„Krone“-Kommentar

Ich will mich nicht daran gewöhnen

Kommentiert für die „Krone“: Wien-Ressortleiter Michael Pommer

(Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)

Es ist erschreckend, woran wir gezwungen werden, uns zu gewöhnen.

Wir werden uns an die Horrormeldungen aus den Freibädern gewöhnen müssen, in denen die Jagd auf Frauen und Minderjährige eröffnet wird. Wie zuletzt durch Flüchtlinge in Traiskirchen. Die Täter? Bleiben auf freiem Fuß, als hätten sie im Supermarkt nur einen Apfel gestohlen. Und sie bleiben im Land.

Wir haben uns an die tägliche Messerattacke gewöhnt, die wir schreiben und Sie lesen. Das große Gemetzel als Alltagsmeldung, wie früher Ladendiebstähle oder Berichte über Straßenfeste. Viele Plätze werden zu No-go-Areas, frequentiert von Banden und Polizisten mit Stichschutzwesten. Ein Geschäft bei mir um die Ecke im 15. Bezirk verkauft Macheten, lang wie Schwerter, mit denen sich Forscher einen Weg durch den Dschungel von Borneo schlagen könnten. Ich sehe die Gestalten vor der Auslage, die sie betrachten – und es sind keine Botaniker.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass Anti-Terror-Poller traditionell zu Weihnachten gehören wie Lametta und Adventkalender. Christkindlmärkte werden verbarrikadiert, als wären sie Geheimdienstzentralen oder Munitionsdepots. Zwischen Lebkuchenherzen und Windlichtern patrouillieren Polizisten mit Maschinengewehren, die früher nur bei Razzien gegen die Drogenmafia zum Einsatz kamen.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Politik ihre Aufgabe, die Bevölkerung zu schützen, nicht wahrnimmt.

Ganz ehrlich: Ich will mich nicht daran gewöhnen und werde es nie.