„Touristen entmutigen“

Venedig verdoppelt Tagesgebühr ab nächstem Jahr

Ausland
12.07.2024 08:03

Nach einer Testphase für eine Gebühr für Tagesbesucher wird es ab nächstem Jahr noch teurer, die Lagunenstadt zu besuchen: Statt bisher fünf Euro, die an beliebten Tagen eingehoben wird, wird der Eintritt auf bis zu zehn Euro verdoppelt. Mit dieser Maßnahme sollen Urlauber abgeschreckt werden.

An 29 Tagen wurde heuer Eintritt in Venedig verlangt – der weltweit erste Tests mit einer Gebühr für Tagesbesucher geht an diesem Wochenende nach zu Ende. Im nächsten Jahr werden die Tarife angepasst. Es werde ein „Grundtarif“ gelten, erklärte der für die Finanzen zuständige Stadtrat Michele Zuin in der Lokalzeitung „Il Gazzettino“.

Stadtrat will Touristen „entmutigen“
Zur genauen Höhe äußerte er sich noch nicht. An „kritischen Tagen“ soll jedoch sogar ein Höchsttarif von zehn Euro bezahlt werden müssen. „Auf diese Weise hoffen wir, die Anreisenden zu entmutigen“, sagte der Kommunalpolitiker.

Mit einer offiziellen Bilanz nach den letzten beiden Test-Tagen am Samstag und Sonntag will sich die Stadt noch Zeit lassen. Dazu sollen zunächst die gesammelten Daten ausgewertet werden. Im Grundsatz steht das Vorgehen trotz Kritik auch aus der Bevölkerung aber schon fest: Aus dem Test soll eine Regelung von Bestand werden – nicht an allen Tagen des Jahres, aber in Zeiten großen Betriebs.

(Bild: AP)
(Bild: AP)

Mehr als zwei Millionen Euro lukriert
Alles in allem nahm Venedig mit der neuen Gebühr mehr als zwei Millionen Euro ein. An manchen Tagen wurden mehr als 25.000 zahlende Gäste registriert. Zuverlässige Schätzungen, wie vielen Touristen es gelang, sich vor den fünf Euro zu drücken, gibt es nicht. Fest steht aber: Das eigentliche Ziel – den Massentourismus zu begrenzen, unter dem Venedig leidet wie kaum eine andere Stadt – wurde nicht erreicht.

„Abschreckungseffekt“ soll erhöht werden
Stadtkämmerer Zuin gab zu, dass es „keine großen Abschreckungseffekte“ gegeben habe. Das habe aber auch niemand erwartet. „Anders wird es sein, wenn die Zehn-Euro-Höchstgrenze gilt, an Tagen, an denen eine für die Stadt kritische Anwesenheitsschwelle erreicht wird.“ Tourismus-Stadtrat Simone Venutini meinte: „Venedig ist immer noch zu billig. Es ist keine Tragödie, wenn die Touristen mehr bezahlen.“

Die Sprecherin der Bürgerinitiative Assemblea per la casa Venezia (Versammlung des Hauses Venedig), Federica Toninello, hingegen sagte dem Fernsehsender Rai zu den bisherigen Erfahrungen: „Das hat der Kommune Geld in die Kasse gebracht, aber es hat nicht funktioniert.“

Donna Leon: „Wollen nur Geld machen“
Die US-Schriftstellerin Donna Leon, deren Venedig-Krimis zu Welterfolgen wurden, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Behörden wollen doch auch gar nicht, dass es funktioniert: Sie wollen den Tourismus nicht stoppen. Sie wollen mit den Besuchern Geld machen.“ Leon hat ihr Domizil in Venedig längst aufgegeben.

Donna Leon lebte mehr als 30 Jahre in Venedig. (Bild: AFP)
Donna Leon lebte mehr als 30 Jahre in Venedig.

Die Regelung galt an insgesamt 29 Tagen. Grundsätzlich wurden in der Zeit zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr fünf Euro Eintritt fällig. Dazu konnte man sich übers Internet einen QR-Code besorgen und aufs Handy laden. Andernfalls drohten bis zu 300 Euro Strafe – tatsächlich bezahlen musste aber niemand so viel.

Venedigs Bevölkerung schrumpft zusehends
Mit geschätzt etwa 15 Millionen Gästen pro Jahr gehört Venedig zu den meistbesuchten Städten der Welt. Der Massentourismus bringt viel Geld in die Kassen, richtet aber auch erhebliche Schäden an. Heute leben im Zentrum mit seinen Hunderten Kanälen keine 50.000 festen Einwohner mehr. Dafür gibt es mehr als 50.000 Gästebetten. An vielen Tagen ist in den engen Gassen rund um Markusplatz und Rialtobrücke kaum noch ein Durchkommen.

Vergangenes Jahr war die Stadt kurz davor, von den Vereinten Nationen auf eine Rote Liste des gefährdeten Weltkulturerbes gesetzt zu werden. Auch mithilfe der Gebühr konnte dies verhindert werden. Dabei gab es eine ganze Reihe von Ausnahmen: Einheimische, Hotelgäste und Kinder unter 14 Jahren beispielsweise müssen bisher nichts bezahlen. Dabei soll es auch bleiben.

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