Wirtschaftskrise, Spekulanten, Herrenmenschen – Liebe und ein Reigen der Bosheiten. Richard Maynau macht bei den Aistfestspielen in der Bruckmühle in Pregarten die „Geschichten aus dem Wiener Wald“ zum topaktuellen Drama, das ein Laienensemble beachtlich in Szene setzt.
Es ist bald 100 Jahre her, als Ödön von Horváth seine „Geschichten aus dem Wiener Wald“ verfasste. Ihm gelang damit nicht nur ein Porträt der „armen Leut‘“ in der damaligen Wirtschaftskrise, sondern er zeigt schonungslos ein Abdriften in Egoismus und Faschismus auf dem Nährboden des Patriarchats: Marianne sucht die wahre Liebe, die sie im Spekulanten Alfred findet – zumindest glaubt sie das. Kaum ist ein Kind da, entgleitet alles, die Brutalität der Abstiegsgesellschaft und der eigenen Familie schlägt zu, bis es ein (unschuldiges) Opfer gibt.
Horváth pur funktioniert bestens
Horváths Klassiker ist topaktuell, dazu braucht man ihn nicht verändern. Das hat Richard Maynau, Intendant der Aistfestspiele und Regisseur, richtig erkannt. Er stutzt zwar den langen Text auf ein gutes Maß zusammen. Zugleich entwickelt er eine dichte Szenenabfolge für den Freibereich in der Bruckmühle in Pregarten. Er kommt mit wenigen Requisiten aus, bei Regen kann also rasch indoor weitergespielt werden.
Gutes Tempo, dichte Szenen
Das Ensemble besteht aus Laienschauspielern aus sieben Theatergruppen der Region. Und es profiliert sich mit einer beachtlichen schauspielerischen Gesamtleistung, auch sind alle dem Tempo und der schwierigen Sprache gewachsen.
Fritz Renhart ist ein überzeugender Zauberkönig und Vater, dessen Liebe zur Tochter in den Ereignissen zermahlen wird. Authentisch entwickelt Alexandra Kloiber – die einzige Profi-Schauspielerin – die Rolle der Marianne, die sich nach Liebe und Glück sehnt, sich emanzipiert und dann besonders hart fällt.
Grandios ist Gabriel Tober-Kastner als Alfred, den er als melancholisches Schlitzohr charakterisiert. Weiters u.a. Christian Heinzelreiter, Lukas Auberger, Annemarie Lettmayr, Herta Hemmelmayr. Auch dezente Live-Musik, die das Volksstück passend färbt, ist dabei.
Anspruchsvoll, unterhaltsam, berührend! Spieltermine gibt es bis 21. Juli.
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