Verbote gefordert

Ewigkeitschemikalie verseucht unser Trinkwasser

Österreich
10.07.2024 14:09

Im österreichischen Trinkwasser ist durchgehend die bedenkliche Chemikalie Trifluoracetat (TFA) nachweisbar, berichtete der Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Diese werden zu den Ewigkeitschemikalien gerechnet, da sie enorm lange brauchen, bis sie sich abbauen.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 fordert in einer Petition an die Landeshauptleute und Bundesregierung ein „sofortiges Verbot“ der Haupteintragsquellen von TFA: Gewisse landwirtschaftliche Pflanzenschutzmittel (PFAS-Pestizide) und Kühlstoffe (F-Gase).

Umweltschützer von Global 2000 und dem europäischen Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN Europe) entnahmen im Frühjahr 2024 in elf EU Ländern wie Österreich, Deutschland und Ungarn Leitungs- und Mineralwasserproben. Anschließend ließen sie eine Analyse durchführen, ob darin TFA enthalten ist. Dieser Stoff gehört zu den per- und polyfluorierten Alkylverbindungen, kurz PFAS, die wegen vieler gesundheitsschädlicher Wirkungen zunehmend in der Europäischen Union verboten werden. Es ist das „terminale Abbauprodukt“ von rund 2000 PFAS und gilt wegen seiner großen Beständigkeit als „Ewigkeitschemikalie“, so Burtscher-Schaden (Global 2000).

Auch viele Mineralwasserflaschen verseucht
In 32 Proben aus öffentlichen Trinkwassernetzen und zwei Proben aus privaten österreichischen Hausbrunnen konnten die Umweltschützer TFA nachweisen. Lediglich zwei Wasserproben aus Deutschland enthielten keine nachweisbaren Mengen an TFA, berichten sie. Auch in Flaschen verkauftes Mineral- und Quellwasser enthielt in fast zwei Dritteln der Fälle TFA. „Die durchschnittliche Verunreinigungs-Menge war in Mineral- und Quellwasser jedoch deutlich niedriger als bei Leitungswasser“, so der Umweltchemiker.

Die meisten Proben innerhalb von Grenzwert
In Mineral- und Quellwasserflaschen waren im Mittel 278 Milliardstel Gramm (Nanogramm) TFA pro Liter und der Maximalwert betrug dort 3200 Nanogramm pro Liter. Bei Leitungswasser waren es durchschnittlich 740 Nanogramm pro Liter bei einem Maximalwert von 4100 Nanogramm pro Liter in einer oberösterreichischen Leitungswasserprobe. Laut einer Risikoanalyse einer europäischen Gesundheitsbehörde (dem niederländischen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt – RIVM) anhand des aktuellen Wissensstandes wären 2200 Nanogramm pro Liter ein geeigneter Richtwert für Trinkwasser. „Dieser Grenzwert wurde immerhin von 94 Prozent der untersuchten Proben eingehalten“, heißt es im Bericht von Global 2000.

„Im Jahr 2026 soll jedoch in der EU ein Standardgrenzwert für ,PFAS insgesamt‘ von 500 Nanogramm pro Liter in Trinkwasser in Kraft treten“, steht dort weiters. Diesen Grenzwert würde ungefähr die Hälfte der untersuchten Leitungswasserproben aufgrund ihrer TFA-Verunreinigungen überschreiten. Wenn der Eintrag von TFA in das Trinkwasser nicht gestoppt wird, müsste man es mit kostspieligen technischen Reinigungsverfahren künstlich aufbereiten, meinen die Umweltschützer.

Viel Landwirtschaft, viel Ewigkeitschemikalien
Als Hauptursache für die Trinkwasserverschmutzung mit TFA vermutet man den landwirtschaftlichen Einsatz von Pestiziden, in denen PFAS enthalten sind (etwa als Antischaummittel, Anm.). In Gebieten mit viel landwirtschaftlich genutzter Fläche wie Ober- und Niederösterreich, der Steiermark und dem Burgenland wären die TFA-Werte deutlich höher als in Salzburg, Kärnten, Vorarlberg, Wien und Tirol. Global 2000 fordert in einer Petition an die Landeshauptleute und die Bundesregierung in Österreich deshalb ein sofortiges Verbot von PFAS-Pestiziden. Außerdem sollte man die Landwirte unterstützen, damit sie alternative Pflanzenschutzmethoden anwenden können. Zusätzlich komme TFA wahrscheinlich oft aus „fluorierten Gasen (F-Gasen)“, die als Kühlmittel eingesetzt werden, ins Trinkwasser. Auch diese sollten sofort verboten werden, hieß es.

Im Mai hatten die Umweltschützer von PAN und Global 2000 bereits TFA in 23 Flüssen und sechs Brunnen in Österreich und anderen EU-Staaten nachgewiesen.

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