Bei einer Konferenz am Wolfgangsee stimmen sich 350 ÖVP-Funktionäre auf den Nationalratswahlkampf ein. Nach der Schlappe bei der EU-Wahl soll im Herbst Platz eins zurückerobert werden – die Mehrheit wolle Nehammer und nicht Kickl als Kanzler, ist der Innviertler ÖVP-Klubchef August Wöginger überzeugt.
„Krone“: Worauf wollen Sie die Funktionäre beim inoffiziellen Wahlkampfauftakt heute und morgen hintrimmen?
August Wöginger: Wir stimmen uns ein auf die kommenden Wochen und Monate bis zur Wahl am 29. September. Wir wollen auf allen Ebenen – Ortsparteien, Bürgermeister, Bezirke – einen Plan aufstellen, was zu tun ist. Es wird eine Art Generalmobilisierung.
Haben Sie das Gefühl, dass die türkise Basis nach den herben Verlusten bei der EU-Wahl noch motiviert ist, um jede Stimme zu laufen?
Absolut! Der Abstand zur FPÖ war ja sehr gering (FPÖ 25,4%, ÖVP 24,5%, Anm.), das hätten uns viele nicht zugetraut. Ich spüre es auch im eigenen Bezirk, dass da ein Ruck durch die Reihen geht. Alle glauben daran, dass wir den Rückstand aufholen können.
Mit welchen Inhalten soll das gelingen? Themen aufzugreifen, die traditionellerweise von der FPÖ besetzt sind, war ja nicht so erfolgreich.
Es geht um die Frage: Wer soll Bundeskanzler sein? Da ist eine klare Mehrheit für Karl Nehammer. Extrempositionen, wie sie etwa Herbert Kickl (FPÖ-Chef, Anm.) vertritt, werden vom Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Außerdem sind wir die einzige Partei, die mit dem Österreich-Plan einen umfassenden Plan für alle Lebensbereiche vorgelegt hat.
Gewessler hat mit ihrem Ja zum Renaturierungsgesetz Verfassungsbruch begangen – das ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Rechtsbruch.
ÖVP-Klubchef August Wöginger zum grünen „Sündenfall“
Wer ist denn eigentlich aktuell das größere Feindbild der ÖVP? Herbert Kickl oder Ministerin Leonore Gewessler von den Grünen?
Gewessler hat mit ihrem Ja zum Renaturierungsgesetz Verfassungsbruch begangen – das ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Rechtsbruch. Wir wollen aber kein Chaos, kein Spiel der freien Kräfte im Parlament. Wir wollen, dass es geordnet weitergeht.
Ob es sich um einen Rechtsbruch handelt, wird sich erst zeigen. Politisch betrachtet: War die Reaktion der ÖVP – mit Klage, Anzeige und der Verweigerung der schwarzen Landesräte, sich mit ihr zu treffen – nicht ein wenig überschießend?
Nein, überhaupt nicht. Denn auch inhaltlich spricht viel gegen das Renaturierungsgesetz: Alle Bundesländer waren zunächst dagegen. Die Finanzierungsfrage ist noch völlig offen. Was wird überhaupt von den einzelnen Mitgliedsstaaten verlangt? Was ist mit der Land- und Forstwirtschaft? Es ist ein Bürokratiemonster, das nicht durchdacht ist. Die Gemeinden werden heillos überfordert sein. Wenn jeder Minister tut, was er will, gibt es keine Koalition.
Die SPÖ hat Probleme, sich intern anzunähern, wenn man die Diskussion betrachtet, die Hans Peter Doskozil am Wochenende lanciert hat. Bablers Themen sind aus der kommunistischen Mottenkiste.
ÖVP-Klubchef August Wöginger zum Thema Koalition mit der SPÖ
Auch die ÖVP fährt aber auf EU-Ebene immer wieder einen anderen Kurs als der grüne Koalitionspartner – Stichworte Verbrennermotor oder Migration.
Das ist aber etwas anderes. Beim Renaturierungsgesetz ist direkt ein anderes Ressort betroffen, nämlich das Landwirtschaftsministerium. Minister Norbert Totschnig hat nein zum Gesetz gesagt, Gewessler hat trotzdem zugestimmt.
Weil Sie zuvor von Koalition gesprochen haben: Wenn es mit Kickl und Gewessler nicht geht, nähert sich die ÖVP dann jetzt SPÖ-Chef Andreas Babler an?
Die SPÖ hat Probleme, sich intern anzunähern, wenn man die Diskussion betrachtet, die Hans Peter Doskozil am Wochenende lanciert hat. Linksextremismus ist genauso schlecht wie Rechtsextremismus. Und Bablers Themen sind aus der kommunistischen Mottenkiste.
Mit wem soll die ÖVP dann überhaupt noch koalieren?
Jetzt ist es einmal wichtig, die Wahl zu gewinnen. Und da liegt in der direkten Kanzlerfrage Nehammer weit vor Kickl.
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