Stift Rein

So erwacht vergessener Barockgarten zu neuem Leben

Steiermark
30.06.2024 12:00

Alte historische Pläne wurden neu entdeckt: Zisterzienserkloster erweckt auch das mythische Nymphäum zum neuen Leben.

Nur noch auf alten Stichen und Zeichnungen sieht man den Klostergarten in all seiner barocken Pracht, der die Sinne der Mönche des Stifts Rein erfreuen sollte: Die Vögel zwitscherten, die Blumen dufteten, die Brunnen plätscherten und sprühten Fontänen in die Luft. Herzstück des wunderbaren, symmetrisch angelegten Naturparadieses war das Nymphäum.

Dieses Brunnen-Heiligtum war den Nymphen – in der antiken Mythologie weibliche Naturgeister – geweiht. Das überrascht, denn heidnischer Glaube hatte – so sollte man jedenfalls meinen – in christlichen Gebäuden und Anlagen nichts verloren. An die Hochblüte des Reiner Stiftsgartens erinnert heute nur mehr ein verwitterter Stein, aus dem drei dieser Quellennymphen herausgemeißelt sind.

Der Nymphenstein (Bild: Jörg Schwaiger)
Der Nymphenstein

„Der Garten war bei den Zisterziensern zunächst ein Nutzgarten, erst in der Barockzeit wandelte sich dieser zum Objekt der Gestaltung und der Ästhetik“, erklärt Abt Philipp Helm. Freilich gab es auch einen spirituellen Hintergrund: Die Geistlichen wollten ihren Mitmenschen die Schönheit der Schöpfung zeigen. Unter der Ägide des Klostervorstehers wird jetzt der längst überwucherte und im Dornröschenschlaf versunkene Garten zum neuen Leben erweckt.

Nach historischen Bauplan Wegenetz und Beete neu angelegt
Bei unserem Besuch werken Arbeiter gerade eifrig: Nach dem historischen Bauplan legen sie das Wegenetz und die Beete neu an, zudem wird einer der fünf ursprünglichen Brunnen als zentraler Blickfang wieder errichtet. „Auf dem Schöpfungsgedanken aufbauend lassen wir der Natur aber auch wieder freien Raum“, berichtet uns der Abt. Denn schon jetzt steht ein Meer an Wildblumen in bunter Blüte. Frisch gepflanzte Obstbäume werden bald folgen.

Abt Philipp Helm vor dem Barockgarten des prächtigen Stifts Rein, der nach alten historischen Plänen neu angelegt wird. (Bild: Jauschowetz Christian/Christian Jauschowetz)
Abt Philipp Helm vor dem Barockgarten des prächtigen Stifts Rein, der nach alten historischen Plänen neu angelegt wird.

Szenenwechsel in das faszinierende Innere des anno 1129 durch das Mutterkloster Ebrach in Franken (Bayern) gegründeten Klosters. Stiftshistorikerin Elisabeth Brenner sperrt uns die Tür zur Bibliothek auf und steuert schnurstracks auf deren Prunkstück zu: den berühmten Kalender-Tisch, den die Mönche kurzerhand Kepler-Tisch tauften. „Astronom Johannes Kepler hat ihn zwar wahrscheinlich nie gesehen, aber die exakten Berechnungen dafür angestellt“, erklärt Brenner.

Steinerner „Wundertisch“ zur Kalenderberechnung
In die schwere Steinplatte akkurat eingeätzt hat ein Künstler aus Gmunden Tierkreiszeichen, Auf- und Untergänge der Gestirne, Mondphasen oder die zwölf Monate. „Letztere Bilder zeigen die spezifischen bäuerlichen Tätigkeiten, die im Jahreslauf verrichtet wurden.“ Hauptzweck des steinernen „Astro-Wunderwerks“: Mithilfe des „primitiven Computers“ konnten die Mönche Daten – etwa des Osterfests – vom Julianischen auf den Gregorianischen Kalender umrechnen.

Stiftshistorikerin Elisabeth Brenner zeigt den berühmten Kepler-Tisch in der Reiner Bibliothek (Bild: Jörg Schwaiger)
Stiftshistorikerin Elisabeth Brenner zeigt den berühmten Kepler-Tisch in der Reiner Bibliothek

Leider nicht mehr erhalten (aber auf einer riesigen Schautafel zumindest liebevoll rekonstruiert) sind kunstvoll hergestellte gotische Glasfenster, die bis ins 20. Jahrhundert buntes Licht in eine Kapelle am Stiftsareal strömen ließen. Das kleine Gotteshaus wurde Jahrzehnte lang nicht mehr genutzt, verkam schließlich zur Rumpelkammer, weshalb die Fenster ausgebaut und in alle Welt verkauft wurden.

„Johannes Pictor, ein Tafelmaler, stellte unter anderem die Taufe Jesu im Jordan und die Flucht der Heiligen Familie nach Jerusalem dar“, erklärt die Kunsthistorikerin. Man sieht: Das Stift Rein ist ein Gesamtkunstwerk – und der neue Klostergarten eines der letzten Puzzleteile dafür.

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