„War der erste Schuss“
Attentat auf Trump lässt Emotionen hochkochen
„Wir stehen vor einem Bürgerkrieg und das war der erste Schuss!“ Nach dem Attentat auf Donald Trump geht in Amerika die Angst um, dass die Schüsse von Pennsylvania die Lunte zum Pulverfass entzündet haben. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war die Nation nicht mehr so tief gespalten – und das „B-Wort“ wird nicht mehr länger nur noch geflüstert.
Rund um die Uhr wird die Nation von den diversen Nachrichtensendern wie Fox News, CNN und MSNBC mit den neusten Fakten zum Attentat versorgt. Von Ex-Präsident Barack Obama über den aktuellen Präsidenten Joe Biden bis zum demokratischen Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, alle wichtigen politischen Gegner des Ex-Präsidenten verurteilten den Gewaltakt scharf. Doch die meisten Bürger kriegen ihre News aus dem Internet – den sozialen Medien. Und dort wird von allen Seiten mit Verschwörungstheorien die Stimmung hochgepeitscht.
Viele rechts und links glauben nicht an echtes Attentat
Von Links ist zu hören, dass das ganze Attentat nur inszeniert war – durch einen republikanischen Schützen –, damit Trump als Held Schlagzeilen machen kann. Von Rechts ist man überzeugt, dass das Biden-Lager hinter dem Anschlag steckt – da der Secret Service den Schützen auf dem Dach minutenlang ignoriert habe. Das Wort, das in den Red States auf X trendet: „Inside Job“.
Auf Instagram, X und Facebook ist der Krieg der Benutzer schon offen ausgebrochen. Mit provozierenden Memes rund um das Attentat versuchen beide Seiten, Stimmung gegeneinander zu machen und die Emotionen weiter hochzujagen.
„Mich haben spontan gut 1000 Leute entfreundet“
Influencerin Lara Ruiz aus Los Angeles ist geschockt über die Aggressivität, die sie abbekommt: „Ich habe nur gepostet, dass ich politische Gewalt verabscheue und dass ich nicht mit Menschen befreundet sein will, die einem anderen Menschen den Tod wünschen.“ Sie bekam einen Shitstorm, wie sie ihn noch nie erlebt hat. „Spontan haben mich erst einmal gut 1000 Leute entfreundet und mich als naiv beschimpft, weil alles ja nur inszeniert sei.“
„Diese Rhetorik hat direkt zum Attentat geführt!“
Einige republikanische Kongressmitglieder gießen genüsslich weiter Öl ins Feuer. Senator J.D. Vance, der als Favorit für den Posten von Trumps Vizepräsidenten zählt, macht auf X die Demokraten für das Attentat verantwortlich: „Die Biden-Kampagne sagt, dass Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der mit allen Mitteln gestoppt werden muss – diese Rhetorik hat direkt zum Attentat geführt!“
Die Wut der Kommentatoren – entweder gegen den „faschistischen Bombenwerfer“ Vance oder gegen das „Biden-Regime“ – springt einem fast aus dem Display ins Gesicht.
Kateryna Korenvska hat die Samstagnacht in einem Hollywood Club als DJ gearbeitet. Selbst im kalifornischen Nachtleben hat die 28-Jährige die Spannungen gespürt, hat sogar gesehen, wie sich Gäste angebrüllt haben: „Für mich ist das so schrecklich, weil ich ursprünglich aus der Ukraine stamme. Ich habe echt Angst um Amerika, dass es hier bald knallt!“
Blumen für Trump mit Wasserstrahl entfernt
Dabei ist es in Los Angeles grundsätzlich ruhig – wohl, weil die Anzahl der Trump-Fans hier sehr gering ist. Am frühen Sonntagmorgen ist der Stern von Trump auf dem Hollywood Walk of Fame verwaist. Fans des Ex-Präsidenten hatten ein paar Blumen niedergelegt – doch diese wurden von der Stadtreinigung mit Hochdruckstrahl morgens um 4 Uhr vom Pflaster entfernt.
„Die einzige Frage ist jetzt nur noch: Wie tief fallen wir?“
In anderen Gegenden der USA, in denen Republikaner und Demokraten gleichmäßig vertreten sind, wird es mehr als nur ein Wasserstrahl brauchen, um die Wogen zu glätten. Die Worte des politischen Kommentators Zack Beauchamp bei Vox am Morgen nach dem Trump-Attentat klingen fast schon resigniert: „Die Kugel eines Schützen hat unser Land in Richtung Abgrund stürzen lassen. Die einzige Frage ist jetzt nur noch: Wie tief fallen wir?“
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