Eine Mutter und ihrer Tochter teilen sich die Anklagebank im Wiener Landesgericht: „Meine Mutter hat mich um Hilfe gebeten“, erklärt die 20-Jährige – die ihre Mama bei Geldübergaben nach Kautionstricksereien begleitete. Nun fassen beide Gefängnisstrafe aus.
Beide in Weiß, beide dunkelblonde Haare – als die zwei Polinnen nebeneinander auf der Anklagebank im Wiener Landesgericht Platz nehmen, sieht man erst, wie ähnlich die beiden sich wirklich schauen. Sie sind Mutter und Tochter, müssen sich gemeinsam einem Betrugsprozess stellen. Als Abholerinnen waren sie für eine Kautionstrickbande in ihrer Heimat tätig.
„Rechtsanwalt Dr. Fischer“ und „Staatsanwalt Dr. König“
Groß ausholen muss der Oberstaatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer gegen die zwei Frauen nicht mehr, denn der Polizei- und auch Kautionstrick ist in Österreich den meisten durch Medienberichten bekannt. Im Fall der angeklagten 42-Jährigen und ihrer 20-jährigen Tochter, wurden vor allem betagte Pensionisten aus einem polnischen Callcenter angerufen, informiert, dass ein Verwandter einen vermeintlichen Unfall hatte – es müsste Kaution gezahlt werden.
Bei allem Respekt, Sie setzten ihre Tochter einer massiven Straftat aus, nur, weil Sie nicht alleine fahren wollen?
Richter Andreas Hautz hat wenig Verständnis für die angeklagte Mutter.
Unter den falschen Namen „Rechtsanwalt Dr. Fischer“ und „Staatsanwalt Dr. König“ überzeugten die Anrufer die Opfer, Bargeld und Schmuck für eine Übergabe bereitzuhalten. Und da kam das Mutter-Tochter-Gespann ins Spiel. „Aber warum nehmen Sie ihre Tochter mit?“, wirft der Richter der 42-Jährigen vor. „Ich wollte nicht alleine fahren, deswegen hab‘ ich sie mitgenommen“, weint die Mutter bei ihrer Aussage – und auch der 20-Jährigen kommen die Tränen. Richter Andreas Hautz hat dafür wenig Verständnis: „Bei allem Respekt, Sie setzten ihre Tochter einer massiven Straftat aus, nur, weil Sie nicht alleine fahren wollen?“
Die Entscheidung über die Schuld nehmen die zwei Polinnen dem Schöffensenat ab. „Ja, es ist so richtig. Sie sind nach Österreich gekommen, weil sie Geldprobleme hatten. Sie bekennen sich schuldig“, nimmt ihr Verteidiger Philipp Winkler zu Beginn des Prozesses gleich vorweg. 210.200 Euro in Bargeld und Schmuck kassierten die Angeklagten von Pensionisten ein, erhielten davon jedoch nur einen kleinen Bruchteil. Bei weiteren Angriffen blieb es beim Versuch.
Haftstrafen für Mutter und Tochter
Wegen gewerbsmäßig schwerem Betrug und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung fasst das Mutter-Tochter-Duo schließlich Haftstrafen aus: Die 42-Jährige muss drei Jahre ins Gefängnis, ihre Tochter wird zu zwei Jahren teilbedingt verurteilt – davon acht Monate fest. Vor Gericht unterstreicht sie nämlich ihre völlig untergeordnete Rolle: „Meine Mutter hat mich um Hilfe gebeten. Ich ab mir gar nichts dabei gedacht. Ich wollte ihr einfach helfen.“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.