Vor 100 Jahren verloren in Enzenreith im Bezirk Neunkirchen 29 Bergleute ihr Leben, über 30.000 Menschen waren beim Begräbnis. Am Samstag gedenkt man dem größten Grubenunglück in der Geschichte Österreichs.
Es war eine Kombination aus menschlichem Versagen, falschen Entscheidungen und gravierenden Mängeln, die am 26. Juni 1924 in den Harter Kohlenwerken 29 Bergleuten das Leben kostete. Denn jener Stollen, in dem sich die Tragödie abspielte, war kurz zuvor noch gesperrt gewesen, nachdem ein Kumpel dort bei lebendigem Leib verbrannt war.
Doch die Bergwerksleitung stellte nichts Verdächtiges fest, übersah dabei aber – trotz mehrerer Hinweise darauf – einen Rohrbruch in der Lüftungsleitung. Durch dieses Loch blies der Kompressor nicht Frischluft, sondern das giftige Kohlenmonoxid in die Stollen.
Sirenen heulten
Als gegen Mittags die Sirenen heulten, war vielen bereits klar, dass etwas Schreckliches passiert sein muss. Helfen konnte man aber kaum. Denn das Bergwerk besaß aus Kostengründen nur fünf Atemschutzgeräte, mit denen zudem nur drei Männer umgehen konnten. Dazu gab es gravierende Kommunikationsprobleme, wodurch es nicht möglich war, Hilfe von benachbarten Bergwerken herbeizurufen.
Als die ersten Förderkörbe mit den Opfern ans Tageslicht kamen, lagen sich die herbeigeeilten Arbeitskollegen, Frauen, Mütter und Kinder weinend in den Armen. Insgesamt hinterließ die Tragödie 59 Waisen und Halbwaisen, 40 davon waren jünger als 14 Jahre. Besonders tragisch war der Fall der Familie Spruzina. Vater Franz begab sich selbst in höchste Gefahr, um seine Söhne Karl und Wenzel zu retten. Er hatte beide gepackt, verlor auf der Leiterfahrt aber selbst das Bewusstsein. Die Rettungsmannschaft schaffte es nicht, die drei zu trennen und konnte die Toten nur so nach oben bringen, wie sie sie gefunden hatte: Den Vater, der die Arme schützend um seine Söhne legte.
Bereits kurz nach dem Drama forderten die Arbeiter eine umfassende Untersuchung und die Bestrafung der Schuldigen. Schließlich offenbarte dieses die großen Sicherheitsmängel des Bergwerks. „Solche Verbrechen dürfen künftig nicht ungesühnt bleiben“, hieß es damals.
Drei Tage später wurden die Opfer im Beisein von mehr als 30.000 Menschen am Bergfriedhof beerdigt. Am Samstag gedenkt man diesen ab 10 Uhr in der Christkönigskirche in Gloggnitz.
Heutzutage ist die Feuerwehr bestens gerüstet, um auch unter der Erde für Sicherheit zu sorgen, wie sich beim Bau des Semmeringbasistunnels zeigt. Entsprechend optimiert für Einsätze unter Tage ist auch die Ausrüstung. So gibt es beispielsweise für den Einsatz abseits der Gleise ein beidseitig steuerbares E-Auto mit Allradlenkung, das dank Radarsensoren selbst im dichten Rauch Gefahren erkennt. In eingerichteten Rettungscontainern reicht der Sauerstoff für Tunnelarbeiter insgesamt 24 Stunden. Spezielle Schallortungsgeräte sind fixer Bestandteil im Katastrophenhilfsdienst, die Mannschaft für die Ortung Verschütteter speziell geschult.
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