Weisheit im Drift

Toyota GT86: Quer bin ich? Wo komm ich quer?

Motor
21.12.2012 10:08
"Alles hat einen Sinn" ist eine wesentliche Weisheit, die das Leben erfolgreich macht. Und dann gibt es die wesentlichen Fragen des Lebens: Quer bin ich? Wo komm ich quer? Warum haben Querulanten immer so ein fettes Grinsen im Gesicht? Und warum fahren immer mehr von ihnen einen Toyota GT86?
(Bild: kmm)

Letzteres lässt sich locker leicht beantworten: Dieses Auto ist zum Driften gebaut, zum Querfahren bestimmt und fürs gezielte Übersteuern ideal. Der GT86 gehört (ebenso wie sein in Österreich sehr seltener Zwillingsbruder Subaru BRZ) auf die Driftstrecke, denn er kann zwar auch normales Kurvenfahren gut, ist aber in seinem Element, wenn die Hinterreifen der Haftung verlustig gehen.

Daher führte mich mein Weg an einem nasskalten Dezembertag ins ÖAMTC-Fahrtechnikzentrum Teesdorf, wo Kollege (Guido) Glu(schitsch) ein ziemlich exklusives Drift-Training organisiert hat. Neun Fahrer, neun Autos – darunter zwei Toyota GT86, was kein Zufall ist.

Segensreiche Handarbeit
Der GT86 ist Autofahren pur und in Handarbeit, ein völlig unerwarteter Segen, dass so etwas in der heutigen, vernunftorientierten Zeit gebaut wird. Zu einem erschwinglichen Preis (unter 34.000 Euro mit Top-Ausstattung), ohne Ballast und durch und durch ehrlich: ein 2+2-sitziges Coupé mit 200 PS unter der Motorhaube, Heckantrieb und einem knackigen Handschaltgetriebe - vergesst die optional angebotene Automatik, das hier ist Autofahren, nicht Disneyland. 

Das Sperrdifferential und die gute Fahrzeugbalance (53 Prozent vorn, 47 Prozent hinten) sind perfekte Zutaten für gepflegte Drifts. Und man hat diesem puren Coupé noch mehr gute Dinge ins Kochrezept geschrieben: etwa ein knallhartes Fahrwerk, mit dem du gefühlt direkt auf dem Asphalt sitzt. Oder die direkte Lenkung, die dir genau mitteilt, wann deine Vorderräder zu schieben beginnen und du die Lenkung aufmachen solltest. Dazu ein Motor von altem Schrot und Korn, Sauger, kein Turbo, der dir dank linearer Leistungsentfaltung keine bösen Überraschungen in Form eines plötzlich ausbrechenden Hecks serviert. Nebenbei bemerkt handelt es sich um einen 2-Liter-Boxer-Vierzylinder von Subaru (mit Toyota-Direkteinspritzung), der sehr flach baut und dadurch den Schwerpunkt niedrig hält.

Ein sauberer Drift ist was Schönes
Der eine oder andere hat sich auf unserer Facebook-Seite darüber beschwert, dass der Motor zäh sei und zu wenig Leistung biete. Aber plötzlich einsetzender Turbo-Punch würde sogar Drift-Profis das Leben schwer machen, und was die Leistung betrifft, ist das hier (200 PS bei 7.000/min., 205 Nm bei 6.400/min.) das richtige Maß für das, was der GT86 sein soll. Wer ein Problem hat, damit in den Drift zu kommen, fährt technisch nicht sauber genug. Es gibt mehr Arten, einen Drift auszulösen, als Vollgas zu geben, wie Meisterdrifter Christian Gunzinam als Instruktor erklärte:

  • Heckentlastung durch Vom-Gas-Gehen oder Hineinbremsen
  • Lastwechsel durch Anpendeln/Aufschaukeln
  • Gegenpendeln in einer Mehrfachkurve
  • Gezieltes Herunterschalten und Ausnutzen der Motorbremswirkung

wobei alles auch mit Lastwechsel zu tun hat, d.h. das Heck verliert an Haftung, wenn sich beim Abbremsen das Gewicht nach vorn verlagert. Kein elegantes, aber bisweilen ein wirksames Mittel ist das Ziehen der Handbremse.

Auf trockener Straße wäre ein stärkerer Motor natürlich hilfreich, aber immerhin sind die Reifen mit 215-45/17 vorne wie hinten recht schmal und dadurch driftfreundlich dimensioniert.

Nachteil am Toyota GT86: Wenn's mit dem Driften nicht klappt und man sich eindreht, kann man es nicht aufs Auto schieben, denn das macht genau, was es soll, und unterstützt den Fahrer vorbildlich beim Ergründen der Geheimnisse des Quertreibens. Manchmal auch beim Erforschen des Outbacks: "Die beiden GT86 machen sich ganz gut als Rasenmäher", tönte es einmal grinsend aus dem Funkgerät, als Kollege Jordan und ich wieder mal die Böschung hinuntergepflügt sind. Das Gute daran: Die Bodenfreiheit ist so bemessen, dass nicht mal der Frontschürze etwas passiert ist.

Auch am Rande sorgt der Japaner für seinen Fahrer: Ins Türfach passt eine 1,5-Liter-PET-Flasche, die deshalb beim Drifttraining nicht ständig im Auto herumkugeln muss. Mit den griffgünstigen Drehknöpfen der serienmäßigen Zwei-Zonen-Klimaautomatik kann man jederzeit für ein angenehmes Klima sorgen, auch wenn man mal ins Schwitzen kommt.

Kein Poser. Er meint's ernst.
Natürlich ist der Toyota GT86 laut, hart und retro. In Details ist man inzwischen auch in einem Sportwagen mehr Komfort gewohnt, aber das macht ein Stück weit den Charme aus. Das Fahren hat hier etwas Räudiges. Beim Einlegen des ersten Ganges geht ein Ruck durch Getriebe, Auto, Mark und Bein. Er ist kein Poser, sondern ein grader Michel, der nicht mal beim Verbrauch übertreibt: 7,8 l/100 km sagt der Normverbrauch, 8,3 Liter sagt meine Verbrauchsstrecke. Vorbildlich und wohl ein Ergebnis dessen, dass hier kein technisches Hilfsmittel einen künstlich geringen Normverbrauch kreiert. 

Eines ist dieses Auto sicher nicht: entspannend. Es fordert seinen Fahrer, und man kann richtig viel Spaß mit ihm haben. Mehr quer geht nicht unter 34.000 Euro. Und das ist auch der Sinn dieses Autos. Was einen Sinn hat, muss nicht unbedingt vernünftig sein.

Warum?

  • Weil die Lieferzeit beim Subaru BRZ länger ist
  • Weil Ehrlichkeit ein hoher Wert ist

Warum nicht?

Wenn ab und zu die Schwiegermutter mitfahren soll, braucht's ein anderes Auto

Oder vielleicht …

… Subaru BRZ

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(Bild: kmm)



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