Paukenschlag in der Causa rund um den verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek! Denn eine vom Justizministerium eingerichtete Untersuchungskommission hat politische Interventionen in der Amtszeit Pilnaceks bestätigt und damit die Vorwürfe des Top-Beamten untermauert. Der Bericht geht aber auch mit Pilnacek hart ins Gericht.
Stein des Anstoßes für die Errichtung der Untersuchungskommission waren Tonbandaufnahmen gewesen, auf denen Pilnacek bei einer Runde mit Bekannten im Wirtshaus über Versuche der ÖVP berichtet, Ermittlungen zu beeinflussen. Die „Krone“ hat die Tonbandaufnahmen zugespielt bekommen und hat sie gemeinsam mit dem ORF veröffentlicht.
In Österreich gibt es eine „Zwei-Klassen-Justiz“
Die Kommission spricht von „Zwei-Klassen-Justiz“ und stellt aber nicht nur der Politik ein schlechtes Urteil aus, sondern kritisiert auch die mangelnde Distanz zwischen Justizbeamten zu Politik und Medien. Pilnacek werfen sie mehrmalige Grenzüberschreibungen vor. Die Kommission ortete zudem einen „Verantwortungsnebel“ im Umfeld staatsanwaltschaftlicher Verfahren.
Als konkrete Beispiel für Grenzüberschreitungen nannte der ehemalige Präsident des bayrischen Verfassungsgerichtshofs, Peter Küspert, etwa ein Treffen Pilnaceks mit dem Justizsprecher einer Partei, gegen deren „hochrangige Regierungsmitglieder“ in einer Inseraten-Causa ermittelt worden war. Gespräche Pilnacek habe es auch mit Beschuldigten in der CASAG-Affäre gegeben. Es habe zudem „unbegründete Einstellungen“ gegeben, so Küspert. Aber auch Justizbedienstete seien in Verfahren gegen sie selbst laufend informiert worden.
„Mitglieder der eigenen Gruppe begünstigen“
Ein „weiteres Phänomen“ sei die „Neigung, in geschlossenen Organisationen, Mitglieder der eigenen Gruppe zu begünstigen“, so Küspert. Das betreffe etwa Amtsgeheimnisse, den Datenschutz und Befangenheitsregelungen. Weiters ortet der Bericht „Nahebeziehungen“, „Seilschaften“ sowie „politische Anbiederung“ sowie eine „pseudoamikale Struktur“. Vertrauliche Information – etwa zu Hausdurchsuchungen – werde an politische Repräsentanten etwa über Messenger-Dienste weitergegeben.
WKStA sollte zerschlagen oder geschwächt werden
Schließlich wurde auch offen Kritik daran geübt, dass es „parteipolitische Bestrebungen“ zur Schwächung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegeben habe. Eine Gruppe von hochrangigen Justizbeamten hätten versucht, die WKStA zu zerschlagen. Neben der Einrichtung einer Generalstaatsanwaltschaft und der „Abschaffung der Zwei-Klassen-Justiz“ empfiehlt die Kommission unter anderem die „Außerstreitstellung sowie Stärkung der WKStA bei gleichzeitiger Herauslösung des ‘Bundes-Nadelöhrs‘ Oberstaatsanwaltschaft Wien als Instanz“ (diese ist derzeit Oberbehörde der WKStA, Anm.). Alle Staatsanwälte sollen zudem eingeladen werden, eine öffentliche Erklärung betreffend „(nötiger) Distanz zu Politik und Äquidistanz zu einzelnen politischen Parteien“ sowie den Medien abzugeben.
Es herrscht das „30-Augen-Prinzip“
Eine weitere Forderung ist die Beschränkung des staatsanwaltlichen Instanzenzuges auf zwei Instanzen bei gleichzeitiger Stärkung der gerichtlichen Kontrolle und Reduktion des Berichtswesens. Dies spielt vor allem eine Rolle bei sogenannten „clamorosen Fällen“, die derzeit von zahlreichen Personen in Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium begutachtet werden müssten. So hatte die Präsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Angelika Prechtl-Marte, von wohl absichtlich hinausgezögerten Verfahren berichtet. Im Zusammenhang mit einer politisch prominenten Causa seien Schlagwörter wie „eine Ehrenrunde drehen“ oder „Spiel auf Zeit“ aufgetaucht, aus Furcht um die Koalitionsräson. Die Kommission spricht von einem 30-Augen-Prinzip.
Der Originalbericht umfasst 230 Seiten, Untersuchungszeitraum war von 1. Jänner 2010 bis 14. Dezember 2023. Sechs Monate lang hatte die Kommission, die im Dezember des vergangenen Jahres eingesetzt worden war, ermittelt. Am Sonntag wurde der Bericht an das Justizministerium übermittelt. Dieser wird aber nicht sofort, sondern „zeitnah“ komplett veröffentlicht. Das Ministerium habe als Medieneigentümer noch um ein paar Tage Zeit ersucht, um die Veröffentlichung medienrechtlich abzuklären, so Kreutner.
Eine Justizreform wird die nächste Regierung beschäftigen
Im Ministerium versucht man es angesichts der Ergebnisse mit etwas Diplomatie. „Die Kreutner-Kommission bestätigt, dass es Einflussnahmen auf juristische Prozesse gab“, reagierte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in einer Stellungnahme. „Zwar hat sich nach Ansicht der Kommission in meiner Amtszeit bereits viel verbessert, dennoch muss einiges getan werden, um die Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit der Justiz zu stärken“, lautete ihr eigenes Resümee. Die ÖVP wertet die Ergebnisse der Kommission dagegen als Beweis dafür, dass die internen Abläufe in der Justiz und dem Justizministerium nicht funktionieren.
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