In Österreich gibt es 400.000 Menschen, die krankhaft alkoholabhängig sind. Viele von ihnen gehen zu den Anonymen Alkoholikern, und ein Sechstel schafft es, dauerhaft trocken zu bleiben. Ende Juli findet in Wels ein Begegnungsfest mit 3000 Teilnehmern statt. Die „Krone“ hat mit zwei von ihnen gesprochen.
Karin ist 67; eine attraktive Frau, kurze rötliche Haare, redegewandt. Karin ist (trockene) Alkoholikerin. Sie selbst braucht keine Hilfe, zumindest sieht es so aus – ein trügerisches Bild. Denn Alkoholiker sind niemals geheilt. „Ich hab’ mit 14 Jahren mein Leben nicht ausgehalten, zu trinken begonnen. Mit 29 bin ich zu den Anonymen Alkoholikern gegangen“, erzählt die Stellvertretende Teamsprecherin jener Organisation, die vom 26. bis 28. Juli in Wels ein deutschsprachiges Ländertreffen organisiert – um jenen Menschen zuzuhören, die alle dasselbe Problem haben. „Unser Genesungsprogramm ist weltweit das gleiche: ein spirituelles Zwölf-Schritte-Programm. Wir sind aber keine religiöse Gemeinschaft“, erklärt Richie, ein anderer Betroffener.
„Ich bin wieder trocken, aber dieser Vorfall hat mir gezeigt, wie wichtig solche Treffen sind“
Rund 2000 Anonyme Alkoholiker gehen regelmäßig zu solchen Sitzungen. Vier Prozent der Bevölkerung haben ein Alkoholproblem. In Linz gibt es jeden Tag ein Treffen. Ein Sechstel aller Alkoholkranken schafft es, dauerhaft trocken zu bleiben. Auch Karin hat es mehr oder weniger gepackt. „Ich war 15 Jahre trocken, bin dann ein halbes Jahr nicht hingegangen, weil ich dachte, was die erzählen, weiß ich alles. Danach bin ich im Wohnzimmer bei geschlossenen Jalousien und einer Flasche Wodka aufgewacht. Sechs Monate lang ging das so. Jetzt bin ich seit 20 Jahren wieder trocken. Dieser Vorfall hat mir gezeigt, wie wichtig solche Treffen sind. Es gibt kein besseres Programm, als die Anonymen Alkoholiker. Diese Freundschaft hab’ ich sonst nirgends“, sagt die 67-Jährige demütig – wissend, dass es keine Heilung gibt, dafür aber Zuspruch.
„Ich habe überall Probleme gesehen, war leicht depressiv. Alkohol hat mir geholfen, das zu behandeln. Mit dem Trinken aufzuhören, ist eine Sache. Aber entscheidend ist, etwas in seinem Leben zu ändern.“ Ich zolle Richie meinen größten Respekt. Er ist heute 58, seit 22 Jahren trocken. Richie hat sich seinem Problem gestellt, es nicht weiter mit Wodka „runtergespült“. Er spricht darüber und bekräftigt andere, es auch zu tun.
21 Gruppen Anonymer Alkoholiker gibt es alleine in Oberösterreich. Zu viele? Sicher nicht. Denn jede Sitzung kann helfen. Mann muss nur den Mut haben, hinzugehen. Das ist kein Sieg, wie bei einem Wettkampf, wo man am Ende eine Medaille oder einen Pokal bekommt. Dieser Sieg ist viel wichtiger. Denn es ist der Sieg über sich selbst.
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