Wichtige Wegbereiterin
Sexualtherapeutin „Dr. Ruth“ Westheimer gestorben
Die Sexualtherapeutin Ruth Westheimer ist tot. Die als „Dr. Ruth“ bekannte Psychologin starb am Freitagabend (Ortszeit) im Alter von 96 Jahren und in Anwesenheit ihrer Kinder Miriam und Joel, wie Sprecher Pierre Lehu der Deutschen Presse-Agentur dpa bestätigte.
Westheimer gilt besonders in den USA als wichtige Wegbereiterin für einen offenen Umgang mit Sex- und Partnerschaftsfragen. Sie wurde 1928 als Karola Ruth Siegel in Wiesenfeld in der Nähe von Frankfurt in eine jüdische Familie geboren und als Zehnjährige, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, mit einem Kindertransport in die Schweiz gebracht. So entkommt sie dem Holocaust, ihre Eltern und die geliebte Großmutter aber sieht sie nie wieder. Ihre Eltern werden von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.
Kämpfte im Untergrund für freies Israel
Nach dem Krieg, noch als Teenager, zieht Ruth nach Palästina, wird zur Scharfschützin ausgebildet und kämpft im Untergrund für ein freies Israel. Dabei wird sie von einer Granate schwer verletzt. Danach beginnt sie ein Studium an der Sorbonne in Paris. Ein Scheck der deutschen Regierung über 5.000 Mark (2.556,46 Euro) zur Entschädigung für erlittenes Leid ermöglicht es ihr 1956, in die USA umzusiedeln. Dort setzt sie das Studium fort, heiratet Manfred Westheimer und bekommt zwei Kinder. 1965 nimmt sie die US-Staatsbürgerschaft an.
Hat zahlreiche Bücher verfasst
Auftakt von Westheimers Karriere war die Radiosendung „Sexually Speaking“ (zu Deutsch etwa „In sexueller Hinsicht“) Anfang der 1980er-Jahre, in der sie Fragen von Hörern beantwortete. Schnell war der Erfolg so groß, dass weitere Sendungen in Radio und Fernsehen folgten. Mit Sprecher Pierre Lehu zusammen veröffentlichte Westheimer auch mehrere Bücher, darunter „Sex für Dummies“ und „Silver Sex – Wie sie ihre Liebe lustvoll genießen“.
Ihr charakteristisches Kichern und ein offener Umgang mit Sex-Tipps verschafften ihr viele Fans. Ohne Hemmungen sprach sie über Themen wie Ejakulation und Masturbation, sodass Hunderttausende anonym den Rat der mütterlichen Expertin suchten. „Ihr Name und der ausgeprägte Klang ihrer Stimme sind untrennbar mit dem Thema Sex verbunden“, schrieb die „New York Times“ einmal.
Viele internationale Anhänger
Die Deutsch-Amerikanerin hatte viele internationale Anhänger und bekam 2019 auch das deutsche Bundesverdienstkreuz. „Die Fragen sind überall die gleichen“, sagte sie einmal der Deutschen Presse-Agentur. Zwar brüste sich jedes Land, die besseren Liebhaber zu haben. Sie aber könne beileibe keinen Weltbesten erkennen.
Purer „Quatsch“ sei auch das Bild vom angeblich so puritanischen Amerika im Vergleich zu einem sexuell sehr viel freieren Europa, so Westheimer, die insgesamt mehr als 30 Sex-Ratgeber verfasst hat.
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