Antikorruptionsexperte Martin Kreutner steht in der Kritik, weil er im ZIB-2-Interview behauptete, dass Österreich wegen Mängel in der Justiz derzeit nicht beitrittsfähig für die EU wäre. Er fordert einen Bundesstaatsanwalt als Feuermauer. EU-Rechtsexperte Walter Obwexer widerspricht Kreutner vehement.
Es war ein Statement, das sogar ORF-Anchorman Armin Wolf im ZiB-2-Studio etwas sprachlos machte. Anti-Korruptionsexperte Martin Kreutner, der in den vergangenen sechs Monaten die Pilnacek-Kommission leitete, stellte eine gewagte Behauptung auf: Österreich wäre nicht beitrittsfähig für die EU. Der Grund: Die Baustellen in der Justiz. Vor allem, weil es in Österreich noch immer keinen Generalstaatsanwalt gebe und am Ende der Weisungskette der Staatsanwaltschaften nach wie vor die Justizministerin stehe, hätte Österreich keine Chance auf eine Mitgliedschaft. Diese Beurteilung ist bemerkenswert, liegt Österreich am dritten Platz im EU-Justizbarometer, das auf einer Umfrage beruht.
Aber auch Juristen können der Meinung von Kreutner nicht viel abgewinnen. Allen voran der EU-Rechtsexperte Walter Obwexer. Er ist überzeugt, dass Österreich nach wie vor fit für die EU sei. „Das Justizsystem erfüllt die Werte der Union. Mängel in Einzelfällen reichen nicht aus, um das Justizsystem als Ganzes infrage zu stellen“, so Obwexer gegenüber der „Krone“. Um die kritisierte Nähe zwischen Politik und Justiz zu minimieren, soll eine Generalstaatsanwaltschaft künftig die Feuermauer gegen Interventionen bilden.
Zadic und Edtstadler streiten über Generalstaatsanwalt
In diesem Punkt gibt es prinzipiell eine Übersteinstimmung zwischen ÖVP und Grüne. Nur an der Ausführung hapert es. ÖVP will einen Bundesstaatsanwalt, der vom Parlament kontrolliert wird. Dieses Modell lehnt die grüne Justizministerin Alma Zadic ab. Sie präferiert einen dreiköpfigen Senat, der sich gegenseitig kontrollieren. Einen Qualitätscheck durch das Parlament hält Zadic nicht für notwendig. Obwexer sieht das Zadic-Modell kritisch. „Bei Richtern gibt es keine Kontrolle des Staates und das ist gut und richtig so. Der Staatsanwalt agiert als Ankläger für den Staat – deswegen auch die Bezeichnung Staatsanwalt. Hier sollte der Souverän eine Mitsprache bekommen.“
Ein weiteres Gegenargument, ohne Kontrolle, bekommen drei Personen sehr viel Macht, und Macht korrumpiert sehr oft. Eines ist jetzt schon sicher: In dieser Legislaturperiode wird die Generalstaatsanwaltschaft nicht mehr installiert.
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