch ist die Situation in der Provinz. Soziale Unruhen hatten auch den Sturz des langjährigen tunesischen Machthabers Zine el-Abidine Ben Ali Anfang 2011 ausgelöst.
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