Gernot Trauner verließ das Berliner Olympiastadion am Freitagabend mit „gemischten Gefühlen“. Der Abwehrroutinier hatte Österreich im EM-Schlüsselspiel gegen Polen (3:1) früh in Führung geköpfelt, musste aber in der zweiten Hälfte mit einer Muskelblessur im Oberschenkel vorzeitig vom Platz.
Nun wackelt sein Einsatz am Dienstag im Gruppenfinale ausgerechnet gegen seine Wahlheimat Niederlande. „Wir schauen, dass wir das so schnell wie möglich wieder hinbekommen“, sagte Trauner.
Am Samstag standen Untersuchungen und Therapien auf dem Programm. Und es blieb Zeit zur Reflexion. „Es war ein sehr, sehr wichtiges Tor. Das wird mir immer in Erinnerung bleiben“, versicherte der Innenverteidiger. Bisher hatte er im Nationalteam nur in einem vergleichsweise bedeutungslosen Test im November 2020 gegen Luxemburg (3:0) getroffen. Nun jubelte er vor den Augen seiner gesamten Familie. „Es macht mich überglücklich, dass sie dabei waren und das mit mir teilen können auf ewig.“
„Ich habe kein einfaches Jahr hinter mir“
Bei Feyenoord hatte der dreifache Vater im Saisonverlauf mit Oberschenkel-, Rücken- und Knieproblemen zu kämpfen. „Ich habe kein leichtes Jahr hinter mir. Ich habe richtig hart gearbeitet“, schilderte Trauner, der mit 32 Jahren seine erste EM bestreitet. „Ich bin froh, dass ich jetzt da bin. Dass ich es dann mit einem Tor krönen kann, ist überragend. Wegen der Verletzung sind es aber ein bisschen gemischte Gefühle.“
Ein Spiel gegen die Niederlande hätte für Trauner besonderen Stellenwert. Bei Feyenoord ist er nicht nur Kapitän, sondern auch Publikumsliebling. Mit dem Traditionsclub stand er im Finale der Europa Conference League (2022), war Meister (2023) und Cupsieger (2024). „Kale Kletser“, den kahlköpfigen Redner, aber auch den „Apotheker“ nennen ihn die Fans liebevoll. „Die sind da sehr kreativ“, lächelte der Oberösterreicher.
„Es ist kein Spiel wie jedes andere“
Mit Rechtsverteidiger Lutsharel Geertruida und Ersatzgoalie Justin Bijlow stehen zwei Feyenoord-Kollegen im niederländischen EM-Kader. „Es ist kein Spiel wie jedes andere“, sagte Trauner. „Ich lebe in dem Land, ich bekomme das alles nah mit.“ Das Nationalteam sei in den Niederlanden sehr präsent. „Die leben den Fußball, das wird spannend. Ich hoffe, dass ich aktiv mithelfen kann. Ansonsten werde ich auf der Bank die Daumen drücken.“
In der Turniervorbereitung hatte Trauner bereits mit Problemen mit dem Iliosakralgelenk (ISG) zu kämpfen. Teilweise musste er wie während der Saison bei Feyenoord tageweise mit dem Training aussetzen, um seinen Körper nicht zu überlasten. Teamchef Ralf Rangnick wartete bis zur letztmöglichen Nennfrist zu, ob er den Routinier tatsächlich zur EM mitnehmen soll – er sollte belohnt werden.
Schon als er im Auftaktspiel gegen Frankreich (0:1) nach knapp einer Stunde für Eigentorschütze Maximilian Wöber ins Spiel gekommen war, gab Trauner dem ÖFB-Spiel Stabilität. Neben seinem Kopfballspiel und seiner Zweikampfstärke schätzen seine Kollegen auch seine Übersicht im Spielaufbau. „Die Ruhe am Ball zeichnet ihn aus“, meinte Nebenmann Philipp Lienhart. „Es macht Spaß mit ihm. Er gibt der Mannschaft sehr, sehr viel.“
Kein Einserduo
Ein klares Einserduo gibt es ohne den verletzten David Alaba im Abwehrzentrum derzeit nicht. Alle Innenverteidiger im ÖFB-Team würden gut harmonieren, betonte Trauner. „Es ist sehr wichtig, dass man sich auf mehrere Spieler verlassen kann.“ Er selbst wolle seinen Teil beitragen. „Ich versuche, dem Spiel von hinten ein bisschen Struktur zu verleihen, besser durch die Reihen zu spielen und da meine Stärken einzubringen.“
Die langen Bälle der Polen habe man gut im Griff gehabt. Zudem habe man ein gutes Trainerteam, das auf das Spiel einwirken könne. „Das ist uns eine große Hilfe.“ Das gilt auch für die knapp 25.000 Anhänger, die das ÖFB-Team in Berlin unterstützten. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn so viele Fans da rauffahren und eine Riesenparty machen“, sagte Trauner. „Es freut uns, dass wir so eine Euphorie entfachen können. Das macht einen schon sehr stolz.“
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