Neos-Chefin

Was die Innenpolitik vom Nationalteam lernen kann

Die „Krone“ sprach mit Neos-Chefin Meinl-Reisinger anlässlich ihrer Buchpräsentation in Innsbruck über Österreichs Fußball-Nationalteam, Kampfgeist und Innenpolitik.

„Krone“: Was kann die österreichische Innenpolitik lernen vom Fußball-Nationalteam?
Beate Meinl-Reisinger: Dass eine Teamaufstellung, das Zusammenarbeiten, fruchtbar ist und es nicht darum geht, gegeneinander zu arbeiten, wie das diese Regierung immer wieder gezeigt hat. Dass man unterschiedliche Aufstellungen braucht, um die Stärken von einzelnen Spielern – in der Politik Gott sei Dank auch Spielerinnen – zu sehen. Und dass man hartnäckig ein Ziel verfolgt. Das ist es, was mir derzeit am meisten abgeht. Wenn ich kein Ziel habe, dann darf ich mich auch nicht wundern, wenn nichts rauskommt.

„Wirtschaftspolitisch hat Regierung richtig versagt“

Was ist mit Kampfgeist?
Auch! Aber ich habe das Gefühl, dass in der Politik davon eher zu viel vorhanden ist, zu viel Gegeneinander, zu wenig Kooperation. Ein Teil des Vertrauensverlusts in der Politik besteht ja darin, dass das Feindbild zurück ist und es nur ein Hickhack gegeneinander gibt. In der nächsten Regierung wird man sich aber zusammenfinden müssen mit dem klaren Ziel vor Augen, gemeinsam zu arbeiten.

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Soll Schwarz-Grün vorzeitig abdanken? Ich würde jetzt einmal ganz keck sagen: Das ist jetzt auch schon wurscht.

(Bild: Birbaumer Johanna)

B. Meinl-Reisinger

Die Neos sind bei den jüngsten Aufregern wie Autogipfel, Lena Schilling oder Renaturierung kaum in Erscheinung getreten. Können die Neos in so einem Umfeld nicht auffallen oder wollen sie es nicht?
Ich möchte daran erinnern, dass es die Rot-Pinke Stadtregierung in Wien war, die den Beschluss auf Landesregierungs-Ebene herbeigeführt und den Weg freigemacht hat für das Renaturierungsgesetz – nach etlichen Verhandlungen. Wir haben bei der EU-Wahl gezeigt, was wir können. Mit einem klaren Angebot selbst bei Themen, wo andere sagen, das könnt’s doch nicht machen, ihr könnt doch nicht über Sicherheit diskutieren und die ketzerische Frage stellen, wie man Neutralität im 21. Jahrhundert und im europäischen Konzert definiert. Oder Putin auf ein Plakat klatschen. Oder für ein europäisches Heer eintreten, oder Vereinigte Staaten von Europa fordern. Wir haben es trotzdem gemacht, und gut war’s, weil es dadurch Klarheit gegeben hat. Wir sind die einzigen, die den Menschen reinen Wein einschenken.

Sie sagten jüngst in einem „Krone“-Interview, die Menschen interessieren sich nicht für eine Affäre Schilling, es geht den Menschen um Themen wie Migration, Sicherheit und Teuerung. Wie sichern wir unseren Wohlstand?
Die Leute wollen nicht, dass sich die Politiker in die politische Schlamm-Arena begeben. Streitreich, aber debattenarm, das bringt uns nicht weiter. Die Menschen sind politikinteressiert und haben ernste Anliegen: Überbürokratisierung, Sicherheit, Teuerung, Jobs. Die Sorgen sind nicht unberechtigt: Wirtschaftspolitisch hat die Regierung ja wirklich versagt. Die Menschen spüren, dass sich das nicht mehr ausgeht, sich etwas aufzubauen, Wohlstand zu schaffen. Da erwarten sie sich Lösungen. Und genau die haben wir.

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Die Wirtschaftskompetenz der ÖVP ist desaströs, und die der SPÖ war nie da. Der Mittelstand kracht an allen Ecken und Enden.

dieselbe

Jetzt hat aber die Ampel in Deutschland, an der die Ihnen verwandte FDP beteiligt ist, massiv Vertrauen bei der Bevölkerung eingebüßt.
Es gibt aber keine Regierung in Europa, die so an Vertrauen eingebüßt hat wie die österreichische, vor allem in der Corona-Zeit. Und zwar zu Recht. In finde, dass da vieles ganz falsch gelaufen ist. Der Zukunftsoptimismus ist verloren gegangen, gepaart mit einer Regierung, die noch schlimmer ist als eine linke Regierung in Deutschland, bei der die FDP aufpasst, was mit dem Geld passiert. Bei uns hat es ja die ÖVP mit ihrem „Koste es, was es wolle“, genauso geschafft, das Geld der Steuerzahler raus zu blasen, und das Ergebnis ist desaströs: Rezession, Inflation, sinkende Wettbewerbsfähigkeit, höhere Lohnkosten.

„Verstehe, dass man einen Boxhandschuh will“

Mit solchen Analysen nimmt man ja den Menschen den letzten Rest Mut.
Die Ehrlichkeit braucht es aber. Ich kann mich nicht hinstellen und mit dem Finger nach Brüssel zeigen, wie jüngst Frau Edtstadler, und ignorieren, dass andere Länder, die auch in der EU sind, wirtschaftlich besser dastehen. Wir haben in vielen Bereichen keine Reformen gewagt. Die werden wir aber brauchen, um die Menschen zu entlasten und den Zukunftsoptimismus zu stärken und damit den Wohlstand, den Sozialstaat und die Solidarität zu sichern. Wir brauchen wieder klare Ansagen wie zum Beispiel: Wir werden uns alle wieder mehr anstrengen müssen. Auch eine Regierung.

Meinl-Reisinger mit „Krone“-Redakteur Philipp Neuner. (Bild: Birbaumer Johanna)
Meinl-Reisinger mit „Krone“-Redakteur Philipp Neuner.

Was heißt das? Sechs-Tage-Woche wie bald in Griechenland?
Nein, aber auch keine 30-Stunden-Woche. Es muss auf alle Fälle stärkere Leistungsanreize geben.

Wagen wir einen Blick in die Glaskugel: Wie wird die Nationalratswahl ausgehen?
Wenn die ÖVP auf Platz eins landet, koaliert sie mit der FPÖ. Ich traue denen da keinen Millimeter. Ich glaube, das wird ohnehin schon längst wieder vorbereitet, wenn ich mir die Interviews des Herrn Kurz anschaue. Es sollen ja schon Ministerlisten kursieren. Wenn die FPÖ auf Platz 1 steht, heißt das aber auch nicht, dass Kickl automatisch Kanzler wird. Er fährt nur durch die Lande, schimpft und ist überhaupt nicht bereit zu einer Kooperation. Ich verstehe, dass man eine Wut hat auf die Regierung und einen großen Boxhandschuh will, aber das wird uns nicht weiterbringen. Ich kann mir mit allen eine Zusammenarbeit vorstellen außer mit der FPÖ. Wir brauchen eine mutige Reformagenda, um die Menschen zu entlasten.

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