Rene Schwarz:

„Es gibt immer etwas, für das sich kämpfen lohnt“

Oberösterreich
28.06.2024 16:00

Rene Schwarz ist seit seinem 17. Lebensjahr querschnittsgelähmt. 2004 gewann er bei den Paralympics in Athen dann die Silbermedaille. In den letzten Jahren musste er aber mit vielen Rückschlägen kämpfen. Die Lebensfreude hat er trotzdem nie verloren.

Sein Schicksal bewegte in der Vergangenheit Tausende Oberösterreicher: Seit einem tragischen Unfall in der Kindheit kann Rene Schwarz nicht mehr gehen. Seine Teilnahme bei den Paralympics im Jahr 2004 spendete er vielen Landsleuten mit ähnlichem Schicksal Kraft und neuen Lebensmut. Im Gespräch mit der „Krone“ blickt der 51-jährige Buchkirchner zurück und nach vorne.

„Krone“:Seit Sie 16 Jahre alt sind, sind Sie querschnittsgelähmt: Wie ist es dazu gekommen?

Rene Schwarz: Ich war damals, 1989, bei einer Silvesterparty und habe mich auf die Fensterbank gesetzt, während das Fenster offen war. Dort bin ich dann aus dem zweiten Stock fast acht Meter hinuntergefallen. Ich hatte aber Glück im Unglück, weil ein paar Zentimeter hinter meinem Kopf war eine Betonstufe. Wenn ich draufgeflogen wäre, wäre es für mich vorbei gewesen. Was danach passiert ist, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich im Krankenhaus aufgewacht bin. Die Ärzte haben mich sofort darüber informiert, dass ich durch den Unfall nie wieder laufen werde.

Rene Schwarz im Gespräch mit „Krone“-Redakteurin Anna Jaschek. Das Interview fand im Café Baroness in der Plus City statt. (Bild: © Harald Dostal / 2024)
Rene Schwarz im Gespräch mit „Krone“-Redakteurin Anna Jaschek. Das Interview fand im Café Baroness in der Plus City statt.

Wie haben Sie sich in dieser Zeit gefühlt, beziehungsweise wie schwer war die Umstellung für Sie?

In den ersten drei Wochen war es sehr schwer für mich. Vor allem, als ich realisiert habe, dass ich nie wieder Fußball spielen kann. Fußball war für mich mein Ein und Alles. Bis zu meinem Unfall habe ich sogar relativ gut gespielt. Ich war in der Oberösterreich-Auswahl und im Leistungszentrum des damaligen SK Voest. Mein Traum – oder besser mein Ziel – war eigentlich immer, Profi-Fußballer zu werden. Aber nachdem die ersten Wochen vergangen waren, habe ich mich immer mehr damit abgefunden. Es war irgendwie nicht mehr so schlimm für mich. Das habe ich vor allem meinen Freunden und meiner Familie zu verdanken. Sie waren sehr für mich da.

Wie sehen Sie diesen Unfall aus heutiger Perspektive?

Ich denke, es war Schicksal. Denn seltsamerweise habe ich vor der Party die Stereoanlage ausgesteckt. Das machten wir normalerweise nur, wenn wir länger nicht zuhause waren. Es ist, als hätte mein Unterbewusstsein im Vorhinein schon von dem Unfall gewusst.

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Fußball war mein Ein und Alles. Als ich realisiert habe, dass ich nie wieder spielen kann, war das schon schwer für mich.

Rene Schwarz

2004 haben Sie dann bei den Paralympics die Silbermedaille in der Leichtathletik erobern können. Wie sind Sie zu diesem Sport gekommen?

Direkt nach dem Unfall habe ich im Reha-Zentrum mit Tischtennis begonnen. Das war mir allerdings doch zu wenig Bewegung, deshalb habe ich mich für Basketball entschieden. Das österreichische Nationalteam ist aber leider zu schwach. Ich wollte aber schon immer im Sport etwas erreichen und es dann auch unbedingt zu den Paralympics schaffen, also habe ich mich später für die Leichtathletik entschieden. Mein Ehrgeiz hat sich dann auch schnell bezahlt gemacht. Ich war mehrfacher oberösterreichischer und zweifacher englischer Meister. Mein größter Erfolg war 2004 die Silbermedaille bei den Paralympics in Athen in der Disziplin Kugelstoßen.

Was war das für ein Gefühl, den zweiten Platz bei der Olympiade zu erreichen?

Es war einfach unbeschreiblich. Ich habe ja vier Jahre lang genau darauf hingearbeitet und -trainiert.

Waren Sie mit den Paralympics 2004 am Ziel Ihrer Träume – oder warum hat man danach nichts mehr von Ihnen gehört?

Ich war damals überzeugt, dass ich vier Jahre später in Peking bei den Paralympics auch dabei sein werde. Leider hat mir dann eine Schulterverletzung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Deshalb musste ich den Sport schweren Herzens aufgeben. Danach fiel ich in ein richtiges Loch hinein. Mich hat nichts mehr interessiert, und ich war nur noch vor dem Fernseher. Zum Glück unterstützte mich in der Zeit meine Frau sehr. Außerdem hat mich dann auch ein Bekannter gefragt, ob ich das Nationalteam im Rollstuhl-Rugby trainieren möchte. Diese Trainerkarriere hat mir wieder sehr aus meinem Loch herausgeholfen. Später war ich dann auch Rugby-Trainer in Italien. Das war mein großer Traum, der dann in Erfüllung gegangen ist. Als dann 2017 meine Tochter auf die Welt kam, habe ich meine Trainerkarriere vorläufig beendet. Nichts war für mich wichtiger als sie.

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Ich hatte in meinem Leben zwar schon viele Tiefschläge. Aufgeben war für mich aber trotzdem nie eine Option.

Rene Schwarz

Jetzt sind Sie aber wieder Trainer eines italienischen Rugby-Teams: Wie ist es denn dazu gekommen?

Ich hab’ mich vor zwei Jahren erneut ins Leben zurückkämpfen müssen, nachdem ich einen Bandscheibenvorfall hatte. Plötzlich konnte ich mich überhaupt nicht mehr bewegen. Auch heute habe ich davon noch Einschränkungen, aber zum Glück hat es sich stark gebessert. Das war aber ein weiterer Tiefpunkt in meinem Leben. In der Zeit war dieser italienische Verein an mir interessiert. Weil es mir schon einmal geholfen hat, habe ich mich dann dafür entschieden.

Jetzt haben wir schon sehr ausführlich über die Vergangenheit gesprochen: Wie geht es Ihnen heute?

Heuer im Jänner hatte ich dann auch noch einen Herzinfarkt. Jetzt habe ich dann fast alles durchgemacht, was es gibt. Ich habe jetzt noch ambulante Herz-Reha. Trotzdem geht es mir sehr gut. Ich habe alles, um glücklich zu sein: einen super Job, eine tolle Familie und eine sehr liebevolle Frau, die mich immer unterstützt. Außerdem muss ich niemanden mehr etwas beweisen, da ich schon erfolgreich war.

Zum Abschluss: Was wäre ein Tipp, den Sie Menschen geben würden, die gerade Ähnliches durchmachen?

Nie die Freude am Leben zu verlieren. Es gibt immer etwas, für das es sich lohnt, weiterzukämpfen.

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