Jeder 3. Fall tödlich

Japan: Warnung vor „fleischfressenden“ Bakterien

Wissenschaft
21.06.2024 14:33

In Japan wurde im ersten Halbjahr ein sprunghafter Anstieg von Infektionen mit einem „fleischfressenden“ Bakterium, das ein Streptokokken-induziertes toxischen Schocksyndroms (STSS) auslöst, gemeldet. Bis dato seien bereits mehr als 1000 Erkrankungen, registriert worden. Das sei der höchste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1999.

„Die Bakterien sehen aus wie eine Reihe von runden Pilzen“, erläutert Yukihiro Kaneko von der Osaka Metropolitan University am Donnerstag. Es gebe zwei Hauptformen der Infektion. „Die häufigste ist eine Art Rachenerkrankung, die Pharyngitis, die vor allem bei Kindern auftritt. Dann gibt es die fulminante (schwere, plötzliche) Form der Krankheit“, die für ein Drittel der Patienten tödlich endet, so der Mediziner.

Derzeit sei eine Zunahme beider Formen zu beobachten, aber „besonders schwerwiegend ist die fulminante Form“, das STSS, das innerhalb von 48 Stunden zum Tode führen könne, so Kaneko. Daran seien alleine bis 2. Juni in Japan mehr als 77 Menschen gestorben. Thailand hat deshalb sogar eine Reisewarnung für Japan ausgesprochen.

Experte sieht ein globales Problem
In schweren Fällen lösen die weit verbreiteten Erreger (die Streptokokken), die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden, die „fleischfressende“ nekrotisierende Fasziitis aus. Experte Kaneko warnte auch davor, dass es sich um ein globales Problem handelt. „Diese Infektion ist weltweit weit verbreitet, insbesondere in Großbritannien.“ Japan so nur etwas später dran, so der Mediziner.

Was sind Streptokokken?

Streptokokken sind eine Bakterien-Art, die vor allem Schleimhäute befällt. Sie können verschiedene Krankheiten auslösen. Viele Streptokokken-Arten sind für erwachsene, gesunde Menschen harmlos oder verursachen relativ harmlose Erkrankungen, wie Rachenentzündung oder Scharlach. Einige Stämme können aber auch gefährliche – im schlimmsten Fall sogar tödliche – Erkrankungen und Komplikationen auslösen.

Ken Kikuchi, ein Experte für Infektiologie an der Tokyo Women’s Medical University erklärte in einem Interview mit der Zeitung „The Japan Times“, er befürchte, dass es heuer zu bis zu 2500 Infektionen allein in Japan kommen könnte. Warum dieses Syndrom dort derzeit gehäuft auftritt, weiß man noch nicht genau.

Nachwirkung der Corona-Pandemie?
„Wahrscheinlich ist es so, dass sich unser Immunsystem durch die Covid-Pandemie, Social Distancing, Masken und verstärkte Hygiene-Maßnahmen über die vergangenen drei, vier Jahren weniger mit Streptokokken auseinandersetzen musste und deshalb etwas anfälliger ist“, mutmaßt der Leiter der Abteilung Infektiologie an der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Freiburg, Siegbert Rieg.

Laut Angaben von Experten des Centers for Disease Control and Prevention (CDC), einer Behörde des US-Gesundheitsministeriums, ist unklar, wie sich fast die Hälfte der Erkrankten tatsächlich angesteckt hat. Auch der starke Anstieg der STSS-Fälle in Japan – sie sind laut Angaben des japanischen Gesundheitsministeriums auf einem Rekordniveau – zu diesem Zeitpunkt sei unklar.

Auch als „Tamponkrankheit“ bezeichnet
In den Jahren 2022 und 2023 hatte es auch in Europa, Nordamerika und Australien gehäufte Infektionen mit Streptokokken vom Typ A gegeben, die das STSS auslösen können. Umgangssprachlich ist das Syndrom auch als sogenannte Tamponkrankheit bekannt, da es in einem Großteil der Fälle im Zusammenhang mit der Benutzung von Tampons während der Menstruation auftritt.

Fallzahlen auch in Europa steigend
Auch in Europa scheint die Zahl der Fälle zu steigen. Im Dezember 2022 meldeten Frankreich, Irland, die Niederlande, Schweden und Großbritannien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Anstieg von Infektionen mit invasiven Streptokokken vom Typ A. Kinder unter zehn Jahren waren am stärksten davon betroffen.

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