Privatleben und Arbeit waren früher strikt getrennt. Laut Umfrage lassen mittlerweile aber schon zwei Drittel ihr Handy oder den Laptop auch am Strand, Pool und im Hotel aufgedreht.
Sommer, Sonne und Meer – der eine liegt am Strand, der andere macht aktiv Urlaub. Plötzlich läutet das Smartphone oder eine WhatsApp-Nachricht macht sich bemerkbar. Es ist der Chef oder die Chefin. Die Frage: Soll ich darauf reagieren?
Einfach mal läuten lassen
Die Gesetzeslage ist eindeutig: „Ich muss nicht abheben, wenn der Chef in der Freizeit anruft. Ich kann das Handy abschalten, das Festnetztelefon abstecken, mich völlig aus jeder Erreichbarkeit entfernen“, erklärt Martin Müller, Arbeitsrechtsexperte des ÖGB. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand Voll- oder Teilzeit beschäftigt ist oder einen All-in-Vertrag hat. Anders sieht die Situation aus, wenn ausdrücklich Rufbereitschaft vereinbart wurde.
Unterbrechungen an der Tagesordnung
Dass sich Vorgesetzte bei ihren Mitarbeitern außerhalb der Dienstzeit melden, ist im Internet-Zeitalter kein Ausreißer. So haben bei einer Umfrage in der ÖGB-Community 93 Prozent auf die Frage, ob sie in ihrer Freizeit schon mal kontaktiert wurden, mit Ja geantwortet. Vielen ist nicht einmal bewusst, dass es sich um eine Unterbrechung der Ruhezeit handelt. Fakt ist nämlich – jede in der Freizeit geleistete Arbeitsstunde muss abgegolten werden.
Am häufigsten werden übrigens Finnen und Schweden in ihrer Erholung gestört, während Mitarbeiter in Litauen, Spanien und auf Zypern ihre Ruhe haben.
Junge mehr für Abgrenzung
Eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergab jüngst, dass zwei Drittel der Berufstätigen, die heuer einen Sommerurlaub geplant haben, währenddessen dienstlich erreichbar sind. Erstaunlich dabei: Jener Generation, die bereits mit digitalen Medien aufgewachsen ist, gelingt die Abgrenzung besser. Demnach gibt bei den Berufstätigen im Alter von 16 bis 29 Jahren „nur“ die Hälfte an, diesen Sommer abzuheben oder zurückzuschreiben, während es bei den 50- bis 64-Jährigen 73 Prozent sind.
Zu den Gründen zählen, dass Vorgesetzte sowie Kollegen die Erreichbarkeit außer Dienst voraussetzen. Für andere spielt die Erwartungshaltung der Kunden eine entscheidende Rolle.
Nur 15 Prozent wollen im Urlaub erreichbar sein
Aber: Lediglich 15 Prozent geben an, dass sie in der Auszeit von sich aus erreichbar sein möchten. „Der Urlaub sollte nur in dringenden Notfällen gestört werden. Arbeitgeber sind in der Verantwortung, Vertretungslösungen rechtzeitig zu organisieren sowie klare unternehmensinterne Regelungen für die Erreichbarkeit während Abwesenheiten abzustimmen“, hält Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder fest.
Die Trennung zwischen Job und Auszeit ist in der Praxis von Therapeut Martin Tomek ein recht häufiges Gesprächsthema.
„Krone“: Herr Tomek, wie soll man im Urlaub abschalten?
Martin Tomek: In den Urlaubsmodus schalten und entspannen ist wichtig. Schalten Sie alle Arbeitsgeräte aus, tun Sie Dinge, die Ihnen Freude bereiten. Achtsamkeits- oder Meditationsübungen helfen, den Kopf freizubekommen. Konzentrieren Sie sich auf bewusstes Genießen und schöne Urlaubsmomente.
Welche psychischen Folgen haben Diensthandy und Co.?
In meiner Praxis sehe ich oft, dass die ständige Erreichbarkeit zu erhöhter Anspannung führt. Das kann für Unternehmen zu mehr Krankenständen oder gar Kündigungen führen. Chronischer Stress, Schlafstörungen, Burnout, Angstzustände sind die Folgen. Es ist wichtig, Strategien zu entwickeln, um Grenzen zu setzen. Feste Arbeitszeiten, bewusste Pausen und ein achtsamer Umgang mit digitalen Medien können psychische Belastungen reduzieren.
Urlaubsanrufe – was machen sie mit der Psyche?
Das kann belasten und erinnert daran, dass man nie freihat. Dies führt zu Stress, Angst und Schuldgefühl. Auswirkungen hängen stark von der Beziehung zum Chef und der Kommunikationsweise ab. Wenn Erreichbarkeit wichtig ist, hilft es, Zeiten und Kommunikationswege im Voraus zu vereinbaren. Entspannungsphasen sind für die Gesundheit unerlässlich.
Wie schädlich ist die gefühlte Dauererreichbarkeit?
Chronischer Stress, Burnout, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und hoher Blutdruck drohen. Um das zu vermeiden, sollten Grenzen gesetzt werden. Feste Arbeitszeiten, digitale Pausen und offene Kommunikation über die Notwendigkeit von Erholungszeiten sind wichtig. Gesunde Mitarbeiter sind produktiver und tragen mehr zum Unternehmenserfolg bei.
Wie dem Chef klarmachen, dass es zu viel ist?
Bereiten Sie sich gut vor, indem sie konkrete Beispiele und Lösungsvorschläge sammeln. Wählen Sie einen ruhigen Zeitpunkt und kommunizieren Sie offen und wertschätzend, indem Sie Ich-Botschaften verwenden und die langfristigen Vorteile für das Unternehmen betonen. Bieten Sie klare Vorschläge, und fördern Sie den Dialog durch offene Fragen.
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