Leo Morgalla

„Plötzlich ändert sich dein Leben in der Sekunde“

Salzburg
12.07.2024 10:00

Red Bull Salzburgs Verteidiger Leandro „Leo“ Morgalla greift nach überstandener Herzmuskelentzündung wieder an. Im Interview mit der „Krone“ spricht der 19-jährige Deutsche über den Tag, als er die Diagnose bekam, seine Ausbildung und seine Ziele für die neue Saison.

„Krone“: Trainer Pep Lijnders hat bei deiner Rückkehr ins Training ein paar Worte an dich gerichtet und sich gefreut, dass du zurück bist im Teamtraining. Wie gut tut das der Seele?
Leo Morgalla: Es war eine lange Zeit, in der ich nicht dabei war. Dann kam ein neuer Trainer und ich war in den ersten zwei Wochen nicht ins Mannschaftstraining integriert. Daher tut es schon gut, wenn du so nette Worte hörst. Das macht dann auch was mit meiner Motivation.

Wie groß ist diese nach deiner langen Wartezeit?
Sehr groß! Es waren fünfeinhalb Monate, das war eine ziemliche Leidenszeit für mich. Ich bin noch nie so lange ausgefallen. Zudem war es keine Verletzung, sondern eine Krankheit, daher bin ich jetzt umso motivierter und gehe voll auf Angriff.

Inwieweit weißt du das Leben als Profi jetzt noch mehr zu schätzen?
Das ist brutal! Es ging ja von einem Tag auf den anderen. Ich wollte mit zu einem Spiel, habe aber gemerkt, dass ich mich nicht so gut fühle. Und plötzlich ändert sich dein Leben in der Sekunde, weil der Fußball ja mein Leben ist. Eine Woche später kriegst du diese Diagnose, bei der du weißt, dass es noch ganz anders hätte ausgehen können. Da lernst du die einfachen Dinge noch mehr zu schätzen. Man lamentiert ja oft wegen Kleinigkeiten, aber in so einer Phase schätzt man viele Sachen anders ein und ist froh, wieder gesund zu sein.

Was ging dir bei der Diagnose durch den Kopf?
Das war absolut ein Schock! Ich hatte nur gespürt, dass ich krank werde, sonst habe ich nichts Spezielles gemerkt. Es war so wie gefühlt hundert Mal davor. Ich war nach fünf, sechs Tagen auch wieder fit. Zum Glück haben wir hier aber tolles ärztliches Personal, von dem ich noch einmal durchgecheckt wurde. So hat man das früh rausgefunden.

Hattest du die Befürchtung, deine Karriere beenden zu müssen?
Ich muss sagen, beim Anruf des Arztes hatte ich nicht mit so einer Diagnose gerechnet. Man hat javieles über die Jahre bei anderen Spielern mitbekommen und so eine Herzmuskelentzündung ist echt nicht ohne. Daher musste ich das erst einmal sacken lassen. Mir war klar, dass ich lange raus sein würde, aber ich hatte nicht ein einziges Mal den Gedanken, dass das vielleicht mein Karriereende sein könnte. Für mich hat sich nur die Frage gestellt: Wann kann ich wieder komplett gesund zurückkommen?

Aufgeben kommt für dich nicht in Frage?
Für mich war Aufgeben nie eine Option, keine Sekunde! Ich habe das Ganze auch nach zehn Minuten akzeptiert. Was bringt es mir, wenn ich da diskutiere oder damit hadere, dass es mich trifft? Es ändert die Situation nicht, daher nehme ich sie an und mache das Beste daraus. Jetzt waren es zwar fünfeinhalb Monate, bis ich wieder richtig fit war, für diese Diagnose war das aber schnell und vor allem nachhaltig. Ich habe haufenweise Tests gemacht und bin wieder komplett gesund.

Du greifst unter einem neuen Trainer und vielen neuen Betreuern wieder an. Wie sehr verspürst du einen frischen Wind im Team?
Den spürt man seit dem ersten Tag. Ich habe die Ansprachen mitbekommen, auch die Stimmung im Team. Und seit etlichen Tragen trainiere ich wieder voll mit. Da ist ein total positiver Vibe in der Mannschaft, der uns brutal helfen wird.

