Wolf Stockinger aus Neusiedl am See ist Gärtner mit Leib und Seele. Bekannt ist er als der „ZauberGärtner“. Gemeinsam mit Thomas Amersberger hat er den „New Pannonian Style“, eine neue europäische Gartenkultur entwickelt, die besonders Trockenheitsresistent ist. Er verrät uns aber auch, welche Bäume sich bei uns in Zukunft schwer tun werden und ob die Olive wirklich eine Chance hat.
Was aber ist der „New Pannonian Style“? Heißt: heimische Pflanzen, jene aus benachbarten Ländern (meist aus dem Balkan und Mediterraneum) und ein paar „Extrem-Blüher“, zum größten Teil aus Mexiko, wurden vergesellschaftet. Diese neue, besondere Pflanzengesellschaften können bis zu 11 (!) Monate durchblühen, sowas hat es so bis dato so noch nicht gegeben. Sie sind aber jene Gewächse, die unser neues pannonische Klima – sprich sehr heiß, sehr windig mit nur gelegentlichen Niederschlägen – sehr mögen.
Dementsprechend viel blüht jetzt auch in Neusiedl und den anderen Gemeinden, wo er seine Finger in den Blumenbeeten hat.
Lebensprojekt in seiner Heimatstadt
Er selbst nennt Neusiedl am See sein „Lebensprojekt“. Von Start an bis jetzt hat er rund 110.000 Euro und viel Arbeits- und Lebenszeit investiert. Oft auch mit Gegenwehr diverser Leute in der Stadt, die seinen grünen Daumen und seine Passion nicht verstehen. Den meisten Neusiedlern und den Gästen gefallen die 55 Beete im Bezirksvorort allerdings sehr gut. So auch Norbert Burger, einem Wahl-Neusiedler und Hobbyfotografen.
Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die diversen Blumen in ihren Beeten zu fotografieren. „Es ist einfach eine Freude zu sehen, wie cool unsere Blumenpracht in der Stadt wächst. Meine Frau folgt Wolf schon lange auf Facebook. Durch Zufall habe ich ihn einmal getroffen und wollte danke sagen für das, was er für den Ort tut“, erzählt der Wiener. „Denn sind wir ehrlich. Das Erscheinungsbild einer Stadt ist ihre Visitenkarte. Und da steht Neusiedl am See mit dieser Vielfalt an Blütenpracht wirklich großartig da!“
Das Erscheinungsbild einer Gemeinde ist ihre Visitenkarte. Wir stehen in Neusiedl mit unserem Blütenmeer großartig da!
Norbert Burger, Fotograf
Stockinger beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Pflanzen. Kurz studierte er Medizin, Psychologie und Biologie, entdeckte aber immer mehr die Liebe zum Gärtnern. Mittlerweile berät er die Verantwortlichen in zehn Gemeinden des Bezirkes. Freut sich vor allem, wenn in diesen sein Wissen und seine Liebe zu den Pflanzen angenommen wird. So entstanden Freundschaften. Doch selbstverständlich ist das nicht.
Vandalismus und Hass schlagen ihm oft entgegen
Immer wieder hat er auch mit Gegnern, Fußtritten und zerstörten Pflanzen in Neusiedl am See zu kämpfen. Trotzdem hält er mit Unterstützung der Herren des Bauhof gegen Honorar die Beete in Schuss.
Aber warum macht man so etwas? Vor allem, weil er ja den Blütenzauber in der Stadt größtenteils ehrenamtlich angelegt hat. „Ich mache das für die Bevölkerung und habe Freude daran, wenn sich jemand an meinen Beeten erfreut. Es macht mich glücklich, wenn die Mehrheit der Leute diese Pflanzenvielfalt bewundert und sie vor allem auch den Tieren etwas bietet.“ Denn Stockinger gestaltet auch naturnahe, wertvolle Lebensräume, die auch heimische Tiere glücklich machen. So gibt es in etwa Schmetterlingswiesen in Verbindung mit Naschobst. Damit Mensch und Tier etwas davon haben.
100 Beete in zehn Gemeinden
Natürlich gibt es Beete, auf die ist er stolzer als auf andere. Und welche sind das? „Meine Meisterstücke von der Optik her sind die Beete in der Wiener Straße und der Seekreuzung. Das ist eine Mischung aus heimischem Pannonien mit Zwiebelpflanzen, mediterranen Blumen und dauerblühenden Mexikanern“, erklärt der Pflanzenkünstler. Heuer wird er noch das 100. Beet im „New Pannonian Style“ gestalten. Wo? „Hoffentlich in Neusiedl am See. Denn am Bahnhof warten noch drei,vier leere Beete, die verschönert werden wollen“, erzählt er. „Ich möchte, dass die Reisenden sich fühlen, als würden sie am Mittelmeer der Wiener ankommen, wenn sie in Neusiedl aussteigen und die Beete sehen“, schmunzelt der ZauberGärtner. Derzeit ist es allerdings doch zu heiß. Lässt es das Wetter aber zu, wird er mit der von der ÖBB beauftragten Arbeit beginnen.
Der Neusiedler ist übrigens nicht nur im Bezirk ein gefragter Experte, wenn es um trockenheitsresistente Pflanzen geht. Auch in Thailand, dem Land, in dem er sich wohl fühlt und wo auch seine Frau herkommt, ist er Berater beim „Royal Kings Project“, einem Projekt, in dem es um europäische Obstsorten geht, die auch in Thailand gedeihen können.
Auf die Frage, ob man bei heimischem Obst den Klimawandel merkt, nickt er und erklärt, dass man es markant bei Apfel- und Zwetschgenbäumen sieht. „Die tun sich immer schwerer, wenn sie nicht in einer feuchteren Gegend sind oder fleißig gegossen werden“, weiß der Pflanzensammler. Wem die Trockenheit weniger ausmacht ist der Kirschbaum. „Der geht eher ein, wenn er zu viel Wasser bekommt“, so Stockinger. Auch die Marille wird immer mehr ein Problem bekommen, weil immer häufiger Spätfrost vorkommt und die empfindlichen Blüten der Marillen schädigt.
Haben Olivenbäume eine Chance?
Nachdem im Bezirk und im Burgenland immer mehr auf die Olive setzen, fragen wir den Pflanzenexperten, was er zu diesem Trend sagt. Glaubt er, dass der mediterrane Baum eine Chance bei uns hat? Kurz denkt Stockinger nach, dann nickt er. „Vor fünf Jahren hätte ich noch gesagt, nein. Die Olive, vor allem die, die man im Baumarkt bekommt, hat bei uns auf Dauer keine Überlebenschance, weil sie fast alle aus Spanien kommen und wenig frosthart sind. Zwei Winter unter minus 10 Grad und sie verabschieden sich. Aber mittlerweile gibt es Bäume, die auch minus 15 Grad und mehr aushalten können. Also ja, mit den richtigen Pflanzen und am richtigen Standort, haben auch Olivenbäume hier eine Daseinsberechtigung.“ Unter seinen vernetzten Partnern hat er auch zwei Olivenspezialisten, die ihm winterharte Bäume gebracht haben. „Was sie brauchen ist möglichst eine Hanglage und durchlässige Böden. Dann können sie auch bei uns überleben“, so Stockinger.
Einen Olivenhain wird er aber wohl nicht anlegen. Er bleibt lieber bei seinem „New Pannonian Style“ und hofft, dass ihm endlich weniger Steine in den Weg gelegt werden, wenn er in Neusiedl seine Passion zur Verlebendigung der Stadt auslebt.
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