Malort Dornbirn

Ein kreativer Ort ohne Leistungsdruck

Vorarlberg
23.06.2024 14:25

Elementarpädagogin Isabella Außerer (34) hat einen Malort nach Arno Stern in Dornbirn eröffnet. Die „Krone“ hat sie besucht, um mehr über diesen besonderen Platz zu erfahren.

Wir leben heutzutage in einer Leistungsgesellschaft. Alles wird bewertet und beurteilt. Das beginnt schon im Kindesalter. Umso wichtiger sind Orte, die frei von Bewertungen bleiben.

Als die ausgebildete Elementarpädagogin Isabella Außerer vor ein paar Jahren von Arno Sterns Malort-Konzept erfahren hat, war sie auf Anhieb begeistert. „In einem Malort kann jeder Mensch ohne Beurteilung malen. Mich fasziniert diese Haltung“, erzählt sie. 2016 reiste sie nach Paris und absolvierte eine zweiwöchige Ausbildung bei Stern. Damals war er bereits 92 Jahre alt. „Es war unglaublich, mit welchem Elan er uns sein Lebenswerk erklärt hat“, schwärmt Isabella von dem heute 100-jährigen Pionier.

Isabella Außerer (Bild: zvg/Ludwig Bechtold)
Isabella Außerer

1950 rief Arno Stern im Pariser Viertel Saint-Germain den ersten Malort ins Leben. Hier entwickelte er seine Theorie über ursprüngliche Ausdrucksformen. Um weitere Forschungen zu betreiben, reiste Stern durch die ganze Welt und ließ Menschen malen. Er stellte fest, dass alle Kinder eine ähnliche Entwicklung durchlaufen: Aus Punkten („Punktili“) und endlosen Drehbewegungen („Giruli“) werden Erstfiguren, Strahlen und Grätenfiguren und schließlich Bild-Dinge – ein Haus, ein Mensch, ein Tier. So entwickelte er seine Theorie einer zeichnerischen Ursprache, die von unserer vorgeburtlichen organischen Erinnerung gespeist werde. 

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Die Lust zu Malen liegt in jedem Menschen begründet. Der geschlossene und sichere Raum vermittelt Geborgenheit und lässt die natürliche Spur des Menschen entstehen.

Isabella Außerer

Ein geschützter Raum für die natürliche Spur
Aber warum kann man nicht einfach Zuhause ein Blatt Papier nehmen und einfach loszeichnen? Was ist in einem Malort das Besondere? „Malorte nach Arno Stern müssen einige Kriterien erfüllen – so gibt es keine Fenster, um vor Ablenkung und Beobachtung geschützt zu sein“, erklärt Außerer. In der Mitte steht ein Palettentisch mit 18 Farben und je drei Pinseln. Isabella Außerer als „Malortdienende“ mischt Farben, wäscht Pinsel und ist für die Bedürfnisse der Malenden da. „Man wird als Person gesehen und begleitet, während man komplett ins Malen eintaucht.“ Die Teilnehmer zeichnen als Individuum und sind doch Teil einer Gruppe, es entsteht ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. „Die Lust zu Malen liegt in jedem Menschen begründet. Der geschlossene und sichere Raum vermittelt Geborgenheit und lässt die natürliche Spur des Menschen entstehen“, berichtet die 34-jährige Mutter weiter. Sich einfach der Kreativität und dem Fluss hinzugeben, ohne etwas Nachhaltiges erzeugen zu müssen, habe zudem etwas sehr Entspannendes. „Man spricht nicht über die Bilder. Sie bleiben bei mir und werden archiviert. Nach den 90 – oder bei Kindern 45 – Minuten ist die Handlung abgeschlossen.“ Es gehe nur um den Moment, in welchem man mit sich selbst und seinem Inneren in Verbindung trete. „Das freie Malen tut der Seele einfach sehr gut.“

(Bild: zvg/Ludwig Bechtold)
(Bild: zvg/Ludwig Bechtold)
(Bild: zvg/Ludwig Bechtold)

Beratungstätigkeit statt Kindergarten

Menschen jeden Alters können einen Malort besuchen. Vom Kleinkind bis zum Senior trifft man sich in fixen Gruppen wöchentlich in Dornbirn. „In schulischen Einrichtungen wird man benotet. Im Malort ist alles richtig, was den Selbstwert fördert“, erklärt Außerer. Für sie als Elementarpädagogin war die Begegnung mit der Familie Stern, wie eine „Zellerneuerungsdusche“: „Es geht über das Malen hinaus, mich inspiriert diese wertfreie Einstellung zum Menschen und das Vertrauen in unsere Kinder.“ Da diese Haltung leider kaum in Bildungseinrichtungen gelebt werde, stand sie eine Zeit lang im Konflikt mit ihrem erlernten Beruf. Heute ist sie nicht mehr im Kindergarten tätig, sondern berät Eltern als Lebens- und Sozialberaterin, gibt Workshops und hält Vorträge. „Man sollte mehr auf die Bedürfnisse unsere Kinder schauen und nicht nur ihr Verhalten reglementieren. Das möchte ich in die Welt bringen.“

Malort am Fischbach
Dr. Anton Schneider Straße 28 B/B 
Dornbirn 

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