Auf Jubel folgt Pleite

Darum darf der Zoochef doch keine Pumpgun haben

Gericht
20.06.2024 20:00

Im März jubelte Tiergarten-Direktor Stephan Hering-Hagenbeck öffentlich über die „rechtskräftige Bewilligung“ für bestimmte Waffen – konkret eine Pumpgun und einen Magnum-Revolver. Doch still und heimlich drehte sich die Geschichte. Der Verwaltungsgerichtshof machte „Dirty Hering“ einen Strich durch die Rechnung – mit einer überraschenden Begründung.

Man stelle sich folgende Szene vor: Der Direktor des Tiergartens Schönbrunn jagt in „seinem“ Zoo einem entlaufenen Tier hinterher. In seinen Händen trägt Stephan Hering-Hagenbeck eine Pumpgun, zielt auf den Ausbüxer, schießt vielleicht sogar. Rundum Eltern mit ihren Kindern.

Einen Notfall wie diesen skizzierte der Tiergarten-Boss in seiner Stellungnahme im Mai 2022, nachdem er bei der Behörde einen Waffenpass beantragt hatte. Es war der Beginn einer Posse, die nun einen neuen Höhepunkt erreicht hat.

„Erhebliche Gefährdung Unbeteiligter“
Aber der Reihe nach: Im September 2022 wies die Wiener Polizei den Antrag aus dem Jahr 2021 auf Ausstellung eines Waffenpasses für den Zoodirektor ab: „Bei besonders gefährlichen Tierarten würde die Situation mit hiesigen Jagd- und Verteidigungswaffen eher verschlimmert als gelöst werden“, hieß es in der Ablehnung. Zudem könne die Waffengewalt zu einer ,erheblichen Gefährdung Unbeteiligter‘ führen.

Chronologie der Waffen-Posse

2021: Zoodirektor beantragt Waffenpass
2022: Behörde lehnt Antrag ab
2023: Verwaltungsgericht Wien genehmigt Waffenpass 
2024: Verwaltungsgerichtshof hebt Entscheidung auf

Hering-Hagenbeck wollte die Entscheidung nicht auf sich sitzen lassen und wandte sich ans Verwaltungsgericht Wien. Nach einer mündlichen Verhandlung gab es vom Richter Anfang 2023 grünes Licht für Pumpgun und Magnum. Und zwar für die Dauer der Beschäftigung im Tiergarten.

Pumpgun als Schutz im Zoo „sicher und geeignet“?
Vorfälle mit gefährlichen Zootieren würden ein extrem rasches Einschreiten mit Schusswaffen unbedingt erforderlich machen, hieß es in der Erkenntnis. Eine Pumpgun sei dafür „zweckmäßig, sicher und geeignet“. Der Tiergarten Schönbrunn jubelte und teilte via Presseagentur Anfang März 2024 stolz mit: „Damit ist maximaler Schutz unserer Gäste, unserer Mitarbeitenden und unserer Tiere gewährleistet.“

Seither wurde die Öffentlichkeit in dem Glauben gelassen, die Waffen seien rechtskräftig genehmigt. Was sich jetzt als falsch herausstellt! Denn wie die „Krone“ erfuhr, brachte die Landespolizeidirektion Wien eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein. Und dieser hob die Entscheidung der Vorinstanz schon vor mehreren Wochen auf!

Zitat Icon

Da der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis aufgehoben hat, darf er die Waffen nicht mehr haben.

VGW-Vizepräsidentin Beatrix Hornschall

Sowohl die Genehmigung für die Pumpgun als auch die Genehmigung für die Faustfeuerwaffe sind dahin. Aus unterschiedlichen Gründen. In Bezug auf die verbotene Pumpgun stellte der Verwaltungsgerichtshof sogar fest, dass diese Waffe gar nicht Teil des Erstantrags war, das Verwaltungsgericht Wien demnach gar nicht zuständig gewesen sei – Aufhebung wegen Unzuständigkeit.

Auch die Zusprechung der Magnum sei laut Verwaltungsgerichtshof rechtswidrig gewesen, weil die Begründung, warum Hering-Hagenbeck diese Waffe brauche, schwer nachvollziehbar sei. „Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen nicht aus, um eine genehmigungspflichtige Schusswaffe zu führen“, stellt der Verwaltungsgerichtshof fest und erteilt der Vorinstanz eine Schelte. Die Entscheidung ist aufgehoben und geht ans Verwaltungsgericht zurück.

Erfolgschancen bei Neuauflage gering
Dort muss die Causa, allerdings nur in Bezug auf die Faustwaffe, nun neu verhandelt werden. Die Erfolgschancen für den Zooboss sind nach der höchstgerichtlichen Entscheidung freilich gering.

Laut VGW-Vizepräsidentin Beatrix Hornschall wird die Neuauflage im Herbst steigen. Bis dahin ist der Zoochef die Waffen los. „Da der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis aufgehoben hat, darf er die Waffen nicht mehr haben“, informiert Hornschall. Eine Stellungnahme vom Tiergarten Schönbrunn ist ausständig.

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