U-Ausschuss-Berichte

FPÖ und NEOS sehen „tiefen Staat“ und „Blackbox“

Politik
20.06.2024 12:42

FPÖ und NEOS haben am Donnerstag ihre Fraktionsberichte zu den beiden Untersuchungsausschüssen vorgelegt. Die Freiheitlichen sehen erneut den „tiefen Staat“ am Werk. Die Pinken sprechen von einer „intransparenten Blackbox“ – da enden aber die Gemeinsamkeiten.

Verwertbares sehen die Blauen vor allem in dem von ihnen gemeinsam mit der SPÖ eingesetzten Ausschuss zur COFAG. Die Covid-Finanzierungsagentur sei „ein Kind des tiefen Staates der ÖVP“, sagte Fraktionsführer Christian Hafenecker in einer Pressekonferenz. Yannick Shetty von den NEOS sprach von einer „intransparenten Blackbox“.

FPÖ: Reiche wurden gefördert
Hafenecker sieht es nach dem COFAG-Untersuchungsausschuss als erwiesen an, dass die ÖVP mit der während der Coronapandemie gegründeten COFAG bewusst Milliardäre und deren Firmengeflechte unterstützt hat. Signa-Gründer René Benko wird hier als Beispiel genannt.

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Handwerklich, wirtschaftlich hat die COFAG vollkommen versagt.

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)

Christian Hafenecker

Zudem sei Firmen, die ohnehin genug Gewinn gemacht hätten, durch finanzielle Hilfen das „Schlagobers auf das Ergebnis hinauf gegeben“ worden. Ohnehin defizitären Unternehmen sei wiederum das Überleben gesichert worden.

Die FPÖ-Pressekonferenz zum Nachsehen: 

Auch die Gründung der COFAG selbst ist für den Freiheitlichen auch nach den Befragungen im U-Ausschuss mehr als fragwürdig. Durch die Gründung einer GmbH habe man die Finanzierungsagentur der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Die Geschäftsführung sei durch die Regierungsparteien ÖVP und Grüne politisch besetzt worden. Das „Konstrukt“ geschaffen habe ein Beraterkreis rund um den damaligen ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel.

Für Hafenecker steht fest: „Handwerklich, wirtschaftlich hat die COFAG vollkommen versagt.“ Einblicke habe der U-Ausschuss aber auch in den „tiefen Staat“ innerhalb des türkis geführten Finanzministeriums geliefert. Sei man als seriöser Finanzbeamter „Freunden“ wie Benko oder dem Unternehmer Siegfried Wolf zu nahe gekommen, sei man durch das „Büro für Interne Angelegenheiten“ unter Druck gesetzt worden. Die FPÖ will nun einen eigenen Corona-Untersuchungsausschuss.

NEOS sehen „Alpenzypern“
Auch die NEOS lassen in ihrem Bericht kein gutes Haar an der COFAG. Diese sei bewusst als „intransparente Blackbox“ konstruiert worden, über diese Konstruktion sei es zu massiver Überförderung gekommen. Gleichzeitig hätten ÖVP und Grüne sie genutzt, um „ihre Männer“ mit Topjobs zu versorgen.

Die NEOS-Pressekonferenz zum Nachsehen: 

Der Ausschuss habe außerdem „türkise Einsprengsel“ in der Finanzverwaltung gezeigt – etwa in Form von Finanzministeriums-Generalsekretär Thomas Schmid und seinem damaligen Vize Eduard Müller, die als „Zwillinge“ wie eine Eingreiftruppe für Interventionen agiert haben sollen, oder dem Innsbrucker Finanzamt, das Shetty als „Alpenzypern für Günstlinge“ bezeichnete.

