Infrastruktur bedroht

Island: Vulkanausbrüche könnten Jahrzehnte dauern

Wissenschaft
26.06.2024 17:08

Die jüngsten Vulkanausbrüche auf Island könnten einer internationalen Studie zufolge noch Jahrzehnte andauern. Die am dichtesten besiedelte Region des Landes sowie die lebenswichtige Infrastruktur ist dadurch möglicherweise noch längerfristig bedroht.

Das sich wiederholende Muster von Ausbrüchen und Ruhezeiten wird sich der Studie zufolge wohl noch über Jahrhunderte erstrecken, aber die derzeitige Ausbruchsserie eher über Jahre oder Jahrzehnte, berichten die Forscher im Fachblatt „Terra Nova“. 

Im Jahr 2021 begann die Ausbruchsserie auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten der Insel, nur rund 55 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavik. Allein seit Dezember vergangenen Jahres kam es zu fünf größeren Vulkanausbrüchen. Dabei strömte Lava aus länglichen Rissen in der Erde hervor, weshalb man diese Art von Ausbrüchen auch als Spalteneruption bezeichnet. Einige Häuser wurden dabei von Lava erfasst.

Zuletzt vor 800 Jahren vulkanisch aktiv
In der betroffenen Region lebt ein Großteil der Bevölkerung der Nordatlantik-Insel. Zudem liegen dort der einzige internationale Flughafen und mehrere geothermische Kraftwerke, die Warmwasser und Strom für das Land liefern. Zuletzt sei die Halbinsel vor knapp 800 Jahren vulkanisch aktiv gewesen, heißt es in der Studie.

Für ihre Untersuchung haben die Forscher Erdbebendaten der vergangenen drei Jahre ausgewertet und Lava-Proben von mehreren Orten genommen. Sie verglichen das flüssige Gestein, das an verschiedenen Orten aus der Erde strömte, in Bezug auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften. So wollten sie darauf schließen, ob es von der gleichen Magma-Kammer im Untergrund stammt oder von verschiedenen Kammern.

Zusammenhängendes Magma-System
Tatsächlich handelt es sich den Untersuchungen zufolge um Magma mit ähnlichen petrografischen Eigenschaften. Das lasse auf ein zusammenhängendes unterirdisches Magma-System schließen, schreiben die Wissenschaftler.

Zusammen mit den seismischen Daten kommen sie zu dem Schluss, dass es sich um eine moderat große Magma-Ansammlung in einer Tiefe von etwa neun bis elf Kilometern handelt, die sich über eine Breite von zehn Kilometern erstreckt. Herausgebildet habe sie sich zwischen den Jahren 2002 und 2020.

„Die Natur ist nie regelmäßig“
Das Forscherteam kommt zu dem Schluss, dass die aktuelle Ausbruchsserie der Beginn einer langen Episode sein könnte. Aber wie lange die Serie wirklich dauere, könnten sie nicht vorhersagen. „Die Natur ist nie regelmäßig“, sagte Koautor Ilya Bindeman, Vulkanologe und Professor für Geowissenschaften an der Universität von Oregon in den USA. „Wir wissen nicht, wie lange und wie häufig sie in den nächsten zehn oder gar hundert Jahren anhalten wird. Es wird sich ein Muster herausbilden, aber die Natur weist immer Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten auf.“

Island liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, also der tektonischen Plattengrenze, an der sich die nordamerikanische und die eurasische Platte auseinander bewegen. Deshalb kommt es auf Island häufig zu Vulkanausbrüchen, doch dauern die Ausbrüche der zentraler gelegenen Vulkane meist nur wenige Tage oder Wochen, so wie im Jahr 2010 der Ausbruch des Vulkangletschers Eyjafjallajökull. Die Spalteneruptionen hingegen können viel länger dauern.

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