Worin liegen die Unterschiede zu Peps Vorgängern?
Man spürt seine Erfahrung, er war ja viele Jahre bei Liverpool. Da merkt man, dass er eine ganz andere Herangehensweise hat. Das soll aber nicht heißen, dass es besser oder schlechter ist, sein Ansatz unterscheidet sich aber total.

Du bist vor einem Jahr als Rechtsverteidiger für Liefering geholt wurden, wurdest dann hochgezogen. Weißt du bereits, wie Pep Lijnders mit dir plant?
Ich spiele da, wo er mich aufstellt (lacht). Da ich aber hier und auch schon das halbe Jahr vor meinem Wechsel nach Salzburg immer Rechtsverteidiger gespielt habe, ist das schon die Position, die mir jetzt lieber ist. Ich trainiere sie ja jeden Tag.

Gab es schon Gespräche mit dem Trainer?
Nicht direkt, aber man sieht im Training, dass ich als Rechtsverteidiger aufgestellt werde.

Du bist im Sommer 2023 vom TSV 1860 aus München gekommen. Was hat dich überzeugt, um Ja zu Salzburg zu sagen?
Das ganze Paket! Sportlich wie auch menschlich hat es super gepasst, daher wollte ich den Schritt machen. Auch wenn die letzte Saison viele Ups und Downs hatte, bin ich immer noch überzeugt davon. Ich fühle mich hier total wohl und habe enorme Entwicklungsmöglichkeiten.

Der Kulturunterschied zwischen München und Salzburg hält sich auch in Grenzen.
(lacht) Ich wollte gerade sagen, so weit ist es ja auch nicht nach Hause. Die Sprache und der Akzent liegen mir.

Du sprichst aber kein „Boarisch“.
Ich bin ja ursprünglich aus der Nähe von Frankfurt. Die ersten vier Jahre habe ich dort gewohnt, dann sind wir nach München gezogen. Daher spreche ich ohne Akzent. Wenn ich wollte, könnte ich aber (lacht).

Du hast einen sehr speziellen Werdegang, da du während der Zeit bei 1860 zusätzlich eine Ausbildung zum Bürokaufmann abgeschlossen hast. Warum war dir das wichtig?
Für mich war das immer klar. Bis zur U17 hätte ich ja nie gedacht, dass alles so schnell gehen würde. Dadurch war für mich auch klar, dass ich nicht alles auf die Karte Profifußball setzen möchte. Meine Eltern waren auch sehr dahinter, dass ich noch was anderes mache. Man sieht ja oft genug, wie schnell es vorbei sein kann. Vor meiner Zeit bei den Profis habe ich in München die Ausbildung zum Automobilkaufmann begonnen, dann hat mir 1860 ermöglicht, neben dem Training auch eine Ausbildung bei ihnen zu machen.

Die Doppelbelastung war sicher nicht immer einfach?
Ich habe, als ich noch in der Jugend war, von 8 bis 16.30 Uhr gearbeitet und bin dann um 18 Uhr ins Training gegangen. Das hat mir zur Entwicklung meiner Persönlichkeit aber viele Vorteile gebracht. Als Profi, auch jetzt hier, kennst du diese Doppelbelastung nicht. Ich glaube schon, dass es dir viel bringt, wenn du arbeiten gehen und dann auch noch Leistung auf dem Platz bringen musst. Deshalb wollte ich das durchziehen. Die Ausbildung bei den 60ern war dann perfekt, so konnte ich in der Früh trainieren und nachmittags arbeiten.

