Friedrich Kiesler gegen Walter Pichler: Das Belvedere 21 stellt zwei ganz große Visionäre auf eine Stufe
Walter Pichler trifft Friedrich Kiesler. Posthum findet das Ereignis gerade im Belvedere 21 statt. In der Realität passierte es 1963 in New York. Walter Pichler (1936-2012) hielt sich damals von Mai bis November in der US-Metropole auf, in die Friedrich Kiesler (1890-1965) bereits 1926 übersiedelt war.
Pichler hatte davor gemeinsam mit Hans Hollein in der Galerie St. Stephan „Architektur in Progress“ ausgestellt. Eine Architektur, die das (ge)strenge Bauhaus weit hinter sich ließ, Rationalismus und Funktionalität durch Visionen ersetzte, die auch heute noch geradezu modern nachwirken.
Hollein war es auch, der Pichler, damals 27, auf den 73-jährigen Kiesler aufmerksam machte, vermittelte. Worüber die beiden in New York sprachen, bleibt Spekulation -ist aber Ausgangspunkt von Kuratorin Verena Gamper, nach den Überschneidungen der auf den ersten Blick völlig konträren Œuvres zu fragen.
Gemeinsam ist ihnen jedenfalls das Denken in „Visionären Räumen“. So auch der Titel der Ausstellung, die in sechs Kapiteln Arbeiten gegenüberstellt. Kieslers alle Dimensionen durchschneidende „Raumstadt“ von 1925 trifft auf Pichlers vielarmige „Unterirdische Stadt“.
Die Organik von Kieslers blasenförmigem „Endless House“ setzt sich in Pichlers Kopf-Skulpturen, in seinen gebäudeartigen Schädeln fort. Kiesler erweiterte mit dem „Screen-o-scope“ im Film Guild Cinema die Projektion in den Raum, während Pichler seine Sinn-Erweiterungsmaschinen wie den „Kleinen Raum“ und den „TV-Helm“ ersann.
Wie sehr beide ihre Architektur skulptural dachten, zeigen die Möbelentwürfe. In diesem Sinne begreift auch Sonia Leimer ihre gelungene Ausstellungsarchitektur für den faszinierend anregenden Paarlauf.W
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