Im Moment des Schusses

Trump rettete sich selbst – ohne es zu wissen

Ausland
15.07.2024 11:16

Das Attentat auf Donald Trump hat eklatante Sicherheitslücken offenbart. Drei Faktoren springen dabei besonders ins Auge. Neue Blickwinkel des Vorfalls zeigen zudem, wie viel Glück der Republikaner hatte – und wie ihm eine Kopfbewegung vermutlich das Leben rettete.

„Was da eigentlich passiert ist, begreife ich erst jetzt“, erklärte Trump in einem ersten Zeitungsinterview mit dem „Washington Examiner“. Neben dem Republikaner klart auch das Bild des Attentats auf. Es wird immer deutlicher, wie viel Glück der 78-Jährige in der Kleinstadt Butler in Pennsylvania hatte. Millimeter und Millisekunden lagen zwischen einem blutigen Ohr und dem quasi sicheren Tod.

Die „Krone“ konnte mittlerweile die exakte Position des Schützen anhand von öffentlich zugänglichem Bildmaterial lokalisieren, der von einem Dach aus auf Trump geschossen hatte. Der 20-jährige Thomas Matthew Crooks hatte eine klare Sicht auf den Ex-US-Präsidenten.

Die Schüsse kamen etwa aus einem 90-Grad-Winkel zu Trumps Position auf der Bühne. Einer sogenannten „3-Uhr-Position“:

Mindestens ein Scharfschützenteam hatte eine blockierte Sicht. (Bild: Krone KREATIV/Google Maps)
Mindestens ein Scharfschützenteam hatte eine blockierte Sicht.

Trump überlebte eigenen Angaben zufolge den Angriff, weil er sich im entscheidenden Moment von der Menge wegdrehte, um eine Statistik abzulesen. „Ich wende mich selten von der Menge ab. Wenn ich das in diesem Moment nicht getan hätte, dann würden wir heute nicht reden, oder?“

Kopfdrehung im letzten Moment
Stark verlangsamte Bilder zeigen seine Kopfbewegung zur Seite. Es scheint, als hätte Trump damit die Trefferfläche im letzten Augenblick entscheidend verkleinert. Die Kugel hätte ihn vermutlich sonst im hinteren Kopfbereich getroffen – und nicht am oberen rechten Ohr.

Der Moment des ersten Schusses in Zeitlupe:

Klar wird aber auch, dass das gesamte Sicherheitsteam vor Ort versagt hat. Drei Faktoren stechen dabei heraus:

Faktor 1

Die Größe der Sicherheitszone

Der Secret Service verfolgt bei seinen Schutzmissionen einen mehrstufigen Verteidigungsansatz. Die sogenannte Sicherheitszone wird dabei in mehrere Ebenen eingeteilt, erklärte der Sicherheitsexperte Tim McMillan auf X.

Im inneren Bereich wird nach Gefahren aus unmittelbarer Nähe Ausschau gehalten. Das sind jene Agenten, die sich kurz nach den Schüssen auf Trump stürzten, um einen menschlichen Schutzschild zu bilden.

Donald Trump wurde von Agenten begraben. (Bild: Getty Images/Anna Moneymaker)
Donald Trump wurde von Agenten begraben.

Eine zweite mittlere Ebene ist mit der Abwehr von Bedrohungen mittlerer Reichweite beschäftigt. Diese Einheit besteht laut McMillan größtenteils aus lokalen und staatlichen Strafverfolgungsbehörden, die vorübergehend dem Sicherheitsdienst zugeteilt sind. 

Schließlich gibt es noch eine erweiterte Ebene, die Bedrohungen aus der Ferne abdeckt. Bei der Wahlkampfveranstaltung in der Kleinstadt Butler waren auf den Dächern hinter Trump hierfür Scharfschützen positioniert.

Zone war viel zu klein
Experten kritisieren, dass dieser Sicherheitsbereich bei der Rede des Republikaners viel zu klein gewesen sei. Die Position des Schützen lag außerhalb Sicherheitszone, obwohl er seinen Lauf lediglich aus137 Meter Entfernung auf Trump richtete. 

Aufgrund der Nähe des 20-Jährigen liegt die Annahme nahe, dass die Scharfschützen-Teams eine Fläche abdeckten, die jenseits seiner Position lag. Videos eines Veranstaltungsteilnehmers zeigen deutlich, wie sie ihre Waffen nach unten justieren, als Crooks die ersten Schüsse abgibt (siehe Tweet oben). 

Denn was für die Teams der Sicherheitszone ein grauer Fleck war, hätte die örtliche Polizei kontrollieren sollen.

Faktor 2

Das langsame Eingreifen der örtlichen Polizei

Wie kann es passieren, dass bei einem hochgesicherten Event ein 20-Jähriger sich das Sturmgewehr seines Vaters schnappt und seelenruhig auf ein Dach klettert, um einen der meist geschützten Männer der Welt zu erschießen? Die Antwort: gar nicht!

Crooks wurde bereits etliche Minuten vor dem Schuss von Teilnehmern des Events entdeckt. Trump-Fans filmten den Attentäter, wie er auf das Gebäude kletterte, um sich in Position zu bringen. Mehrere Augenzeugen berichten davon, die örtliche Polizei auf „auffällige Aktivitäten“ hingewiesen zu haben. 

Trump-Fan filmt den Attentäter kurz vor der dem Anschlag: 

Lokale Polizisten gingen den Hinweisen nach und konnten Crooks nach einer kurzen Suche lokalisieren, sagte Butler County Sheriff Michael T. Slupe am Sonntag gegenüber CNN.

Während der Fahndung nach dem 20-jährigen Crooks entdeckten Beamte der Kleinstadt-Polizei, dass sich der Schütze auf dem Dach befand. Zwei Polizisten bildeten eine Räuberleiter, um auf einen Vorsprung zu gelangen. Der Schütze drehte sich um, sah den Beamten und richtete seine Waffe auf ihn.

Der Beamte ließ den Sims los, um „in Deckung zu gehen“ und sein eigenes Leben zu retten. Daraufhin begann der Schütze vom Dach aus zu feuern. Wenige Momente später spritze Trumps Blut von seinem Ohr über seine Wange. Ein Feuerwehrmann verlor sein Leben, weitere Teilnehmer wurden schwer verletzt.

Der Sheriff selbst spricht von einem „offensichtlichen“ Versagen. Ob und wann eine Kommunikation zwischen der harten Sicherheitszone und der örtlichen Polizei außerhalb des Kerngebiets stattfand, ist noch nicht überliefert.

Faktor 3

Eine womöglich verstellte Sicht

Durch die Lokalisierung der exakten Position des Schützen, wird klar, dass die Sicht von mindestens einem Scharfschützenteam durch einen Baum behindert war. Doch selbst hier dürfte Trump noch Glück gehabt haben.

„Angesichts der Position der beiden Scharfschützenteams und des Schützen scheint es, dass nur das südliche Team nicht vollständig durch einen Baum verdeckt war. Wäre der Schütze einen Meter weiter östlich gewesen, wäre auch ihnen die Sicht verdeckt gewesen“, erklärte OSINT-Experte Oliver Alexander in einem Beitrag auf X.

„Ich sollte eigentlich nicht hier sein, ich sollte tot sein“, sagte Trump in einem am Montag veröffentlichten Interview des Boulevardblatts „New York Post“. Vermutlich hat er recht.

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