Müssen für eine Strom-Freileitung im Mühlviertel 44 Hektar Wald gerodet werden, oder gibt es auch die Möglichkeit einer Erdkabel-Verlegung? Um diese Frage hat sich zuletzt eine landespolitische Debatte entzündet. Von den Neos beauftragte Experten legen nun dar, dass ein „zweites Ohlsdorf“ durchaus zu verhindern wäre.
Angelehnt an die Rodung von rund 19 Hektar Wald für ein Betriebsbaugebiet in Ohlsdorf warnte Neos-Nationalratsabgeordnete Karin Doppelbauer kürzlich in der „Krone“ vor einem „zweiten Ohlsdorf“ im Mühlviertel. Dort soll – wenn es nach der schwarz-blauen Koalition geht – ein Strom-Freileitungsprojekt realisiert werden, das laut Neos 44 Hektar Wald bedroht. Die Oppositionspartei fordert seit längerem die Verlegung einer 110-kv-Erdkabelleitung parallel zur im Bau befindlichen WAG-Loop-Gasleitung von Rohrbach-Rainbach bis Bad Leonfelden.
Expertenmeinung 1: Bündelung „nicht zu empfehlen“
Das lehnt jedoch Energielandesrat Markus Achleitner (ÖVP) ab. Er verweist auf eine Prüfung des Projekts durch das in der Abteilung Umweltschutz der Landesregierung angesiedelten energiewirtschaftlichen Planungsorgans. Diese legt – basierend auf Stellungnahmen der Netzbetreiber – nahe, dass eine Infrastrukturbündelung aus technischer und wirtschaftlicher Sicht „nicht zu empfehlen“ sei.
Expertenmeinung 2: Bündelung bringt Vorteile
Weil ÖVP und FPÖ im zuständigen Ausschuss keine anderen Experten zu Wort kommen ließen, haben das nun die Neos am Mittwoch in einem Pressegespräch getan. Und siehe da: Die Studien von Hochschulprofessor Heinrich Brakelmann und dem deutschen Energieexperten Markus Pöller kommen zu einem ganz anderen Ergebnis. Demnach entspreche eine 110-kv-Leitung „grundsätzlich dem Stand der Technik“. Zudem wäre ein Erdkabelprojekt mit zwei Trennungstransformatoren nicht teurer als die Freileitung und würde „eine höhere Versorgungssicherheit als die Freileitung bei verringerten Netzverlusten“ bieten.
In zwei Studien wurde von uns dargelegt, dass eine Realisierung der Strecke Rohrbach-Rainbach mit 110-kV-Erdkabeln grundsätzlich dem Stand der Technik entspricht und eine besonders günstige Realisierung mit nur einem Kabel und zwei Trenntransformatoren ermöglicht.
Stellungnahme der Experten Heinrich Brakelmann und Markus Pöller
Eine parallele Verlegung des Stromkabels zur Gasleitung brächte aus Sicht der Experten sogar zusätzliche Vorteile: „eine Zug-um-Zug-Bauweise am selben Servitutsstreifen, nur sehr geringe Streckenführung im Wald und daher kaum zusätzliche Rodungsflächen sowie ein wesentlich geringerer Bodenverbrauch“.
Für die Neos steht damit fest, dass LH Thomas Stelzer und „Mister Ohlsdorf zwei“ (© Karin Doppelbauer) Markus Achleitner schlicht ihren „politischen Willen“ durchsetzen wollen. „Sie befürchten, dass die Infrastrukturbündelung ein Präzedenzfall wäre und dann alle ein Erdkabel wollen“, mutmaßt Doppelbauer.
Achleitner lässt die Vorwürfe so nicht stehen. Zum einen verweist er gegenüber der „Krone“ einmal mehr auf die oben erwähnte Prüfung der Abteilung Umweltschutz. Zum anderen verwehrt er sich gegen die Neos-Diktion eines „zweiten Ohlsdorf“: Die Waldrodung mache nicht 44, sondern nur 1,45 Hektar aus. Die Fläche zwischen den Strommasten sei „Fällungsfläche“. Das heißt, „dass der Bewuchs während dem Betrieb der Leitung nicht in die Leitung selbst aufwachsen darf. Entsprechend ist diese Fläche niederwüchsig zu halten. Es kommt hier zur Entnahme von Baumbestand, der aber durch natürliche Vegetation mit standortgerechten Baumarten wieder auszugleichen ist“, heißt es aus Achleitners Büro. Zudem müsse im Zuge des Projekts eine Fläche von mehr als 70 Hektar wiederaufgeforstet werden.
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