Theater fürs Programmkino? Ausführlichst wird in der letzten Festwochen-Produktion über ein gefälschtes Gemälde von Mark Rothko diskutiert. Diese Endlos-Debatte im Halbdunkel eines China-Restaurants lässt sich allerdings nur als Live-Film erleben.
Das Stück heißt tatsächlich „Rohtko“, nicht „Rothko“ wie der 1970 verstorbene lettisch-amerikanische Malerfürst. Denn falsch war auch das Bild, das 2008 8,3 Millionen Dollar erbrachte: Ein Chinese hatte es in seiner New Yorker Garage gemalt, und es war großartig. Die sich daraus ergebende Debatte über die Relativität des Originals bis zu den Auswirkungen der KI hätte fraglos einen interessanten Essay ergeben. Auch würde das Schelmenstück einen einaktigen Schwank tragen, Yasmina Reza hat das mit „Kunst“ vorgezeigt.
Lukasz Twarkowskis lettisches Projekt nimmt sich aber aus, als wäre Reza im Gefolge eines Geschwätzigkeitskrampfs in die Endlosschleife gefallen. Vier Stunden lang debattieren die Schauspieler kaum sichtbar im Halbdunkel eines chinesischen Restaurants, werden dabei aber mit allen filmischen Finessen auf eine bühnenbreite Videowand übertragen.
Das ist teils amüsant und anregend, beantwortet aber nie die Frage nach dem Bühnennutzen: Weshalb hat man nicht gleich einen Film gedreht? Und in welchem Programmkino der Welt fände sich ein Publikum, das vier Stunden in lettischer Sprache mit Übertiteln und Gesichtsmikrofonen in Großaufnahme sehen wollte?
Ein Stilzwitter also. Rothko selbst tritt arg klischiert auf. Solch einen röhrenden Genie-Imitator mit blasser Schattengattin sollte heute jemand in Hauptmanns „Michael Kramer“ oder Ibsens „Wenn wir Toten erwachen“ auf die Bühne zu bringen wagen! Aber dem Publikum hat es gefallen.
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