Erstmals Einblicke

OMV/Gazprom: Kommission soll Vertrag durchleuchten

Wirtschaft
09.07.2024 14:53

So manche Mythen ranken sich um den auf Jahrzente abgeschlossenen Gasliefervertrag der OMV mit der russischen Gazprom. Spätestens seit der Invasion Russlands in der Ukraine und der Energiekrise ist er in aller Munde – auch wenn den Inhalt nur die Wenigsten kennen. Das soll sich jetzt ändern.

Den genauen Vertragsinhalt kennt bisher nur die teilstaatliche OMV, nicht aber die Regierung oder die Regulierungsbehörde E-Control. Bekannt ist neben der langen Laufzeit, dass eine „Take or Pay“-Klausel vereinbart wurde: Gazprom liefert und die OMV muss zahlen, auch wenn sie das Gas nicht benötigt.

Lang vor Ende der Laufzeit bis 2040 verlängert
Der ursprünglich bis 2028 laufende Deal war 2018 im Beisein des damaligen ÖVP-Kanzlers Sebastian Kurz und von Kremlchef Wladimir Putin vorzeitig bis 2040 verlängert worden. Die nicht zuletzt daraus resultierende starke Abhängigkeit von russischem Gas wurde insbesondere in Zeiten des Krieges in der Ukraine zum Problem für Österreich.

Die OMV hat sich unter Chef Rainer Seele (li.) der Gazprom (in Person von Vorstandsvorsitzendem Alexey Miller) bis 2040 an die Brust geworfen. (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Die OMV hat sich unter Chef Rainer Seele (li.) der Gazprom (in Person von Vorstandsvorsitzendem Alexey Miller) bis 2040 an die Brust geworfen.

Gewessler: „Vertragsverlängerung war ein Fehler“
„Die Vertragsverlängerung 2018 war ein Fehler“, sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag. Sie setzt nun ein Gremium mit dem Namen „Gas-Unabhängigkeitskommission“ ein, das den Vertrag prüfen und Licht ins Dunkel bringen soll. Dazu sollen einzelne Mitglieder auch Einblick in den Gas-Deal bekommen.

Die Kommission soll ausloten, ob es einen Weg gibt, aus dem Vertrag herauszukommen. Außerdem sollen die politischen Begleitumstände der Vertragsverlängerung analysiert werden. Den Vorsitz übernehmen die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, und der Universitätsprofessor Andreas Kletečka. Im Herbst sollen erste Ergebnisse vorliegen, einen Abschlussbericht soll es bis Ende des Jahres geben.

Gewessler und die Vorsitzenden der Kommission, Irmgard Griss und Andreas Kletečka (Bild: APA/Tobias Steinmaurer)
Gewessler und die Vorsitzenden der Kommission, Irmgard Griss und Andreas Kletečka

„Die Kommission wird sich den Vertrag anschauen und überlegen, wie ist es möglich, aus diesen Verpflichtungen herauszukommen?“, sagte Griss. Eine zweite Frage, der sich die Kommission widmen will, laute: „Wie gehen wir in Zukunft bei Verträgen vor, die zwar ein privates Unternehmen schließt, die aber immense Auswirkungen auf die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Lage und überhaupt auf die Lebensbedingungen in Österreich haben?“, so die ehemalige OGH-Präsidentin.

„Dazu ist das Privatrecht nicht da“
Im Fall des Gasliefervertrages würden „wesentliche energiepolitische bis hin zu außenpolitischen Aspekten“ vom Privatrecht geregelt, sagte Kletečka. „Dazu ist das Privatrecht nicht da. Man muss eine Struktur finden, wie man das in Zukunft anders gestalten kann.“

Illustre Expertenkommission
Die Kommission werde Interviews führen und die Informationen, die zur Vertragsverlängerung 2018 vorliegen, analysieren. Weitere Mitglieder der Kommission sind der ehemalige Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde, Walter Barfuß, der ehemalige E-Control-Vorstand Walter Boltz, Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, der ehemalige AGGM-Vorstand Thomas Starlinger und Velina Tchakarova, ehemalige Direktorin des Österreichischen Instituts für Europa- und Sicherheitspolitik.

Strenge Sicherheitsmaßnahmen für Vertragseinsicht
Einsicht in die Verträge bekommt die Kommission freilich auch jetzt nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben der „Gas-SOS-Verordnung“ der EU. Die Kommission werde dabei die Geschäftsgeheimnisse der OMV wahren und sei „nicht dafür zuständig, die unternehmerischen Entscheidungen zu untersuchen“, betonte Gewessler.

ÖVP: „In bester vorausschauender Absicht geschlossene Verträge“
Wenig Verständnis hat man beim Koalitionspartner ÖVP: Energiesprecherin Tanja Graf sieht in der Kommission eine „Wahlkampfaktion der grünen Ministerin in eigener Sache“. Gewessler instrumentalisiere die damals „in bester vorausschauender Absicht geschlossenen Verträge“ für „politsche Effekthascherei“. Ähnlich die NEOS: Die Einsetzung der Kommission sei eine „späte Einsicht von Gewessler, die wohl dem Wahlkampf geschuldet ist“.

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