Auch zu dem von der ÖVP eingesetzten Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ legten FPÖ und NEOS ihre Berichte vor. Darin sehen die Freiheitlichen den Spieß umgedreht, bewiesen die Ergebnisse doch vielmehr einen Machtmissbrauch durch die ÖVP. Bewiesen sei dieser allein schon durch die Einsetzung des Untersuchungsausschusses durch die amtierende Regierungspartei, die damit die Opposition untersuchen wollte.

FPÖ sieht Kickl entlastet, NEOS widersprechen
Hafenecker sieht seine Partei – insbesondere Obmann Herbert Kickl, auf den sich die ÖVP im U-Ausschuss vorrangig einschoss – entlastet. So habe es Freibriefe für den einstigen Innenminister einer türkis-blauen Regierung sowohl von dessen Nachfolger Wolfgang Peschorn, als auch durch die interne Revision gegeben. Beim Vorwurf Russland-Spionage führe der Faden einzig und allein zur ÖVP. „Es gibt ein System, das ist aber kohlrabenschwarz“, so Hafenecker.

Für Shetty von den NEOS wiederum ist der U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ zur befürchteten „innenpolitischen Schlammschlacht“ verkommen. Die mit Abstand relevanteste Erkenntnis sei „die russische Unterwanderung Österreichs“ gewesen, sagte er. Zufallsfunde bei der Verhaftung von Ex-BVT-Chefinspektor Egisto Ott hätten intensive Kontakte der FPÖ zu diesem mutmaßlichen russischen Spion gezeigt.

NEOS wollen Russland-U-Ausschuss
Außerdem habe die damalige Außenministerin Karin Kneissl eine Art Parallel-Geheimdienst einrichten wollen, mit Ott an prominenter Stelle. „Dem muss man sich dringend eingehender widmen bei einem Russland-U-Ausschuss“, forderte Shetty. Der Untersuchungsgegenstand solle dann möglichst breit gefasst werden, rund um die russischen Gasverträge der OMV etwa ortete er dubiose Vorgänge.

Gazprom-Falle

  • Der Gasliefervertrag zwischen der OMV und Gazprom, der 2028 auslaufen sollte, wurde 2018 feierlich bis zum Jahr 2040 verlängert.
  • Die Konsequenz: Gazprom liefert, die OMV muss bezahlen, selbst wenn sie das Gas nicht mehr benötigt. Hier wurden Zahlungsgarantien nach dem „Take or Pay“-Prinzip eingegangen.
  • Unklar ist, wie das Gas ab 2025 nach Österreich kommen soll, da die Ukraine einen Transitvertrag mit Russlands Präsident Wladimir Putin nicht verlängert hat.

Dass die SPÖ erst das Ergebnis der DSN-Kontrollkommission abwarten will, führte er darauf zurück, dass diese – wie die ÖVP auch – „auch ganz tief mit drin steckt“.

Blaue „Freunderlwirtschaft“
Außerdem habe der Ausschuss blauen Machtmissbrauch aufgedeckt. Die Partei habe zwar stets gegen „Freunderlwirtschaft“ von ÖVP und SPÖ gewettert, dasselbe aber „noch viel brachialer gemacht“. Es gebe etwa den Verdacht, dass Parteichef Herbert Kickl in seiner Zeit als Innenminister Aufträge an seine eigene Werbeagentur Ideenschmiede bzw. deren Nachfolgeunternehmen vergeben und damit über die Jahre Millionen verdient haben soll.

Shetty und Hafenecker kommen zu gänzlich unterschiedlichen Schlüssen. (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Shetty und Hafenecker kommen zu gänzlich unterschiedlichen Schlüssen.

Eine der Lehren aus den U-Ausschüssen ist für Shetty, dass dieses Instrument reformiert werden muss. Nötig sei etwa eine Anpassung der Beugestrafen und spürbare Strafen, wenn jemand rechtswidrig wiederholt die Aussage verweigere. Außerdem forderte Shetty einmal mehr eine Live-Übertragung. Dies will auch Hafenecker von der FPÖ – „einfach um den Wählern zu zeigen, was da drin passiert“.

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