Plötzlich geht es im Landgericht München nicht „nur“ wie an den ersten beiden Prozesstagen um vorsätzlicher Körperverletzung, sondern auch um Kokain. Und mittendrin sitzt LASK-Star Jérôme Boateng sowie eine Richterin, die das Verfahren zeitlich ausweitet. Offenbar mindestens bis12. August . . .
Als die Verhandlung am Freitag gegen Mittag wegen Baulärms im Saal gestört wurde, ließ Susanne Hemmerich den Prozess unterbrechen . . .
Obwohl ein Zeitverlust das Letzte ist, was die Richterin brauchen kann. Zumal sie schon zuvor wegen der von den Anwälten von Jérôme Boateng angekündigten Flut an Beweismittel, die die Anschuldigungen gegen den LASK-Star widerlegen wollen, weitere Prozesstage in den Raum gestellt und gemeint hatte: „Ich habe sogar meinen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand ab Ende August zurückgezogen, um das hier zum Ende zu bringen . . .“ „Bis zum bitteren Ende“, sagte sie später noch einmal.
„Bringe das bis zum bitteren Ende“
Was die kurz vor der Pensionierung stehende Richterin selbstverständlich ehren mag, dem Angeklagten Hoffnung auf einen fairen Prozess machen muss, den LASK aber nicht wirklich freuen dürfte.
Denn gegen Ende des gestrigen Verhandlungstages verlängerte die Richterin den ursprünglich „nur“ bis 19. Juli anberaumten Justiz-Krimi zur Einvernahme weiterer Zeugen endgültig, fixierte vorerst auch noch den 26. Juli sowie sogar noch den 12. August als Termine.
Womit sicher ist: Das Sudel-Verfahren geht auf ungewisse Zeit in eine Verlängerung, die die Richterin wegen Boatengs Kinder nicht gewollt hatte, die aber vor allem auch der LASK aus Imagegründen nicht gebraucht hätte. Zumal es in dieser Causa generell immer wieder um Gewalt, Körperverletzung, Blut, Gier und Erpressung geht. Und seit Freitag auch um Drogen!
Die jedoch nicht – wie man vermuten könnte – die Staatsanwältin ins Spiel gebracht hat, sondern Boateng-Strafverteidiger Leonard Walischewski. Der auch Dinge aus dem Verfahren von Boatengs 2021 freiwillig aus dem Leben geschiedener Ex-Partnerin Kasia Lehnhardt vorbrachte: Darin geht es nicht allein um Körperverletzungen, sondern auch um das Unterschieben von Kokain bzw. den Diebstahl zweier Handys. Auch diese Vorwürfe, die Boateng ebenso wie die Körperverletzung an seiner Ex-Partnerin Sherin S. vehement zurückweist, will die Verteidigung mit Beweisen widerlegen.
Verstorbene Kasia Lenhardt Thema
Auch wenn die Richterin bisher stets versucht hatte, die beiden Fälle strikt voneinander zu trennen und in diesem Verfahren nur die von der Staatsanwältin Stefanie Eckert und Nebenklägerin Sherin S. – sie ist die Mutter von Boatengs Zwillingen – erhobenen Vorwürfe zu verhandeln.
Zu denen mit Christian M. ein Kumpel von Boateng als Entlastungszeuge in diesem Prozess nicht mehr aussagen darf, da ihm eine Falschaussage vom letzten, 2023 aufgehobenen Verfahren, angelastet wird. Statt ihm rief die Richterin mit Kai Dingerdissen am Freitag auch den Richter des ersten Verfahrens im Jahr 2021 in den Zeugenstand. Der erklärte, dass er alle Zeugen für glaubhaft befunden hätte, ehe er den Fußball-Profi damals zu einer nie rechtskräftig gewordenen Strafe von 60 Tagessätzen zu je 30.000 Euro verurteilt habe. Der höchsten dieser Art, die je in Deutschland ausgesprochen worden war . . .“
Richter wünscht „viel Spaß!“
Ehe Dingerdissen Freitag den Gerichtssaal verließ, wünschte er übrigens seiner Kollegin mit dem Prozess noch „viel Spaß . . . “
Während Hemmerich nach der Verhandlungspause mit Andreas Forster dann auch den Richter des zweiten Verfahrens einvernommen hat, dessen Urteil (120 Tagessätze zu je 10.000 Euro) im Vorjahr wegen schwerer Versäumnisse und Verfahrensfehler aufgehoben wurde und wegen dem der Sudel-Prozess deshalb nun ein drittes Mal aufgerollt werden musste. Er wurde allen voran zu den Falschaussagen von Boatengs Kumpel Christian M. im vorangegangenen Verfahren befragt.
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