Keine Obergrenze mehr

Tiroler Transit-Drama: Slot-System als „Einileger“

Tirol
25.06.2024 11:00

Lkw, die digital Zeitfenster für die Durchfahrt buchen: Das soll Tirol in der Transitfrage gegen die Angriffe der Nachbarn helfen. Ohne gleichzeitige Lkw-Obergrenze sei dies ein gefährlicher „Einileger“, warnt Fritz Gurgiser, Anti-Transitkämpfer der ersten Stunde.  

Buchbare Zeitfenster für Transit-Lkw bei der Durchfahrt durch Tirol: Dieses Modell für den Tiroler Lkw-Transitverkehr propagiert die Landesregierung seit dem Frühjahr 2023. Nach einem Besuch im Hamburger Hafenterminal ist LH Anton Mattle überzeugter denn je, dass es auch am Brenner funktioniert – und gleichzeitig die Nachbarn Italien und Bayern besänftigt, die wegen der Tiroler Maßnahmen zur Verhinderung von noch mehr Verkehrschaos Stress machen: Blockabfertigung, Nachtfahrverbote, Sektorale Fahrverbote – alle müssen weg, wenn es nach dem Willen des italienischen Lega-Verkehrsministers Matteo Salvini geht.

Staatsvertrag in weiter Ferne
Seit dem Dreier-Gipfel in Kufstein 2023 mit LH Mattle, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) hat sich nicht viel getan. Es braucht einen Staatsvertrag zwischen Deutschland, Österreich und Italien – und der ist in weiter Ferne.

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Das digitale Verkehrsmanagementsystem würde die rund 400 Kilometer lange Strecke zwischen München und Verona für die Transportwirtschaft planbarer machen, Staus reduzieren und damit die Bevölkerung und die Umwelt entlasten.

(Bild: Christof Birbaumer)

Verkehrslandesrat René Zumtobel

„Versuch, 2,5 Millionen Lkw zu fixieren“
Für Tirols Anti-Transitkämpfer Fritz Gurgiser  hat sich am Befund auch nach LH Mattles Besuch im Hamburger Hafen nichts geändert: „Noch nie in der langen Transitgeschichte Tirols hat es einen eindeutigeren Versuch gegeben, die bestehenden 2,5 Millionen Transit-Lkw pro Jahr am Brenner zu zementieren. Es geht nicht um eine Entlastung Tirols, sondern darum, die letzten Reserven der Strecke für den Lkw-Transit herauszupressen.“

Anti-Transitkämpfer Fritz Gurgiser (Bild: Birbaumer Christof)
Anti-Transitkämpfer Fritz Gurgiser

Die Potenzialanalyse eines bayerischen Planungsbüros im Auftrag der Südtiroler Landesregierung hat laut Gurgiser genau das zum Ziel und will den Lkw-Verkehr am Brenner „entzerren“, ohne eine zahlenmäßige Obergrenze zu nennen.

Nachtfahrverbot aufweichen
„Brandgefährlich für Tirol“ sei auch der skizzierte Ansatz, „nach dem Lkw-Nachtfahrverbot und Blockabfertigung gekillt werden sollen, damit die Kapazität in der Nacht transitkonform aufgestockt werden kann – wie es ja von Frächtern nördlich und südlich des Brenners immer wieder verlangt wird. Ein kapitaler Kniefall vor der Frächterlobby“, sagt Gurgiser dazu.

Kein Wort mehr über eine Million Lkw 
Die Verpflichtung der EU, den Umwegverkehr im Alpenraum zu vermeiden oder eine bessere Verkehrsverteilung zu erzielen, würden ignoriert. Gurgiser: „Vollständig absurd einerseits, transittauglich andererseits wird es, wenn nun ausgerechnet der Tiroler Landeschef kein Wort mehr verliert über das Ziel von einer Million Transit-Lkw pro Jahr, sondern sich blind in die ,Pro-Transit-Falle‘ hat locken lassen und immer noch nicht merkt, wie er missbraucht wird.“

„An gewissen Tagen Lkw-Transit steuern“
Verkehrs-LR René Zumtobel hält trotz der massiven Kritik am Vorhaben fest: „Das digitale Verkehrsmanagementsystem würde die rund 400 Kilometer lange Strecke zwischen München und Verona für die Transportwirtschaft planbarer machen, Staus reduzieren und damit die Bevölkerung und die Umwelt entlasten. Mit den vorgegebenen Zeit-Slots könnten wir insbesondere an starken Reisetagen oder bei Baustellen den Lkw-Transit steuern und damit Verkehrsbehinderungen vermeiden. Vom neuen EU-Verkehrskommissariat erhoffe ich mir für dieses europaweit erstmalige Pilotprojekt Unterstützung, schließlich will auch die EU ihre selbst gesteckten Klima- und Verkehrsziele erreichen.“

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