Ärzte sind besorgt

Teure Medikamente: Gremium wurde durchgepeitscht

Politik
24.06.2024 06:00

Das umstrittene Medikamente-Bewertungsboard, das einen einheitlichen Zugang zu besonders teuren Medikamenten in Krankenhäusern regeln soll, wird demnächst Realität. Auf Sorgen von Patientenvertretern und Kritik von Gesundheitsexperten und Ärzten wurde allerdings keine Rücksicht genommen. Das Gremium kommt unverändert, wie aus der Geschäftsordnung, die der „Krone“ vorliegt, hervorgeht.

Die grundsätzliche Idee des Bordes wird von fachkundigen Menschen begrüßt. Es geht darum, dass spezielle, besonders teure Medikamente und Therapien (zum Beispiel 200.000 Euro pro Patient) für Spitäler koordiniert und einheitlich gekauft werden. Derzeit ist es so, dass jedes Spital für sich selbst  einkauft und mit der Pharmaindustrie verhandelt. Die Verträge sind oft geheim. Nicht zuletzt, um Kosten für das System zu sparen, soll dieses neue Gremium geschaffen werden.

Zu wenige Experten im Gremium
An seiner Zusammensetzung gibt es aber massive Kritik. Von 24 stimmberechtigten Mitgliedern sind nur 3 unabhängige Vertreter der Wissenschaft. Der einzige Patientenvertreter hat kein Stimmrecht. Die meisten Gremiumsmitglieder werden von Behörden und „Zahler“, etwa dem Gesundheitsministerium, dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, der Länder und Sozialversicherungen entsandt.

Kein persönlicher Zugang zu externen Beratern
Die Geschäftsstelle soll im Falle der Beiziehung externer Experten den Boardmitliedern lediglich die „notwendigen Informationen zur Verfügung stellen“. Den Mitgliedern des Boards wird der Zugang zum Informationswert externer Experten defacto verwehrt, weil keine persönliche Beratung möglich ist.

Spitäler kaufen derzeit ihre Medikamnte im Alleingang (Bild: zVg)
Spitäler kaufen derzeit ihre Medikamnte im Alleingang

Monatelange Verzögerungen befürchtet
Einer der größten Kritikpunkte ist die befürchtete Zeitverzögerung. Grundsätzlich sollen Therapien nämlich erst nach der Bewertung durch das Gremium zur Anwendung kommen. Für die Evaluierung durch das Bewertungsboard sind fünf Monate mit der Möglichkeit einer Fristerstreckung auf insgesamt acht Monate vorgesehen. Kritiker sehen das als eine unzumutbare Verzögerung, die fatale Folgen für das Leben der Patienten haben könne.

Wirtschaftlichkeit vor medizinischer Notwendigkeit
Viele Experten begüßen zwar die Vereinheitlichung der Medikamentenausgabe innerhalb von Österreich, sehen in dem Board aber die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund und nicht die Medizin. Die Geschäftsordnung schreibe die Ökonomisierung des medizinischen Nutzens einer Therapie vor und stehe damit im Widerspruch zum gesetzlich garantierten Behandlungsniveau gemäß dem jeweils aktuellen Stand der medizinisch und pharmazeutischen Wissenschaft.

Rechtliche Bedenken gegeben
Hier haben viele Experten verfassungsrechtliche Bedanken. Konkret geht es um Medikamente, die mehr als 50.000 Euro pro Packung kosten oder Monatstherapiekosten von 20.000 Euro bzw. Jahrestherapiekosten von mehr als 200.000 Euro. Gesundheitsminister Johannes Rauch hat bisher kein offenes Ohr für die Bedenken der Experten gehabt. Er argumentiert, dass mit dem Board vor allem mehr Transparenz geschaffen werde.

Bisher habe jedes Krankenhaus eigene Verhandlungen mit den Pharmafirmen geführt, die zudem völlig intransparent abgelaufen seien. Außerdem würden nur fachkundige Vertreter aus den Bereichen Humanmedizin und Pharmazie im Gremium sitzen, das nur Empfehlungen aussprechen könne. Die Letztentscheidung bezüglich der Arzneimittel liege weiterhin beim behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin bzw. beim Spital. Kommenden Freitag wird die Geschäftsordnung des Bewertungsboards in der sogenannten Zielsteuerungsgruppe zwischen Bund und Ländern abgesegnet.

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