Autonomes Fahren live

„Krone“ durfte testen: Ohne Fahrer durch die Stadt

Kärnten
12.07.2024 11:00

Es schaut spooky aus, klingt spooky und fühlt sich spooky an: Doch dann kommt der Aha-Effekt! Die „Kärntner Krone“ durfte als allererstes Medium das neue, völlig autonom fahrende Bussystem in Klagenfurt testen; dabei Fußgängern, Radfahrern, Autos und Dieselbussen begegnen. Und einem Kreisverkehr...

Stell Dir vor: Du stehst an einer Haltestelle. Und dann kommt der Bus; ein kleiner Bus, der hinten und vorne gleich aussieht und brav wie ein Muster-Fahrschüler langsam, aber gleichmäßig daher gleitet. Hinter der Windschutzscheibe: nichts und niemand; kein Fahrer, kein Lenkrad.

Und dann bleibt der Bus stehen; Du drückst den grünen Knopf, die Türen gehen  auf, du kannst einsteigen, Dich setzen. Und los geht´s. Die Bremsen lösen sich, der autonom fahrende Bus zieht ab; zielsicher, sauber im Abstand zum Fahrbahnrand, geleitet von GPS-Systemen und einer Armee von Kameraaugen und Sensoren. Nichts soll dem Ding entgehen.

In der Testregion im Westen von Klagenfurt sind die Busse unterwegs. (Bild: Evelyn Hronek)
In der Testregion im Westen von Klagenfurt sind die Busse unterwegs.

Da kommt auch schon ein Bus entgegen; ein normales, mit Fahrer besetztes, riesiges Ungetüm. Und es fährt ein bisschen weit in der Fahrbahnmitte. Was macht unser automatischer Bus? Er warnt den anderen mit einem Bildschirm, läutet dezent, wird sicherheitshalber langsamer und legt erst nach der Begegnung wieder los. Um gleich darauf – ganz so wie wir alle es in der Fahrschule gelernt haben – vorsichtig abzubiegen.

Selbstfahrender Bus vs. Kreisverkehr
Wenig später die erste Challenge: ein Auto am Straßenrand parkt nicht sauber: Unser Bus bremst, „schaut“, läutet und schleicht vorbei. Dann geht‘s in den fließenden Verkehr; vorsichtig, langsam, gefühlt sicher. Und die nächste Prüfung: ein Kreisverkehr, jener vor der Klagenfurter Universität, also kein wirklich baulich ausgeführter „Roundabout“, sondern nur auf die Fahrbahn gemalt. Der Bus macht alles richtig, lenkt sauber ein, blinkt, lenkt sauber aus – alle Achtung. Jetzt wird auch „Krone“-Ferialpraktikantin Verena ruhiger und entspannt sich. Das vollautomatische Ding kann wirklich fahren.

Doch es naht die nächste Prüfung: ein Bier-Lastwagen steht im Weg. Bier liefern ist zwar wichtig, aber halt nicht so wirklich programmierbar. Unser Bus könnte auch das lösen, darf es aber von Gesetzes wegen (noch) nicht tun, weil autonom fahrende Fahrzeuge nicht auf die Gegenspur ausweichen dürfen. Das ist also einer jener Fälle, wo noch der in der Testphase anwesende „Begleitfahrer“ eingreifen muss.

Wolfgang steuert den Bus per Joystick um den Bierwagen herum – und weiter geht‘s; bis zum nächsten Zebrastreifen, den eine Frau gerade queren will; und erschreckt stehen bleibt, weil in dem Bus, der da daherkommt, kein Fahrer sitzt. Der Bus hat sie aber schon längst gesehen, bremst ab, bleibt stehen. Eben so, wie in der Fahrschule gelernt...

Mit Joystick kann der Bus gesteuert werden. (Bild: Evelyn Hronek)
Mit Joystick kann der Bus gesteuert werden.
Spannende Einblicke in den selbstfahrenden Bus (Bild: Evelyn Hronek)
Spannende Einblicke in den selbstfahrenden Bus
„Krone“-Ferialpraktikantin Verena (li.) durfte den Bus testen. (Bild: Evelyn Hronek)
„Krone“-Ferialpraktikantin Verena (li.) durfte den Bus testen.
(Bild: Evelyn Hronek)
(Bild: Evelyn Hronek)
(Bild: Evelyn Hronek)

Apropos Fahrschule: so wie dort, kennt das automatische System auch alle anderen Vorrangregeln; lässt etwa Radwege grundsätzlich frei, passt auf, wenn ein Auto nach dem Überholen zu eng einschert, „denkt“ mit, ob die Geschwindigkeit der anderen Verkehrsteilnehmer und deren Fahrtrichtung ein gefahrloses Miteinander ermöglichen und bleibt natürlich brav und treu auf seiner vorgegeben Route.

Diese führt jetzt in der Versuchsphase vom Technologie-Paradies Lakeside-Park über die Uni bis zum Bahnhof Klagenfurt-West und wieder retour. „Das Projekt ist großartig, wir sind schon sehr weit, lernen ständig dazu“, ist Walter Prutej von der Firma SURAAA (Smart Urban Region Austria Alps Adriatic) begeistert und aufgeregt. Schließlich finden derlei Versuchsfahrten nicht überall auf der Welt statt; in Kalifornien, in China, aber in Europa eben im Prinzip nur hier.

Mit dem Computer in die Arbeit
Ab Montag, 15. Juli, kann jeder/jede, der/die an Technik interessiert ist, die Mobilität der Zukunft ausprobieren. Zur ganz großen Sicherheit sind in dieser ersten Phase immer noch  „Sicherheitsfahrer“ an Bord, um eingreifen zu können, falls irgendwelche Unregelmäßigkeiten auftreten sollten. Ab 2026/2027, rechnet Walter Prutej damit, dass solche Busse sukzessive im öffentlichen Verkehr eingesetzt werden könnten; ab etwa 2030 dann noch verstärkt.

Bis hin zu futuristischen Rufsystemen, wo man sein autonom fahrendes Taxi dann einfach nach Hause bestellt und sich vom Computer zur Arbeit und zum Einkauf kutschieren lässt. 300 Autos pro 1000 Einwohner könnten wir uns – so haben Studien ergeben – allein in Kärnten sparen. Heute kommen wir auf 700 pro 1000 Einwohner! Denn die meisten Fahrten sind nur kurze Erledigungen; also genau das, was der kleine, selbstständig fahrende Bus so großartig bewältigen kann.

Apropos selbstständig: ein weiteres Plus ist, dass man eben keinen Fahrer als Person braucht (im Endausbau wird dann nur ein Operator in einem Kontrollzentrum etwa 20 Busse über Monitore überwachen). Denn schon heute fehlen Busfahrer in ganz Europa. Und weil das Durchschnittsalter bei 55 liegt, wird dieser Mangel in Zukunft noch eklatanter werden.

Also: wer Zukunft erleben will; samt ein bisschen  Abenteuer und einem kleinen Hauch von spooky – ab 15. 7. nichts wie hin zum Lakeside-Park!

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