Zwei Jahre teilbedingt

Milde Strafe für Mitglied (21) von rechtem Terror

Gericht
01.07.2024 14:05

Zum ersten Mal wurde der Verfassungsschutz auf den jungen Mann aufmerksam, als er 17 Jahre alt, ein HTL-Schüler war. Schon damals war er laut Anklage Teil „einer der gefährlichsten Neonazi-Gruppierungen unserer Zeit“ – der „Feuerkrieg Division“. Von dem nun 21-Jährigen gehe eine besondere Gefährlichkeit aus, auch im Hinblick auf Anschlagspläne, befinden Staatsschützer. Die Geschworenen sind anderer Meinung: Zwei Jahre teilbedingt – nicht rechtskräftig.

Wie der Bursche von nebenan wirkt jener 21-Jährige, der von zwei Justizwachebeamten in den Verhandlungssaal 16 im Wiener Landesgericht geführt wird. Er ist nicht besonders groß oder muskulös, sitzt im adretten weißen Hemd am Anklagestuhl – vor Geschworenen. Doch die Vorwürfe gegen ihn wiegen schwer: Der junge Wiener war über Jahre Teil der rechtsextremen Gruppierung „Feuerkrieg Division“.

Europaweites, gefährliches Neonazi-Netzwerk
„Sie werden hier Einblicke bekommen in eine Welt, die Sie nicht kannten. Wo Sie wahrscheinlich auch gehofft haben, dass es sie nicht gibt“, richtet sich der Staatsanwalt an die Laienrichter. Denn jenes rechtsextreme Netzwerk, dem der 21-Jährige angehörte, hat europaweit besonders junge Mitglieder, gilt als „eine der gefährlichsten Neonazi-Gruppierungen unserer Zeit. Das Ziel war, einen weltweiten Rassenkrieg loszutreten.“ 

Ende 2019 kam der Angeklagte erstmals in Kontakt mit der „Feuerkrieg Division“. Vor Gericht liest er in einem vorbereiteten Statement vor: „Ich fühlte mich alleine, wurde in der Schule gemobbt, wusste nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll.“ Damals war er 17 Jahre alt. Er wurde dann Mitglied der Neonazi-Gruppierung, um „mich wichtig zu machen. Cool zu sein.“

Das sichergestellte Terror-Arsenal des 20-Jährigen: Waffen, Gasmasken, NS-Devotionalien. (Bild: DSN)
Das sichergestellte Terror-Arsenal des 20-Jährigen: Waffen, Gasmasken, NS-Devotionalien.

Zwei Hausdurchsuchungen und Handyauswertungen im Jahr 2023 brachten dann seine rechtsextreme Gesinnung ans Licht: Er hetzte gegen Minderheiten, verherrlichte Mörder und Attentäter, die in seinem Sinn töteten. In Chat-Gruppen teilte er Anleitungen, wie man Sprengsätze und Waffen selber baut – und merkte immer wieder an, er habe einen 3D-Drucker zu Hause. Was auch bei ihm gefunden wurde: Messer, Munition, eine Schussweste und eine Langwaffe, die der 21-Jährige damals noch legal besessen hatte.

„Gefährdet, Anschlagspläne zu schmieden“
Konkrete Hinweise auf Anschlagspläne durch den jungen Wiener konnten vom Verfassungsschutz aber nicht festgestellt werden. Der Staatsanwalt merkt aber an: „Er ist zumindest gefährdet, Anschlagspläne zu schmieden.“ Womit sich der Strafrahmen der Wiederbestätigung erhöht. Denn bei besonderer Gefährlichkeit eines Täters drohen zwischen zehn und 20 Jahre Gefängnis.

Art. 1 § 3g VbtG Nationalsozialistische Wiederbetätigung

  1. (1) Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
  2. (2) Wer die Tat auf eine Weise begeht, dass sie vielen Menschen zugänglich wird, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
  3. (3) Bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung ist der Täter mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen

Und das ist die Frage, die sich die Geschworenen in dem Prozess stellen müssen: Geht von dem 21-Jährigen eine besondere Gefährlichkeit aus oder nicht? Denn: „Wir fangen da jetzt nicht an zu diskutieren. Er hat das alles geschrieben und gemacht. Da fährt die Eisenbahn drüber“, nimmt der Verteidiger gleich zu Beginn vorweg. Er weist aber auch darauf hin, dass sein Mandant als Grundwehrdiener mit geladener Waffe Objekte der israelitischen Kultusgemeinde in Wien bewacht hatte – „Hätte er einen Anschlag machen wollen, hätte er das doch da machen können.“ 

„Würde am liebsten Kopf in den Sand stecken“
Der junge Wiener selbst zeigt sich vor den Geschworenen wortkarg. Er liest sein vorbereitetes Geständnis vor, schließt dies mit den Worten: „Ich wünsche mir, dass das alles nicht passiert wäre. Am liebsten würde ich den Kopf in den Stand stecken, damit ich das alles nicht mehr hören und lesen muss.“

Mildes Urteil für Rechtsextremen
Entgegen den Staatsschützern nehmen die Laienrichter nach Beratung keine besondere Gefährlichkeit des jungen Rechtsextremen an. Wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung, Verhetzung, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Aufforderung zur mit Strafe bedrohten Handlungen wird er zu einer zweijährigen teilbedingten Strafe verurteilt. Acht Monate davon muss er tatsächlich in Haft – die er in U-Haft schon fast abgesessen hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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