Schreiben liegt vor

Klage gegen Gewessler: ÖVP macht Drohung wahr

Politik
20.06.2024 11:43

Auf den Alleingang von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) beim EU-Renaturierungsgesetz hat die ÖVP äußerst verärgert reagiert und eine Klage angekündigt. Am Donnerstag wird die Drohung wahrgemacht und Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs bei der StA Wien eingebracht.

Die ÖVP argumentiert in der Anzeige, die der „Krone“ vorliegt, dass die grüne Ministerin nicht einfach so mit Ja stimmen hätte dürfen, weil es nach wie vor eine ablehnende Haltung der Bundesländer gebe. Denn „ungeachtet der Meinungsäußerungen einzelner Bundesländer“ – also die SPÖ-geführten Länder Wien und Kärnten, die ausscherten – sei die einheitliche Stellungnahme der Landeshauptleutekonferenz von April nach wie vor gültig. 

ÖVP sieht Verstoß gegen Bundesministeriengesetz
Auch ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hätte demnach zustimmen müssen. Er lehnt die Renaturierungsverordnung aber deutlich ab. Durch ihre Zustimmung beim EU-Umweltrat am Montag, ohne das Einvernehmen mit Totschnig einzuholen, habe Gewessler gegen Paragraf 5 des Bundesministeriengesetzes verstoßen, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. Damit liege der Verdacht nahe, dass der Straftatbestand „Missbrauch der Amtsgewalt“ erfüllt sei.

Die ÖVP unter Parteichef Nehammer hat Strafanzeige gegen die Umweltministerin eingereicht. Gewessler sieht das demonstrativ gelassen. (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Die ÖVP unter Parteichef Nehammer hat Strafanzeige gegen die Umweltministerin eingereicht. Gewessler sieht das demonstrativ gelassen.

Zur Ansicht, dass die Umweltministerin zu einem Alleingang nicht befugt sei, kam auch das Gutachten des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt. Gewessler hatte eigene Gutachten in Auftrag gegeben, die ihr bescheinigten, dass ihr Vorgehen rechtlich gedeckt sei. Sie sah der Anzeige wegen Amtsmissbrauch deswegen entsprechend gelassen entgegen.

In der Strafanzeige wird auch auf diese „privaten Expertisen“ eingegangen, die die Grün-Politiker einholte. Diese würden ihr nicht eindeutig erlauben, sich über die ablehnende Bundesländer-Stellungnahme als auch das fehlende Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsminister hinwegzusetzen. Denn in den Gutachten werde vorwiegend auf „gute Gründe“ oder „bessere Argumente“ verwiesen, wird in der ÖVP-Anzeige, verfasst von der Kanzlei des Rechtsanwalts Werner Suppan argumentiert.

Auszug aus der Amtsmissbrauchs-Anzeige:

(Bild: Screenshot/zVg)

„Wissentlichkeit hinlänglich dokumentiert“
Die kurzfristig vor der Abstimmung eingeholten Meinungen würden demnach zeigen, dass sich Gewessler darüber im Klaren gewesen sei, „dass ihr geplantes und angekündigtes Vorhaben offensichtlich gesetzes- und verfassungswidrig war“, so die Strafanzeige. Ihre Wissentlichkeit beim „Befugnismissbrauch“ sei somit hinlänglich dokumentiert. Wissentlichkeit muss vorliegen, um das Delikt des Missbrauchs der Amtsgewalt zu erfüllen. 

Lange Gefängnisstrafe möglich
Bei einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauch droht in Österreich eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Wenn der herbeigeführte Schaden einen Betrag von 50.000 Euro übersteigt, sind theoretisch sogar bis zu zehn Jahre Gefängnis möglich.

Von einem Schaden ist in der Anzeige keine Rede, enorme finanzielle Probleme durch die Umsetzung der Renaturierungsverordnung sieht aber der Gemeindebund auf sich zukommen. Er fordert deshalb vom Klimaschutzministerium vollen Kostenersatz.

Gewessler bleibt gelassen
Die angezeigte Ministerin zeigte sich am Donnerstag weiterhin unbeeindruckt. „Ich sehe allfälligen rechtlichen Schritten sehr gelassen entgegen“, sagte Gewessler am Rande des „Austrian World Summits“ (AWS) in Wien gegenüber Journalisten. Sie habe dem Renaturierungsgesetz rechtskonform zugestimmt, „und ich folge damit nicht nur der Rechtslage, sondern auch der langjährigen Praxis“, betonte sie unter verwies als Beispiel auf das Veto von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gegen den von den Grünen unterstützten Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien. Den Renaturierungs-Beschluss lobte Gewessler erneut als „Sieg für die Natur“: „Ich bin sehr froh, dass ich einen Beitrag dazu leisten konnte.“

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