Ohne euch Profis nahe treten zu wollen, aber ihr lebt in einer Blase, in der sehr viel für euch erledigt wird. Inwieweit trägt deine Ausbildung auch dazu bei, um zu schätzen, dass die Arbeit der vielen Helfer im Hintergrund keine Selbstverständlichkeit ist?
Ich kann nicht ganz abstreiten, dass das Fußballgeschäft so ist. Ich schätze hier im Klub jeden – egal, wer es ist und was er tut. Was die Mitarbeiter für uns machen, ist für mich nicht selbstverständlich. Uns wird die Wäsche gemacht, wir werden bekocht und vieles mehr. Wir haben gefühlt alles, was wir brauchen. Das ist nicht selbstverständlich. Daher schätze ich sehr, was für uns geleistet wird, und habe auch den nötigen Respekt vor der Arbeit aller Mitarbeiter hier.

Mit deinem Transfer nach Salzburg hast du erstmals dein Zuhause verlassen und warst auf dich allein gestellt. Wie schwer fiel dir das?
Ich bin ein Typ, der null Probleme damit hat. Für Mama und Papa war es schwieriger als für mich. Außerdem wurde ich hier so toll empfangen, dass ich kein Heimweh hatte. Es sind aber auch nur eineinhalb Stunden Fahrzeit bis nach München. Meine Eltern kommen zu jedem Spiel, bei dem ich dabei bin, extra nach Salzburg. Und an freien Tagen fahre ich zu ihnen, daher ist die Nähe immer noch gegeben.

Beim letzten Trainingslager war Jonas Krumrey dein Zimmerpartner. Wer ist es diesmal?
Lukas Wallner. Mit Johnny hatte ich leichte Schlafprobleme (lacht). Da ich da etwas empfindlich bin, haben wir getauscht.

Dieser Ring zeichnet Daten auf und liefert Leo Morgalla ein tägliches EKG. (Bild: Christoph Nister)
Dieser Ring zeichnet Daten auf und liefert Leo Morgalla ein tägliches EKG.

Wie verbringst du deine Freizeit im Trainingslager?
Wenn wir zweimal Training haben, schlafe ich dazwischen, um mich zu erholen. Ansonsten spiele ich gerne Tennis, hier haben wir ja auch eine Halle, oder Golf. Auch für Volleyball oder Padel Tennis bin ich offen. Ich bin einfach generell sportbegeistert und schaue auch gerne Wimbledon oder die Tour de France.

Du trägst einen speziellen Ring. Was hat es damit auf sich?
Der zeichnet meine Daten auf. Da habe ich ein tägliches EKG, sehe meine Herzfrequenz und meine Aktivitäten und weiß genau, wie gut und erholsam mein Schlaf war. Es ist auch faszinierend, dass der Ring erkennt, dass ich Volleyball oder Fußball gespielt habe. Ich habe ihn seit März und merke schon gar nicht mehr, dass ich ihn am Finger trage.

Hörst du jetzt noch mehr in deinen Körper rein als früher?
Du überdenkst sicher, wenn du Schnupfen hast, ob du dich durchchecken lässt oder nicht. Ich achte sehr auf meinen Körper, ob das Ernährung, Schlaf oder Regeneration betrifft. Es ist halt bei einer Herzmuskelentzündung anders als bei einem Bänderriss.

Mit welchen Zielen startest du in die neue Saison?
Ich muss sagen, dass ich mich noch nicht mit konkreten Zielen befasst habe. Priorität hatte, dass ich wieder gesund und fit werde. Zum Glück darf ich wieder alles machen, daher möchte ich jetzt einfach wieder richtig ins Team reinkommen. Es wird noch dauern, bis ich Spiele über 90 Minuten machen kann. Reha ist doch nicht mit Spielpraxis vergleichbar. Ich will aber natürlich so viel spielen, wie es geht.

Wäre es eine Option, Spielpraxis bei Liefering zu sammeln?
Das muss man sich dann anschauen, bisher habe ich diesbezüglich noch keine Gespräche geführt.

Abschließend eine private Frage. Man hört, du bist überzeugter Single. Warum?
(lacht) Ja, absolut! Ich bin liebend gern und glücklich Single. Für alles andere habe ich grad keinen Kopf. Mein voller Fokus liegt jetzt auf Fußball, da bleibt keine Zeit für anderes.

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