Frankreich-Wahl
Le Pen gebremst, Links-Bündnis siegt überraschend
Riesenüberraschung bei der Frankreich-Wahl: Das linke Oppositionsbündnis „Neue Volksfront“ (NFP) hat die französische Parlamentswahl am Sonntag überraschend gewonnen. Das vom Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon angeführte Bündnis stellt 182 der 589 Mandate in der Nationalversammlung. Die nach der ersten Wahlrunde favorisierten Rechtspopulisten von Marine Le Pen landeten mit 143 Mandaten nur an dritter Stelle hinter dem Präsidentenbündnis Ensemble mit 168 Sitzen. Premier Gabriel Attal kündigte seinen Rücktritt an.
Attal sagte nach Veröffentlichung erster Prognosen am Wahlabend, dass er am Montag seinen Rücktritt bei Präsident Emmanuel Macron einreichen werde. Das Mitte-Lager Macrons habe nämlich im Parlament keine Mehrheit mehr. Macron kann Attal und die Regierung bitten, für die laufenden Geschäfte zunächst kommissarisch im Amt zu bleiben.
Macron hatte die Wahl nach dem überzeugenden Sieg des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) bei der Europawahl im Juni angesetzt, um die Regierungsmehrheit (bisher 250 Mandate) zu bekräftigen. Offenbar wollte er sich den Wählern – wie schon bei seinen eigenen Wahlsiegen in den Jahren 2017 und 2022 – als Bollwerk gegen den Rechtspopulismus anbieten.
Taktische Absprachen
Die Linksparteien durchkreuzten diesen Plan, indem sie innerhalb weniger Tage ein gemeinsames Bündnis schmiedeten, das dann in der ersten Wahlrunde am 30. Juni an zweiter Stelle hinter dem rechtspopulistischen RN landete. In der Folge trafen das Linksbündnis und das Präsidentenlager taktische Absprachen, um die Wahl von RN-Kandidaten in der Stichwahl am Sonntag zu verhindern.
Schock im rechtspopulistischen Lager groß
Parteiführerin Marine Le Pen sprach von einem „aufgeschobenen“ Sieg ihrer Partei Rassemblement National. „Die Flut steigt. Sie ist dieses Mal nicht hoch genug gestiegen, aber sie steigt weiter und deshalb ist unser Sieg nur aufgeschoben“, sagte sie im Fernsehsender TF1.
RN-Chef Jordan Bardella warnte, dass Frankreich nun in die Fänge der radikalen Linken gerate. Bardella hatte auf eine absolute Mehrheit seiner Partei gesetzt und sich schon als Premierminister gesehen. Alle Umfragen hatten dem RN zumindest eine relative Mehrheit im neuen Parlament vorhergesagt.
Linke stellen Regierungsanspruch
Das siegreiche Linksbündnis stellte umgehend den Regierungsanspruch. „Die Neue Volksfront ist bereit zum Regieren“, sagte der frühere Chef der linkspopulistischen La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon. Sozialisten-Chef Olivier Faure sprach sich ausdrücklich gegen eine mögliche „Koalition“ mit dem Regierungslager aus. „Die Neue Volksfront muss diese neue Seite unserer Geschichte in die Hand nehmen“, sagte er.
Trotz ihres Sieges ist die Linke aber weit von einer Regierungsmehrheit in der neuen Nationalversammlung entfernt. Zu ihren 181 Mandaten kommen 13 Sitze weiterer Linkskandidaten. Dasselbe gilt für das Präsidentenlager, das sich bisher von den konservativen Republikanern stützen ließ. Diese wurden auf 45 Mandate dezimiert. Mittepolitiker konnten sechs Mandate erobern, 15 Mandate gingen an Rechtspolitiker. Wegen der unübersichtlichen Mehrheitsverhältnisse sehen Beobachter Präsident Macron weiterhin in einer Schlüsselrolle.
Hollande gab Comeback
Ex-Präsident Francois Hollande gelang bei der Wahl ein Parlamentscomeback. Allerdings erklärte er, „kein Kandidat“ für den Posten des Premierministers. Er ließ er Ambitionen auf einen Ministerposten durchblicken.
Erleichterung und Enttäuschung
International wurde der verhinderte Wahlerfolg des RN positiv kommentiert. „Das Schlimmste wurde vermieden“, sagte Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz äußerte sich zunächst nicht. „In Paris herrscht Begeisterung, in Moskau Enttäuschung, in Kiew Erleichterung. In Warschau ist man zufrieden“, schrieb der polnische Ministerpräsident Donald Tusk.
SPÖ freut sich über Wahlsieg
SPÖ-Chef Andreas Babler freute sich laut Aussendung über den überraschenden Sieg des linken Bündnisses in Frankreich. „Entgegen allen Umfragen hat sich heute einmal mehr gezeigt, dass die Rechte gestoppt werden kann“, sagte Babler. „Ich bin überzeugt, dass es auch in Österreich gelingen kann, eine rechte Regierung zu verhindern und mit einer SP-geführten Regierung die Lebensbedingungen der Menschen wieder zu verbessern.“
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